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DAWN OF OUROBOROS – Velvet Incandescence (2023)

(8.328) Maik (9,0/10) Dark/Black Metal


Label: Prosthetic Records
VÖ: 21.04.2023
Stil: Dark/Black Metal






Leicht machten es mir die Kalifornier DAWN OF OUROBOROS nicht, ihre Musik einzuordnen. Was die Band auf ihrem zweiten Album „Velvet Incandescence“ bieten, ist eine Achterbahnfahrt, die gleichzeitig durch eine Geisterbahn und über einen Friedhof führt, kurz noch einen Eisberg streift und schließlich in den endlosen Abyss des Kosmos stürzt.

Das alles zelebriert die Band schon im Opener „Healing Grounds“. Der beginnt recht besinnlich, sphärisch, verträumt, mit femalen Clear Vocals versehen, so dass man sich in einer lauen Sommernacht auf einem Hügel wähnt, um den Vollmond zu betrachten. Nachdem man nun für etwa anderthalb Minuten eingelullt wurde, zerreißt ein wuchtiges Riff und ein quälend verzweifelnder Black Metal- Gesang die Idylle. Und nach etwa einer Minute treten DAWN OF OUROBOROS das Gaspedal für eine halbe Minute durch, um dann wieder in verträumt melodische Gitarrenklänge zu wechseln, die dann wieder der Dame zu atmosphärischen Klängen ein melodisches Gesangsgastspiel ermöglichen, bevor doomig düsterer Deathmetalgesang die Überleitung zu verspielten Klängen darstellt, kurz die Schwarzmetallvoice wieder kreischt, und dies zu melancholischen Gitarrenmelodien. Und dann hört der Song plötzlich auf und man liegt völlig verstört, mit aufgerissenen Augen und zerwuselter Kopfbehaarung auf obig erwähntem Hügel, die Hände tief in die Erde gekrallt.

Etwas eingängiger gestaltet sich der zweite Track, „Testudines“, allerdings auch nur im Vergleich zum Opener. Auch hier werden schwarzmetallische Kälte mit Melodien verbunden, die im Mittelteil sogar ungewohnt fröhlich anmuten. Der Song fräst sich recht rasant durch seine 4:44 Minuten und dürfte wohl am nächsten der schwarzmetallischen Reinheitslehre kommen. Natürlich setzen DOO auch hier genreuntypische Stilelemente ein, wie den gothicmäßigen Gesangspart der Sängerin, aber insgesamt wird hier doch ordentlich das Gehölz verhackstückt.

Dazu muss ich natürlich noch einwerfen, dass Chelsea Murphy nicht nur die nett klingenden female Vocals beisteuert, sondern auch für Knarz/Krächz/Brüll verantwortlich zeichnet und da eine äußerst brutale Leistung abliefert.

Das gleichzeitig melodische wie dissonante (ja, liebe Freunde des brennenden Buschs, das ist möglich) „Iron Whispers“ greift tief in den Fundus des Dark Metal, besticht auch wieder mit Prog Rock- mäßigen Gitarrensoli und streift auch den Bereich des melancholischen Gothic Doom.

Fast entspannende Lounge Musik bietet die Band zu Beginn von „Levitating Pacifies“, was dem Titel des Stücks ein perfektes akustisches Bild verleiht. Man wähnt sich tatsächlich friedlich schwebend über einer Sommerwiese, bis nach zweidreiviertel Minuten der Zauber harsch durchbrochen wird, und man sich in eisiger Kälte in einer düster frostigen Landschaft wiederfindet, von kreischenden Dämonen der Verzweiflung gequält. Hüstel. Irgendwie scheint die Musik der Band die latent poetischen Teile meines Resthirns zu aktivieren.

Im Gegensatz zu vorherigem Stück schreit uns bei „Rise From Disillusion“ schon zu Beginn der schwarzmetallische Abgrund an und zerrt uns in die Tiefe. Der Kontrast zwischen Black Metal- Raserei und den synthetisch/freundlichen Hintergrundklängen zerrt an den Synapsen wie eine Horde wildgewordener bösartiger Hirngnome. Das atmosphärische Mittelstück vermittelt nur scheinbar das Gefühl von Ruhe und Unbeschwertheit, wenngleich der zweite Teil des Songs regelrecht aufmunternd wirkt.

Den narrativen Gesetzen der Abwechslung folgend, gestaltet sich „Castigation“ wieder etwas ruhiger, verzichtet allerdings auch hier nicht auf schwarzmetallische Kälte, webt allerdings einen melancholischen Teppich darum.

Einen brutal dissonanten Einstieg bietet „Cephalopodic Void“, bevor sich DAWN OF OUROBOROS wieder auf die Achterbahnfahrt durch die Stile begeben, und zwischen stampfender Brutalität und melodischem Geplänkel die Grenzen des Vorstellbaren dehnen, überschreiten, zerreißen.

Spacige Klänge leiten das Schlussstück „Velvet Moon“ ein, der samtene Mond vom Beginn des Albums nimmt uns in die Arme und führt uns zurück zum heilenden Boden, mit dem das Album begann. Die Wunden, die uns die atemberaubende musikalische Reise geschlagen hat, beginnen zu heilen. Nur die Narben auf der Seele bleiben zurück und künden von einer Erfahrung, die uns verängstigte, die wir aber dennoch nicht missen möchten.

Ich gebe zu, ich hatte selten derartige Schwierigkeiten, mich in ein Album einzufühlen wie bei „Velvet Incandescence“. Mehrere Anläufe waren nötig, zwei davon musste ich sogar mittendrin abbrechen, doch letztlich vermeine ich doch einen Bezug zu dieser Scheibe gefunden zu haben.

DAWN OF OUROBOROS sprengen hier die Grenzen der musikalischen Genres, verbinden Black, Doom, Death, Gothic Metal mit Elementen des Ambient, des Prog Rocks, ja gar des Jazz. Und wenngleich dieser Kategorisierungsversuch meinerseits ein überbordendes Sammelsurium vermuten lässt, stellt „Velvet Incandescence“ doch eine komplexe Einheit dar, die ich so noch nie zu Gehör bekam.

Anspieltipp: „Healing Grounds“ und “Rise From Disillusion“


Bewertung: 9,0 von 10 Punkten


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