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DE MORTEM ET DIABOLUM 2018 - Traubensaft im Milchaufschäumer

14. & 15.12.2018 - Berlin @ Columbia Theater


Es ist Mitte Dezember und während die meisten geplagt vom Stress oder mit großer Vorfreude dem Weihnachtsfest entgegengehen, blicke ich mit einem breiten Grinsen aufs vergangene Wochenende zurück und denke an die „schöne Bescherung“, die gerade hinter mir liegt. Denn nicht nur ich feierte Geburtstag sondern auch das De Mortem et Diabolum, das dies Jahr in die vierte Runde ging.

Bevor meine Frau Zoi, die (wie im letzten Jahr) für die folgenden Fotos verantwortlich ist, und ich uns aber auf dieses Fest begeben konnten, galt es wieder den Weg von Schwerin nach Berlin zu meistern, was an einem Freitag und auf einer Route mit zahllosen Baustellen gar nicht so einfach war. Der Berliner Feierabendverkehr brach uns dann endgültig das zeitliche Genick und wir verpassten leider den Opener.

Tag I, der 14.12.
Und das war sehr schade, denn die Niederländer ULSECT haben nach Aussage einiger Freunde wohl einen sehr würdigen Start hingelegt. Mit einem sehr speziellen und anspruchsvollen Stil konnten sie bereits zu Beginn für Begeisterung sorgen, hieß es.

Dann aber, pünktlich zum Beginn von KULT betraten wir das Columbia Theater und brachten uns sogleich in Position. Der Sound der Italiener steht für alles andere als südländische Wärme und präsentiert eine wunderbar pechschwarze, hässliche und kalte Landschaft, die man vermutlich eher in Schweden gesucht hätte. Denn die Songs erinnerten mich mit ihrer Aggression und ihrem Druck nicht selten an MARDUK oder WATAIN. Da hatte Kollegin Jezebel in ihrem Review zur aktuellen Scheibe der Band wirklich nicht zu viel versprochen – hier hätte der Gehörnte echt frohlockt.

Dass in diesem Jahr ein deutliches Auge auf Island geworfen wurde, erwähnte ich bereits in meinem Vorbericht. Mit NAÐRA startete nun also die erste Band von der eisigen Insel, die das diesjährige DMeD heimsuchen sollte. Der Klang der Band war in der Tat eiskalt und fies, die Darbietung – vor allem von Sänger Örlygur – wirkte sehr ambitioniert. Auf mich mochte der Funken allerdings nicht so hundertprozentig überspringen. Vielleicht lag es ein wenig am Sound, der zum Teil nicht ganz perfekt ausgesteuert war, vielleicht war es aber auch einfach der bandeigene Stil, der nicht völlig meinen Nerv traf. Aber dennoch durfte man wohl von einer grundsoliden Leistung sprechen.

Was mich dagegen aber komplett überzeugen konnte, war die Show von den ebenfalls aus Island angereisten ZHRINE. Schon mit den ersten Tönen wurde ich gepackt – und dies war ja nur der Vorgeschmack auf etwas ganz großes. Diese besagten Töne stammten nämlich von einem E-Kontrabass, ein Instrument, das ich in einem derartigen Stil, also im (Black) Metal Bereich wohl noch nie vernommen hatte. Und natürlich waren dieser Viersaiter und sein menschlicher Begleiter nicht nur ein optisches Highlight. Nein, selbstverständlich war dieser Musiker technisch und künstlerisch was Besonderes.

Doch auch seine Bandkollegen standen ihm in nichts nach. Alle vier Musiker glänzten durch eine enorme Präzision und technische Perfektion an ihren Instrumenten. Gerade auch Sänger/Gitarrist Þorbjörn bestach durch eine enorme Stimmgewalt, egal ob tiefe Growls oder helle Screams. Und als wären die Songs selbst nicht schon genial genug, da sorgte eben jener Frontmann mit dem Einsatz seines Geigenbogens für Streicher-Feeling und so hielt die Atmosphäre auch in den Übergängen stetig an. Nach diesem großartigen Auftritt verblieb bei mir ein Wort fest im Kopf: schockverliebt. Wer je die Gelegenheit haben sollte, diese Band live zu erleben, sollte die Chance auf jeden Fall nutzen!

Nach so viel Verzückung brauchte ich eine Weile um mich dem deutlich raueren Tonfall von DARVAZA hinzugeben. Meine Zoi kam dagegen mit einem breiten Grinsen aus dem Fotograben zurück und irgendwie steckte mich das auch ziemlich schnell an. Wahrscheinlich waren meine Ohren (oder mein Gemüt) noch nicht bereit sich umzustellen. Doch als der Schalter sich dann umgelegt hatte, tauchte ich nun immer mehr ein in die Klangwelt dieser Band. Der ruppige und norwegisch geprägte Stil mitsamt seiner rockigen Einlagen gewann mich zunehmend immer mehr. Und spätestens als zum Ende hin eine immer dichtere Atmosphäre, u.a. durch eine starke Symbiose der verschiedenen Stimmen der Musizierenden, geschaffen wurde, hatten sie mich dann auch völlig im Sack.

Nach all dieser „Schwarzmalerei“ betrat mit NECROS CHRISTOS dann eine dem Death Metal deutlich zugewandte Truppe die Bühne. Der bandeigene Tonmann regelte ordentlich hoch, sodass die Trommelfelle schon allein dadurch zu zerbersten drohten. Darauf folgte dann eine schwer rollende doom-deathige Darbietung. Mich persönlich konnte dies allerdings nicht so wirklich abholen. Nicht, dass ich generell nichts mit Death Metal anfangen könnte oder die Band nicht ordentlich aufgespielt hätte – nein, technisch gab es hier nichts zu meckern – es erreichte mich eben einfach nicht ganz. Der Mehrheit des Publikums schien es aber zu gefallen und so ernteten die Berliner Lokalmatadoren zu Recht einigen Applaus.

Zum Abschluss ging die Reise noch einmal nach Island. Die Ankündigung von SVARTIDAUÐI begrüßten viele der De Mortem Gänger schon vorab mit einigem Jubel und Beifall. Gerade nach ihrer jüngsten, saustarken Veröffentlichung „Revelations of the Red Sword“ war auch ich recht gespannt auf das Folgende. Doch irgendwie wurde und wurde die Sache nicht so recht rund heute. Die Band wirkte nicht so richtig aufeinander eingespielt und der Drummer schien schon etwas zu tief ins Glas geschaut zu haben, hatte er doch einige arge Patzer. Der nicht ganz optimale Sound und langsam eintretende Müdigkeit bei mir, sorgten für den Rest. Wirklich schade, hier hatte ich mit mehr gerechnet.

Dennoch ging es nicht mit wirklicher Enttäuschung „nach Hause“, denn schon der erste Tag wusste zu begeistern – vor allem dank ZHRINE und DARVAZA – und wir hatten vor allem für Tag 2 so einige Highlights auf unseren Zetteln, auf die es sich zu freuen galt.

Tag II, der 15.12.
Herrlich ausgeschlafen starteten wir in den Tag und machten uns auf die Suche nach einer Stärkung. Nach einem köstlichen Frühstück in einem türkischen Café und einem Glühwein vom italienischen Winzer – hier wird auch mal fix der Traubensaft mit dem Milchaufschäumer der Espressomaschine erhitzt – wussten wir: das wird ein guter Tag! Wie sehr dies auch auf den bevorstehenden musikalischen Abend zutreffen würde, wagten wir da noch nicht zu ahnen...

Als IN TWILIGHT’S EMBRACE die Bühne betraten war der Saal nicht gerade gut gefüllt und wir dachten uns nur, wie beschämend das doch sei, würde sich das nicht gleich ändern. Zum Glück brauchte es aber nur ein paar Töne der polnischen Schwarzmetaller und aus verschiedenen Ecken des Theaters eilten so einige Zuschauer herbei.

Und dies war vor allem deren Glück, denn sonst hätten sie (wie wir am Vortag) einen ziemlich starken Opener verpasst. Die Band spielte sich im Nu ein und brauchte nur wenige Minuten um bei uns zu zünden. Sowohl die Songs selbst als auch die Performance des Sängers erinnerten an WATAIN bzw. deren Fronter Erik Danielsson, jedoch wirkte hier nichts wie eine Kopie der Schweden. Das hätte die Band auch gar nicht nötig, konnten die Kompositionen der mir bislang unbekannten polnischen Truppe mir doch einiges abgewinnen.

Seit etwa einem halben Jahr begleitet es mich nun schon und ich werde nicht müde, es mir anzuhören. Die Rede ist vom ersten Album der portugiesischen Newcomer GAEREA. Ihre Schiebe „Unsettling Whispers“ gehört für mich nach wie vor zu den besten des Jahres und ich war mehr als froh, die Truppe beim De Mortem et Diabolum sehen zu können und hatte natürlich auch entsprechend hohe Erwartungen an die Jungs und ihre Show. Und ja, sie wurden erfüllt! Nicht nur, dass die Band mächtig dankbar, freundlich und höflich im Gespräch am Merchstand war, nein da lieferte sie auch noch bretthart ab. Selten hab ich eine so junge Combo so stark und professionell aufspielen sehen wie diese maskentragenden fünf Burschen. Dass danach der Merchstand entsprechend gestürmt wurde, überraschte da wenig und das freute mich wahrhaft für diese Band.

Nachdem GAEREA gerade mit ihrem melodieträchtigen und hochgeschwindigkeitsbasiertem Black Metal gefühlt die Hälfte der Noten des Abends aufgebraucht hatten, war eine Portion Doom Death jetzt genau das Richtige zum Runterkommen… wollte man meinen. Doch wenn man denkt, OPHIS hätten jetzt hier ‘ne ruhige Kugel geschoben, dann irrte man sich mächtig. Klar wurde hier im Vergleich zu den Portugiesen schon die Schlagzahl deutlich runtergefahren, doch zeigte das Set die Hamburger von ihrer eher agilen, deathigen Seite – und das gefiel mir (sowie dem restlichen Publikum) sehr gut, was nicht zuletzt durch die wohl meisten fliegenden Mähnen des Wochenendes wiedergespiegelt wurde. Das Ganze würzte Sänger/Gitarrist Philipp noch mit etwas norddeutschem Humor: „Wir freuen uns hier zu sein, wir zeigen es nur nicht so. Enthusiasmus passt hier auch nicht hin.“ oder so ähnlich waren seine charmanten Worte, die die Darbietung mit ein paar Sympathiepunkten krönte. Coole Truppe!

Zurück zum Schwarzmetall ging es dann mit den Bayern STREAMS OF BLOOD. Zum Teil vermummt und mit reichlich Blut übergossen führten sie durch eine sehr ernste und boshafte Show. Viel Stage Acting wurde dabei nicht zelebriert. Der Sound der live auf ein Quintett vergrößerten Band ist sehr drückend und lässt nur selten Spielraum für Melodiebögen und dergleichen. Das macht es zwar recht zornig, doch hielt dies die Stimmung auch an der kurzen Leine. Der Auftritt verblieb mir zwar nicht langweilig aber eben auch nicht herausragend im Gedächtnis; eine solide Nummer eben.

Dass eine Black Metal Show durchaus auch etwas schwungvoller und publikumsnäher sein darf, bewiesen dann ENDEZZMA. Die Norweger entstammen dem Dunstkreis von URGEHAL und BEASTCRAFT und haben auch sonst so einige Wurzeln in der heimischen Szene. So erwartete das Publikum also eine ordentliche Bedienung in Sachen rock’n’roll-iger Norwegian Black Metal – und wurde nicht enttäuscht. Ganz im Gegenteil, die fünf Herren aus Hønefoss sollten es an diesem Abend wohl sicher geschafft haben, sich einige neue Fans zu erspielen. Die Truppe rockte verdammt motiviert das Columbia Theater, sodass es eine wahre Freude war. Songs wie „Morbus Divina“ und „Sick Kulta Lucifer“ zündeten sofort und luden zum Kopfwackeln, Fäusterecken und Mitsingen nur so ein.

Mit wieder deutlich gemäßigter, ja geradezu melancholischer Stimmung folgten dann BLAZE OF PERDITION. Zu Beginn war der Sound des Quartetts noch alles andere als optimal, doch zum Einstieg von „A Glimpse Of God“, dem Opener ihrer aktuellen Scheibe „Conscious Darkness“, der als zweiter Titel auf der Agenda des Sets stand, war dann alles im Lot und schon verformte sich die Haut zur Erpelpelle. Diese düstre, beklemmende Atmosphäre, die die Polen erzeugen, hat schon etwas Besonderes. Der Auftritt lud dazu ein, das ein ums andere Mal einfach nur die Augen zu schließen und sich treiben zu lassen, abzugleiten in den tiefen, kalten Sog dieser finsteren Kompositionen über Tod und Spiritualität.

Von rockigem Mitsingspaß oder gar verträumt gefühlvollen Melodien hielten MISÞYRMING dagegen scheinbar eher wenig. Denn sie zögerten nicht lange und überrannten das Publikum geradezu mit einer wahnsinnig schnellen und verflucht aggressiven Performance. Vor allem Sänger und Gitarren-Derwisch D.G. beackerte sein Instrument so krass, dass man dachte, das gute Stück müsste gleich auseinanderfallen oder in Flammen aufgehen. Noch verrückter war eigentlich nur das, was Drummer H.R.H. hier ablieferte. Auch hier mochte man meinen, dass nur noch ein Trümmerhaufen übrig bleibe, wenn er die Bühne letztlich verlassen würde. Kurz um war der Auftritt von MISÞYRMING einfach nur mega brutal, tödlich präzise und hammer tight und definitiv einer der Höhepunkte des diesjährigen De Mortem et Diabolum. Als Leckerbissen gab es neben einem „burning new song“ zum Schluss auch noch einen Gastauftritt von Sturla Viðar, dem Sänger von SVARTIDAUÐI, der mich heute auch deutlich mehr überzeugen konnte.

Wie im Vorbericht angekündigt oblag es nun DARKENED NOCTURN SLAUGHTERCULT das De Mortem gebührend zu beschließen. Ich erwartete eine pechschwarze bis blutrote Messe und wurde in keinster Weise enttäuscht. Verdammt, was ist diese Band aber auch evil! Blut, Pentagramm, Schädel und etliche invertierte Kreuze zierten Bühne bzw. Musiker und als (anfänglich) weißer Fleck Frontfrau Onielar in ihrem hexenhaften Dress. Dass auch dieser bald rot wie eine Metzgerschürze sein würde, verstand sich von selbst. Und trotz aller Boshaftigkeit stellte ich wieder einmal fest: stumpfes Geballer wird hier nicht geboten. Viele der Songs sind echt vertracktet und lassen sich nicht so einfach erschließen. Eine Hymne wie „Das All-Eine“, die dagegen dann doch sehr zugänglich ist, durfte allerdings nicht fehlen, was mich sehr erfreute. Erfreut haben sich auch die Besucher in den ersten Reihen an so einigen Duschen. Denn die wilde Dame an der Front spuckte nicht nur Gift und Galle ins Mikrofon sondern auch etliche Salven Blut in die Menge. Und da die Freude so schnell nicht abklang, ließen sich die Headliner des heutigen Abends sogar zu einer Zugabe überreden, bevor das DMeD seine Tore für 2018 endgültig schloss.

Abschließend dürfte es wohl nun nicht allzu überraschend sein, dass ich auch 2018 das De Mortem et Diabolum zu meinen musikalischen Highlights des Jahres zählen werde. Die Bandauswahl war wieder großartig und die Organisation begeisterte erneut Bands wie Publikum. Und da schon wenige Tage später die Fortsetzung für 2019 bekannt gegeben wurde, kann ich nur noch sagen: Bis nächstes Jahr!

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