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SOUL ON FIRE – Leben und Musik von Peter Steele

(3.357) - Olaf

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Wenn es früher in der Schule hieß, man müsse eine Buchbesprechung machen, kräuselten sich bei mir zumeist die Nackenhaare vor Entsetzen. Heutzutage fällt es mir um ein Vielfaches leichter, denn nicht allzu viele Bücher kommen heutzutage für mich persönlich auf den Markt die es wert wären, mit auch nur einer Silbe abgehandelt zu werden. Dies verhält sich mit dem mir hier vorliegenden Exemplar der längst überfälligen Autobiographie von Peter Steele mit dem Titel „Soul on fire“ vollkommen konträr, denn die Geschichte, die hier erzählt wird, handelt nicht nur von dem Ausnahmemusiker Lord Petrus Steele, aka Peter Steele, sondern zumeist von dem Menschen Peter Thomas Ratajczik aus Brooklyn, NY, die es mehr als wert ist, in diesem großartigen Buch abgehandelt zu werden.

Es ist natürlich für mich schwierig, sachlich und objektiv an eine Rezension heranzugehen, wenn man seit Anbeginn der Geschichte von Type O’Negative (nein, ein großer Carnivore Fan war ich damals, im Gegensatz zu vielen anderen, nicht) ein großer Fan dieses charismatischen Ausnahmemusikers ist und dies auch bis an sein Lebensende bleiben wird und an vielen Stellen dieses herausragenden Meisterwerkes eine Träne im Augenwinkel hatte, doch versucht habe ich es…mehrfach. Allerdings befinden sich in meinem Mülleimer auf dem Desktop nunmehr 6 erfolglose Versuche dieses Reviews…doch die Hoffnung stirbt zuletzt.

Ähnlich wie bei Peter Steele, der sich sein Leben lang nach den einfachen Dingen sehnte. Eine Familie, ein Haus in seinem geliebten Brooklyn und eine erneute Festanstellung im Parks Departement von New York, bei dem er sich um die öffentlichen Grünanlagen kümmerte und dort seine glücklichste Zeit verlebte. Das kann man sich bei dem weltweiten Rummel um Type O’Negative fast gar nicht vorstellen, doch wenn man das Buch ausführlich und aufmerksam durchliest merkt man schnell, dass er zwar musikalisch seine Visionen umsetzen konnte, doch zuweilen in atypische Business-Schemata gezwängt wurde, die ihm komplett zuwider waren. Der Begriff des gut behüteten Nesthäkchens, als fünftes Kind umgeben von 4 älteren Schwestern, die ihren Bruder abgöttisch liebten, klingt in Anbetracht der Tatsache, dass der 2,10 Meter große Hüne eine auf der Bühne ungemein beängstigende Ausstrahlung haben konnte, etwas surreal, doch gerade diese familiäre Geborgenheit war das, was Peter Ratajczik sein ganzes Leben lang prägen sollte, bevor er mit Pete Steele eine Maske aufsetzte und dennoch immer der hilfsbereite, freundliche und fürsorgliche Nachbar für alle blieb.

Er war immer für alle und jeden da, gab jedem seine Telefonnummer (was zum Teil zu etwas merkwürdigen Auswüchsen führte, bei denen ich manchmal beim Lesen laut auflachen musste), war großzügig, was ihn dann fast an den Rand des finanziellen Ruins trieb und kümmerte sich weniger um sich selbst, als um andere. Gerade seine Beziehung zu Type O‘ Keyboarder Josh Silver, die man als brüderlich beschreiben muss, wird hier grandios abgehandelt und zeigt deutlich, was für ein generöser Mensch Pete Steele war. Und beliebt war er, vor allem in der Damenwelt, die ihm nachstellte und sich nicht nur in sein Äußeres verliebten, sondern seinen Intellekt und seine Eloquenz zu schätzen wussten. Bedauerlicherweise fand er dennoch nie ein Glück von Dauer, was seine depressiven Verhaltensmuster im späteren Alter erklärt. Ein regelrechtes Drama, denn gerade die private Seite wird hier so detailverliebt widergegeben, dass man diesen Menschen einfach nur in den Arm nehmen und vor den lauernden Gefahren dieser Welt beschützen möchte.

Aber da gab es natürlich noch die musikalische und lyrische Seite des Pete Steel, der als Lord Petrus Steele und Carnivore stachelbehangen mit Songs wie „Jesus Hitler“ bei Vielen auf komplettes Unverständnis stieß, die sich niemals die Zeit nahmen, hinter die Texte und den Menschen zu sehen, der diese verfasst hatte. Er hatte eine Meinung, die für manch einen als „radikal“ erschien, bei näherer Betrachtungsweise allerdings mehr von persönlicher Frustration, Traurigkeit und Wut geleitet war, immer als Ironie gedacht war, missinterpretiert wurde und somit Peter Steele den Stempel „Rassist“ aufdrückte. Dies gipfelte in der Europa Tour 1993, bei dem fast alle Deutschland Gigs (leider auch der in Berlin, für den ich Karten hatte) ausfielen, aber dennoch als Erfolg verbucht wurden, da die Aufmerksamkeit komplett auf Type O‘ fiel. Das Peter Steele weder Rassist, Misanthrop oder ein fehlgeleiteter Irrer war konnte jeder sehen, der ihm nahestand oder sich mit ihm eingehender beschäftigte. Seine zu oft missverständlich ausgelegten Interviews zu damaliger Zeit rührten vor allem von der Tatsache her, dass er sich selber das Mantra auferlegte, niemals eine Antwort zweimal zu geben, was dann manchmal zu riesigen Verwirrungen bei seinen Gegenübern führte, ihn selbst aber zutiefst amüsierte.

Man kann in „Soul on fire“ nachlesen, wie der Werdegang des Musikers Peter Steele vonstattenging, wie Freunde und Weggefährten diesen miterlebten (auch sein späteres Abrutschen in die Kokainsucht) und doch interessierte mich vor allem an diesem Werk der Mensch Peter, der alten Damen in Brooklyn die Wohnung strich, sich um Bedürftige kümmerte und seine Eltern abgöttisch liebte. Das Buch ist chronologisch aufgebaut und endet leider mit dem viel zu frühen Tod dieses begnadeten Künstlers am 14.04.2010 und dem Pflanzen eines Baumes durch seine Fans in seinem geliebten Park knapp ein Jahr später. Ich bekam bei der Lektüre dieses Meisterwerks mehrfach Gänsehaut und musste vielfach schlucken, herzlich lachen, nachdenken. Eine Biographie, die dem Menschen Peter Ratajczik näherkommt, was wichtig ist, um den Musiker Peter Steele begreifen zu können.

Es gäbe noch so viel zu erzählen, abzuhandeln, doch ich lasse es lieber sein, denn dieses Buch gehört einfach in das Regal eines jeden Menschen, der die Musik Type O’Negatives genauso geliebt hat wie ich und auch immer noch liebt. Legt Euch „Bloody kisses“ auf, kuschelt Euch ein, genießt ein Getränk Eurer Wahl und versinkt in einem Buch, welches als Blaupause für den Begriff „Biographie“ gelten muss.

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