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MACBETH – Gedankenwächter (2020)

(6.000) Olaf (9,5/10) Thrash / Heavy Metal

Label: Massacre Records
VÖ: 27.03.2020
Stil: Thrash / Heavy Metal

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Uns Onlinern ist es im Gegensatz zur Printzunft meist nicht gestattet, zu früh von bald erscheinenden Alben zu berichten, was bei Missachtung auch bei manchen zu drakonischen Exempeln und einhergehender Verbannung führen kann. Nur gut, dass es Bands gibt, mit denen uns auch privat seit langer Zeit eine Freundschaft verbindet, die es uns wiederum ermöglicht, als erstes in ein Album zu lauschen, auf das wir seit viereinhalb Jahren sehnsüchtig gewartet haben und es sich trotz aller Zuneigung einem ausführlichen Herz-und-Nieren-Test unterziehen muss. Vielleicht sogar noch intensiver als bei Bands, denen man nicht persönlich bekannt ist. Die angesprochene Wartezeit sollte man ebenfalls als relativ ansehen, denn Macbeth waren ja nicht untätig, haben mit der überragenden „Caiman“ Single ein Lebenszeichen abgegeben und waren auf vielen Konzerten und Festivals präsent. Umso mehr freut es uns, nun in das fünfte Album namens „Gedankenwächter“ reinlauschen zu dürfen, welches nach dem großartigen Vorgänger „Imperium“ es sicherlich nicht leicht hatte, zu entstehen.

Gleich der Opener „Friedenstaube“ führt mit seinem ruhigen Beginn den Hörer erstmals in die Irre, denn kurz danach beginnt ein irres Riffgewitter, bei dem sich Ralf und Alex bei jedem Griff in die Saiten selbst zu überbieten scheinen. Allerdings wundert es mich bei dem Text schon, wie man da auf eine „Friedenstaube“ Rückschlüsse führen kann:

(…) Suchen und zerstören, das ist meine Welt
Feinde zu töten ist alles, was zählt (…)

Was gleich zum Anfang auffällt ist der Umstand, dass die Stimme von Olli klar akzentuiert aus den Boxen kraucht und man trotz des Umstandes, einmal mehr in seiner Landessprache das Horchorgan massiert bekommt, alles klar und deutlich verstehen kann. Ohne Umschweife kann man sagen, dass mein einstiger Lieblingssong „Kamikaze“ hier einen mehr als ebenbürtigen Konkurrenten bekommen hat, der diesen sogar ablösen könnte.

Schleppend und nicht minder heavy kommt der „Krieger“ über das Schlachtfeld galoppiert und zeigt einmal mehr als deutlich, dass Macbeth nicht nur gnadenlos nach vorne preschen können, sondern ebenfalls das Momentum des Midtempos zu ihren Gunsten nutzen können. Klar könnte man dazu prima im Takt mitklatschen, was beim Alter der Jungs vielleicht angebracht wäre, doch ein ordentliches Kopfnicken sollte ebenfalls mehr als drin sein. Das gleiche gilt für „In seinem Namen“, bei dem der Titel bereits alles aussagt und im weiteren Verlauf textlich noch einmal mächtig aufdreht und der Kirche und Religionen im Allgemeinen mit eiserner Wucht der Mittelfinger entgegengestreckt wird. Textlich einer der besten Songs, der je auf Ralf Kleins Feder geflossen ist. Bei “Wolfskinder“ gibt es groovetechnisch erneut mächtig was auf die Murmel, wobei einmal mehr die Riffmaschine auf Hochtouren läuft und diesen Song ebenfalls zu einem Highlight des Albums macht. Den ersten Teil des Albums beschließt das sakral beginnende „Daskalogiannis“, welches den griechischen „Braveheart“ Kretas umschreibt, dem Ralf schon auf dem letzten Album Platz geben wollte und der im 18.Jahrhundert einen Aufstand gegen die osmanischen Besatzer anführte und diesen auch siegreich bestritt. Geschichtsstunde auf Macbeth Art, die niemals anbiedernd, sondern spannend aufbereitet den Hörer Interessante Themen vermittelt.

Seite zwei beginnt melodiös und speedig und zeigt uns die „Neue Welt“, welche musikalisch ebenfalls stark ist, hier aber mehr textliche Highlights zu bieten hat.

(…) Mit Kreuz und Schwert erobern wir die neue Welt,
töten jeden, der sich wehrt.
Der Rest von Euch der wird bekehrt (…)

Erneut positionieren sich die Thüringer klar gegen Religionen und deren barbarische Auswüchse, welche hoffentlich Einzug auf bald erscheinende T-Shirt Motive finden werden. Ideen sollten sich aus den Texten genügend ableiten lassen. Dass das nun folgende „Brandstifter“ weniger mit dem heißgeliebten Getränk aus unser aller Brutz & Brakel Schmiede etwas zu tun hat, merkt man sofort am eingespielten Berthold Brecht, dessen Worte von 1952 heute aktueller denn je sind:

„Denn der Menschheit drohen Kriege, gegen welche die vergangenen wie armselige Versuche sind, und sie werden kommen ohne jeden Zweifel, wenn denen, die sie in aller Öffentlichkeit vorbereiten, nicht die Hände zerschlagen werden.“

Bedarf es hierzu weiterer Anmerkungen? Ich glaube nicht und auch der „Hexenhammer“, das berüchtigte im Jahr 1486 veröffentlichte Malleus Malificarum der katholischen Kirche, findet Einzug in die musikalische Geschichte von Macbeth, die insgesamt eindrucksvoll beweisen, dass sie eben mehr als nur Kriege draufhaben und die interessant vertonen können. Allerdings kann ich mir leider kaum vorstellen, dass der herrlich doomige und mystische Song mit seiner Länge jemals Einzug in eine reguläre Setlist haben wird, was ich durchaus bedauern würde.

Der bereits im Vorfeld veröffentlichte Titeltrack ist ebenfalls ein starker Song, der allerdings durchaus als Appetithappen zu gefallen weiß, dennoch in der Rangfolge aller brillanten Songs dieses Albums lediglich einen der hinteren Plätze einnimmt und da merkt Ihr vielleicht schon, mit was für einem tollen Werk wir es hier zu tun haben. Das abschließende „Demmin“ folgt dann textlich wieder dem von Macbeth bereits des Öfteren besungenen 2.Weltkrieg und thematisiert hier den Massenselbstmord von Demmin vom 30. April bis hin zum 3.Mai 1945, als die rote Armee vor den Toren der mecklenburgischen Stadt stand und unter anderen Mütter ihre Kinder mit Steinen an den Füßen im Fluss ertränkten, ehe sie sich selbst das Leben nahmen. Ein sehr ernstes Thema wenn man bedenkt, dass jedes Jahr am 1.Mai rechtes Gesindel diesen Tag zum Anlass nehmen, um dort mit Kränzen oder ähnlichem gegen das ebenfalls barbarische Treiben der roten Armee, die quasi ihre eigene Maifeier veranstalteten und den Ort dem Erdboden gleichmachten, zu protestieren und diesen zu instrumentalisieren. Vielleicht hätte man hier noch ein wenig Kante gegen rechts einfließen lassen können, aber das nur am Rande.

Erneut stark produziert präsentiert sich „Gedankenwächter“ als fantastischer Nachfolger des Überwerks „Imperium“, ohne allerdings komplett an seine (musikalische) Genialität heranzureichen. Doch das ist aufgrund kleinster Nuancen Jammern auf überwältigendem Niveau, denn Macbeth haben bereits in der Vergangenheit bewiesen: Schlecht gibt’s nicht! Außerdem macht es unbändigen Spaß, die Texte zu verfolgen, ein wenig zu recherchieren und festzustellen, dass die Bande aus dem Löffelschnitzer Landen hier eine meisterhafte Leistung an den Tag gelegt hat. Und eben das rechtfertigt auch den Umstand, dass wir den Jungs die Ehre des 6.000sten Review haben angedeihen lassen. Glückwunsch nach Thüringen und auch ein kleines bisschen an uns!

Bewertung: 9,6 von 10 Punkten

Tracklist:
01. Friedenstaube
02. Krieger
03. In seinem Namen
04. Wolfskinder
05. Daskalogiannis
06. Neue Welt
07. Brandstifter
08. Hexenhammer
09. Gedankenwächter
10. Demmin

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