PANZERBALLETT | COUNTER-WORLD EXPERIENCE

04.12.2015 - Berlin @ K17

Wenn sich das Jahr dem Ende neigt, dann kann man in Berlin seit 2012 mit einem Besuch von Panzerballett rechnen, fast immer mit Vorband im Gepäck, die den Herren im Freakfaktor um kaum etwas nachsteht. Dieses Jahr mal wieder mit von der Partie ist der Dreier Counter-World Experience, deren Mastermind Benjamin Schwenen, wie ich im Interview erfahren habe, den 2012er Gig damals erst möglich gemacht, und den Kontakt hergestellt hat.

Vor dem Einlass, der sich etwas verzögert, ist gewohnt buntes Treiben ohne riesig lange Schlangen, aber Panzerballett haben sich mit der Zeit schon einen Namen gemacht, und das Publikum ist der Musik entsprechend sehr gemischt. Da ist der Standardmetaler, der sich mal „was richtig Krasses“ geben will und zum Staunen hier ist, der Nerd der sich während des Abends kaum bewegt und in seinem Kopf all das analysiert, was ihm an Input geboten wird, der in die Jahre gekommene Jazzliebhaber, der den Anschluss nicht verlieren möchte, die Ska-Punk-Lady, die Blechbläser geil findet und dazu locker tanzen kann und natürlich der Musikstudent, der mal schauen möchte was die Konkurrenz macht. Und vor diesem bunten Haufen eröffnet die Berlin-Hannover Connection von Counter-World Experience, die Jan Zehrfeld ja sogar musikalisch mit beeinflusst haben, aber dennoch den wenigsten hier viel sagen.

Der Dreier serviert mit „The virtual Factor“ gleich mal groove-orientierten Opener nach Maß und leitet damit einen Abend der instrumentellen Jazzmetalmusik gebührend ein. Im Gegensatz zu Panzerballett, spielen Counter-World Experience mehr mit Hintergrundsamples und der Jazzsound ist durch das Fehlen eines Saxophons weniger offensichtlich. Dennoch ist die Mischung aus vertrackten Grooves, spacigen Synthiesounds gepaart mit viel Gefrickel, verschiedenen kulturellen Einflüssen und häufigen Jazzharmonien ganz im Sinne des erschienenen Publikums. Aufgelockert wird die musikalisch teilweise schwere Kost durch locker-lustige Ansagen inklusive Umfrage, bei der sich ein Klischee als Wahrheit entpuppt, zumindest für diesen Abend. Wie sich nämlich herausstellte spielen um die 80% der Anwesenden selber ein Instrument, nicht weniger sind Multiinstrumentalisten und zumindest einige meinen ihr Handwerk besser zu beherrschen als die Herren auf der Bühne. Der Beweis dafür blieb jedenfalls aus, stattdessen bemerkte Benjamin läppisch: „Aber wir stehen auf der Bühne!“ Und so zog sich das Set durch die verschiedenen Alben mit dem spanisch angehauchten „Fuego Barbarico“, dem treibenden „Gilgamesh – King of Uruk“ und dem etwas pompöser wirkenden „Karl the Great“. Bevor man das Set mit dem Titeltrack vom neu erscheinenden Album „Pulsar“ beendete, verwies man nochmal auf den Merchandisestand und degradierte sich ganz im Sinne der Fans zur Discounter-World Experience, nachdem man ja die Anzahl ehrlicher illegaler Downloader bei der Umfrage gleich mal mitermittelt hatte. Ich habe das Ende wegen meines Interviews leider verpasst, aber es sei den sympathischen Drei gegönnt, denn die Musik kommt von Herzen, hat ein gewaltiges Gehalt und ist auch noch fein produziert. Wo also könnte man sein Geld besser investieren als hier, als die Szene und vor allen die wenigen wirklich innovativen Bands zu unterstützen?

The Virtual Factor
Amygdala
Fuego Barbarico
Fraktal
Watercolored
Boy Meets World
Gilgamesh
Karl the Great
Pulsar

Nach ein knappen halben Stunde Unterredung mit Panzerballett Mastermind Jan Zehrfeld, war die Umbaupause und Zeit bis die Herren die Bühne betraten nur noch kurz, zumindest gefühlt.

Ohne großes Intro, oder dramaturgisches Tamtam ging es hier nach kurzer Begrüßung gleich direkt zur Sache und das Motto „Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht?“ ist bei dem Quintett Programm. Bevor der Abend aber ganz im Licht des aktuellen Outputs „Breaking Brain“ stehen sollte, spielten sich die Herren mit einem Klassiker „Jadoo“ erst einmal warm. Der Sound war wieder einmal extrem klar, man konnte die feinen Nuancen und spielerischen Feinheiten aller Instrumente erkennen und trotzdem gab es immer wieder einen wuchtigen Schlag in die Fresse. Das Konzept des Panzers, der Ballett fährt ging also nicht zuletzt durch den Mann am Pult voll auf und umso besser konnte man sich auf die neuen Songs einlassen. „Euroblast“ machte den Anfang, ein vom gleichnamigen Festival inspirierter Song, der, wie wir erfuhren, von einem durchgängigen Quintolengroove getragen ist. Panzerballett ist auch immer Abgehen durch Lernen und Verstehen. Der Stoff ist für die Anwesenden zumindest halbwegs greifbar, dennoch staunt ein jeder nicht schlecht wenn aus der theoretischen Materie dann Praxis wird und die fünf wahnsinnig facettenreich ihre Spielfreude zelebrieren, in verschiedenen Tempi, polyrhythmisch gefühlt gegeneinander spielen, aber dennoch auch durch Schlagzeuger „“SeKrasstian“ Lanser zusammengehalten werden.

Dass das auch mal schief gehen kann, zeigte der Versuch im letzten Jahr, den damals neuen Track „Shunyai“ aufzuführen, was, wie Jan Zehrfeld sehr ehrlich bemerkte, ein Paradebeispiel für kollektive Grütze war. Doch beim diesjährigen Versuch sah es ganz anders aus, denn auch wenn die perkussiven Elemente durch die Abwesenheit von Trilok natürlich fehlten, knallte die Nummer Anno 2015 viel besser. Eine weitere Monsternummer ist „Typewriter II“, hier ist es vor allem die Verzahnung der Instrumente, die wie ein Reißverschluss ineinander greifen, und dazwischen einem epileptischen Anfall gleich Rumzucken. Endlich mal Musik von Musikern, bei denen sich das Musikstudium auch gelohnt hat möchte man meinen, immer scharf an der Grenze des Möglichen und trotzdem beeindruckend präzise. Aber auch der Jazzteil darf natürlich nicht zu kurz kommen. Eine Auflockerung, die meistens in der Mitte der Songs kommt, die wie im Jazz üblich jedem einmal erlaubt im festen Korsett maximal frei zu improvisieren und so kommt man auch in den Genuss eines sehr gelungenen Basssolos. Am Ende eines, für die Musiker sicher hochkonzentrierten, Abends, durch den Jan das Publikum mit Helge Schneider artigen Ansagen geführt hat, steht die Zugabe „Thunderstruck“, einem AC/DC Cover, dass man mit einem Augenzwinkern auch liebevoll „Donnerwetter“ getauft hat, der Track durch den ich die Band kennengelernt hatte.

Wie könnte ein Fazit für diesen Abend anders ausfallen, als schon im „Breaking Brain“ Review beschrieben. Panzerballett sind ein Unikat, ihre Klasse ist unbestreitbar und das spricht ausnahmslos für sie, ist jedoch gleichzeitig auch schade, da man sich eine solche Experimentierfreudigkeit öfter wünschen würde, und oft schmerzlich vermisst. Schade daher, dass es schon wieder vorbei ist, im nächsten Jahr wird das K17 wohl schließen, mal schauen ob man sich daher dann in Berlin wieder sieht. Für Panzerballett wäre es auf jeden Fall ein würdiger Abschluss, da ich meine dass der Sound noch eine Spur transparenter und noch eine Spur tighter geworden ist, was zugegebener Maßen auf diesem Level schwer zu sagen ist, aber ich meine diese Nuancen vernommen zu haben.

Jadoo
Euroblast
Smoochy Borg Funk
Der Saxdiktator
Shunyai
Typewriter II
Mahna Mahna
Frantik Nervesaw Massacre
Vulgar Display of Sauerkraut
Pink Panther
Thunderstruck

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