Alben des Jahres 2023

DIE Alben DES MONATS (02/24)

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Wir spielen keinen heißen Scheiß, sondern Thrash Metal


Es ist immer wieder ein inneres Blumenpflücken zu sehen, wie lebendig die teutonische Thrash Szene bis zum heutigen Tage ist. Gab es mal eine kleine Durststrecke, so kann man heutzutage landauf, landab Bands entdecken, die den Sound der Achtziger in die Moderne transportieren, ohne die Wurzeln dieser von mir so heißgeliebten Musikrichtung. Eine davon sind die Kölner von Pripjat, die mit einem neuen Plattendeal ausgestattet Luft holen, um die Welt mit ihren messerscharfen Riffsalven zu infiltrieren. Ihr brandneues Album "Chain reaction" jedenfalls bietet genügend Stoff, um mit Eugen und Kirill mal ein paar Worte zu wechseln…

Es hat sich ja einiges getan im Hause Pripjat. Erst einmal der neue Deal mit NoiseArt Records. Wie kam der denn zustande? Sowas fällt einem ja auch nicht über Nacht in den Schoß…

Kirill: Naja, wir haben uns halt den Arsch aufgerissen, haben viel Live gespielt und uns einen Namen erspielt. Und den Leuten schien die Sons of Tschernobyl gefallen zu haben. Das ist dem Label wohl nicht ganz entgangen (lacht)

Dann das neue, granatenstarke Album „Chain reaction“, welches sich vor euphorischen Reaktionen ja kaum mehr retten kann. Ist das die Quintessenz Pripjats oder geht da noch mehr?

Eugen: Danke man. Wir sind mehr als glücklich über das Feedback. Immerhin spielen wir keinen „heißen Scheiß“, sondern Thrash Metal. (lacht) Da ist es schon geil, dass so viele Menschen überall auf der Welt uns überhaupt auf dem Schirm haben. Zu deiner Frage, die sich ja quasi auf das dritte Album, welches noch nicht existiert, bezieht – mal schauen (lacht) Wir spielen aggressiven, direkten Thrash, das bleibt auch so. Jedoch haben wir auch einen Anspruch an uns selbst als Musiker und kreative Individuen. Es kann also durchaus sein - und ich gehe fast davon aus - dass wir in Zukunft neue Dinge ausprobieren werden. Es darf sich halt nicht als Fremdkörper anfühlen, sondern muss in den Pripjat-Sound einfließen.

Kirill: Ich denke es geht immer besser. Zumindest sollte man es versuchen.

Im Vorfeld gab es viele Stimmen anderer Bands wie beispielsweise Legion of the damned, Heathen oder Death Angel. Ich frage mal lieber nicht, welch mafiose Strukturen da im Spiel waren, doch welches Statement hat Euch am meisten beeindruckt und gebauchpinselt?

Eugen: So zwielichtig war das gar nicht. Diese Menschen haben einfach unser Album vorab zu hören bekommen und wenn sie es mochten, haben sie eine Zeile dazu geschrieben, die wir dann verwenden durften. Für mich waren sie alle irre. Allein durch die Tatsache, dass all diese Musiker unser Album überhaupt gehört haben!

Kirill: Eben! Alleine die Tatsache, dass sie es gehört haben, ist schon Belohnung genug.

Ihr habt ja nach der Veröffentlichung von „Sons of Tschernobyl“ mehr als vier Jahre gebraucht, bis der nun vorliegende Longplayer in die Spur gebracht wurde. Woran lag diese für viele Newcomer Bands tödliche Zeitspanne? Wie habt Ihr überlebt?

Kirill: Die Produktion wäre sicherlich schneller gehen können, aber auf der einen Seite haben wir uns Zeit genommen, dass alles so wird, wie wir uns das vorstellen und ich habe zu der Zeit die dumme Entscheidung getroffen, das Album meiner zweiten Band AYAHUASCA gleichzeitig mit der CR zu produzieren. Nebenher muss man noch arbeiten, proben, live auftreten und noch versuchen ein Privatleben zu führen.

Eugen: Ich finde 3-4 Jahre heutzutage absolut ausreichend als Output von Bands. Mal ehrlich – wer kann all diese Musik WIRKLICH hören? Sich für die Alben Zeit nehmen, darüber reden, sich vielleicht mal mit der Band dahinter beschäftigen? Alleine die „Großen“ hauen so viel Material raus (zum Teil auch noch so gutes wie die letzte Priest) – wie ist es dann erst mit kleinen Kapellen wie uns? Daher kommt für uns nichts anderes infrage, als Alben herauszubringen, die unseren eigenen Ansprüchen voll und ganz genügen. Das Label macht uns keinen Druck, davon leben können wir nicht und durch unser ständiges Spielen vergisst man uns schon nicht – also kein Stress, hahaha.

Erzählt unseren Lesern doch mal ein klein wenig über die Entstehungsgeschichte von „Chain reaction“? Das Album klingt jedenfalls so, als hättet Ihr da eine Menge Arbeit rein investiert…

Kirill: Naja, es ging eigentlich direkt los nachdem wir die „Sons“ veröffentlicht hatten. Erstes Material war schon fertig, als die „Sons“ noch nicht mal veröffentlicht war. Das Songwriting geriet aber dann ins Stocken wegen Arbeit, anderen Projekten und vor allem wegen dem Live - spielen. Wir haben also ständig für Gigs proben müssen, anstatt die Proben für das Songwriting zu nutzen. Wenn wir dann etwas Luft hatten, haben wir dann Ideen verarbeitet, die sich über die Zeit angesammelt haben. Doch dann nach ca. einem Jahr musste das Album fertig geschrieben werden, denn wir hatten uns eine Deadline gesetzt, wann wir aufnehmen wollen. Also hab ich mich zuhause hingesetzt und die letzten 3 oder 4 Songs für das Album geschrieben. Die Songs wurden dann, ohne dass wir sie zusammengespielt haben, aufgenommen, weil die Jungs die Songs so gut fanden, wie sie waren. Ich hatte in der Zeit viel über Tontechnik gelernt und war bereit es auch umzusetzen. Nachdem wir mit den Aufnahmen fertig waren, habe ich das Ding gemischt und gemastert. Das Album war drittes Quartal 2017 also schon fertig. Mit einem Komplettpaket sind wir dann bei Labels hausieren gegangen und man siehe, Noiseart fand die Platte super wie sie war und hat sie genauso übernommen.

Einzig die Produktion hätte in meinen Augen ein klein wenig mehr Druck vertragen können. Ich mag ihn schon, da er perfekt zu Eurem Sound passt, doch an manchen Stellen hätte er ruhig etwas basslastiger sein können, oder?

Kirill: Ich bin wirklich stolz auf diese Produktion. Sie ist für mich der Beweis, dass nicht alles High End und von einem großen, namenhaften Produzenten gemacht werden muss, um cool zu sein. Mir ist klar, dass sie nicht klingt wie eine Platte, die in einem High End Studio produziert wurde. Aber das muss sie auch nicht. Sie hat Charakter, was noch viel wichtiger ist. Sie klingt halt nach Pripjat.

Ich musste anfangs etwas schmunzeln, denn nicht nur der Bandname setzt sich ja mit dem schwersten nuklearen Unfall aller Zeiten auseinander, sondern auch der Erstling hatte einen klaren Titel, genauso wie „Chain reaction“, die Kettenreaktion, wobei ich mir aber bei Euren außermusikalischen Engagement durchaus vorstellen kann, dass dies auch als Metapher zu verstehen sein könnte…oder?

Eugen: Wir spielen mit vielen Motiven. „Chain Reaction“ kommt im Text vom Song „Liquidators“ vor, der wiederum der erste Song war, den wir je geschrieben haben und das Ganze quasi ausgelöst und angestoßen hat. Wir fangen auch, bis auf wenige Ausnahmen, seit Jahren jedes Konzert mit „Nuclear Chainsaw“ an. Es gibt noch mehr solcher Sachen. Am Ende ist es aber auch einfach ein toller Titel, der voll zur Musik passt, wie ich finde.

Ich war überrascht, dass neben der zu erwartenden wüsten Thrash Attacken auch Midtempo Brecher wie „Bowed, yet unbroken“ den Weg auf das Album gefunden haben. Da drängt sich wirklich der Vergleich zu früheren Kreator auf, oder?

Krill: Ich kann den Vergleich nachvollziehen und das ehrt uns natürlich mit der größten deutschen Thrash-Band verglichen zu werden.

Eugen: Wenn man Thrash Metal spielt, latscht man automatisch mal mehr mal weniger in irgendjemandes Fußstapfen. Auf „Sons Of Tschernobyl“ waren die Einflüsse weiter verstreut. „Chain Reaction“ ist fokussierter und damit automatisch einer anderen Band näher. Ich verstehe die Kreator-Vergleiche absolut. Jedoch schreiben wir nicht mit Kreator im Hinterkopf, auch wenn wir diese Band alle lieben. Wir ticken wohl einfach ähnlich.

Aufgrund der teilweise in der Band vorhandenen ukrainischen Wurzeln fällt es doch mich Sicherheit nicht leicht zu sehen, dass die Augen der Welt nicht mehr auf den noch immer schwelenden Konflikt mit Russland gerichtet sind. Ich könnte mir denken, dass da ein Song wie „Kiev burns“ dieser Thematik Aktualität verleihen könnte…

Eugen: Ja, so ist es. Es ist der direkteste Text des Albums, denn er benennt einen konkreten und aktuellen Konflikt und teilt so ziemlich an alle Beteiligten aus. Es war auch klar, dass man damit aneckt und das passiert bereits. Manchmal stehen uns Menschen aus dem Osten mit einer gewissen Verachtung gegenüber, nach dem Motto „Irgendwelche Kids, die sich in den Westen verpisst haben, erklären jetzt wie unsere Welt funktioniert.“ Das tun wir nicht. Der Song bleibt möglichst objektiv und da ich regelmäßig in Kiev bin (tatsächlich bin ich erst vor einigen Stunden von dort zurückgekommen) und mich viel mit Politik beschäftige, weiß ich, wie sehr sich die Lage für den Großteil des Landes seit dem Maidan verschlechtert hat. Wir nennen halt das Kind beim Namen. Meistens kommt der Song auch super an.

Habt Ihr einen Hass auf Russland? Ich zumindest hätte den als Ukrainer…

Eugen: Auf gar keinem Fall! Ich kann Politiker und ihre Taten hassen, niemals ein ganzes Volk. Meine ehemalige Verlobte ist Moskauerin. Ich selbst wurde wegen Tschernobyl in St. Petersburg und nicht in Kiev geboren. Für mich gibt es zwischen Russen und Ukrainern keinen größeren Unterschied als zwischen Berlin und Bayern inklusive unterschiedlicher Sprachen (lacht). Diese Abgrenzung ist künstlich und politisch und das macht sehr traurig. Plötzlich sucht man auf beiden Seiten krampfhaft nach Unterschieden, anstatt sich auf die offensichtlichen Gemeinsamkeiten zu konzentrieren. Genau um diese Wand aus Vorurteilen und mentaler Abgrenzung geht es in „Brick by Brick“.

Welches sind Eure Lieblingssongs auf dem Album?

Kirill: Ich liebe sie alle. Dennoch hat für mich Bowed und Chain Reaction das gewisse etwas. Ich mag einfach lange, aussagekräftige Songs.

Eugen: Ich mag sie wirklich alle. Favoriten wechseln immer wieder mal. Auf der Bühne aber definitiv der Titelsong. Das macht so viel Spaß!

Trotz Euer sehr nach Spaß aussehenden Auftritte waren Pripjat nie eine reine Fun-Thrash Bands wie einiger Eurer Kollegen, sondern vielmehr politisch engagiert und ganz im Geiste von Bands wie D.R.I. oder den späteren Kreator unterwegs. Wenn Ihr einen Blick auf die heutige Welt werft: Was beunruhigt Euch am meisten?

Kirill: Mich beunruhigen leider sehr viele Sachen. Ich bin eigentlich sehr optimistisch aber momentan bin ich emotional nicht in der Lage, Nachrichten zu gucken oder ähnliches. Mir ging es eine Zeit lang sehr schlecht wegen dem Weltschmerz, den ich verspürt habe. Klingt bescheuert, ist aber so.

Eugen: Bis auf offensichtlich negative Symptome wie steigende Fremdenfeindlichkeit, Terrorismus, Fundamentalismus und all die anderen schönen -Ismen, ist es die repetitive Natur der Geschichte. Die Muster wiederholen sich immer wieder, wobei die Menschen auch Fortschritte machen und ich im Grunde eine sehr optimistische Person bin.

Wo kann man Euch dieses Jahr live erleben? Mal von den anstehenden Record Release Shows abgesehen…

Eugen: Wir hoffen im Herbst eine Tour auf die Beine stellen zu können. Aktuell verschlingt das Release so viel Zeit, dass wir nicht dazu kommen. Aber das ist definitiv der nächste Punkt auf der Agenda. Diverse Shows wie das Underground Remains und Mise Open Air stehen ja auch. Einfach die Homepage oder Facebook im Auge behalten, dort erfährt man alles. Und wenn ihr uns buchen wollt – haut rein. Wir spielen so viel wir können!

Wenn Ihr Euch eine eigene Tour zusammenstellen könntet mit Pripjat als Headliner: Wer würde mit in den komfortablen Nightliner eingeladen werden?

Kirill: Ahahahaha mega! Also auf jeden fall die Dustries, Chasers, Fabulous Desaster, Peewees, Sweeping Death, unsere Ayahuasca Crew und den Kevin Olasz (Ex - Jack Slater, Deadborn, Aardvarks) damit er uns allen Unterricht gibt und uns Witze erzähl.

Eugen: Geile Frage. Oh man, das wird eng da drin. Bis auf diverse unserer Freunde - Randy von Lamb of God, Ninja und Yolanda von Die Antwoord, die Dudes von Dust Bolt und Space Chaser…jetzt sind immer noch fast nur haarige Metaller dabei, was? Okay – vielleicht den Seehofer und Gauland, damit die mal klarkommen. Verstehen würden die sich bestimmt.

Ich weiß, dass zumindest Eugen nicht unbedingt der große Fussball-Fan ist, doch mich würde schon interessieren, wie man als in Köln Beheimateter der WM entkommen will, die ausgerechnet auch noch in Russland stattfindet?

Kirill: Tja, ich mache das selbe, was ich immer mache, wenn was mit Fußball ansteht: Ich gehe in den Proberaum…

Eugen: Ach das geht ganz gut. Es gibt ja Proberäume, in die man sich verziehen kann. Und in meiner Lieblingsbar, dem „Redrum“, läuft kein Fußball. Da läuft Mätl!

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