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Q&A – Das Interview: OAKHEART

Tanzen, Pogen, Moshen, Polonaise durch den Innenhof

Wenn Berlin ein Sound wäre, dann wäre es vermutlich genau dieser: ein bisschen sakral, ein bisschen Straßenköter – und vor allem laut. OAKHEART haben mit ihrem Debüt Bloodstream nicht einfach ein Album veröffentlicht, sondern gleich mal die stilistische Abrissbirne geschwungen. Hier trifft Melodic Death auf Prog-Attitüde, Metalcore auf Thrash-Feeling, und zwischendurch grinst sogar der Techno um die Ecke, bevor ein Growl alles wegpustet. Vor allem Frontmann Serdar sorgt dabei für offene Münder, wahlweise aus Ehrfurcht oder purer Erschütterung – denn der Mann kann einfach alles, was zwischen Oper und Ork liegt.

Wir haben uns mit der Band zusammengesetzt, um über Frühschicht-Growls, Genre-Grenzen, überambitionierte Songstrukturen und den ganz normalen Wahnsinn einer geografisch verstreuten Band zu sprechen, die nebenbei auch noch Berlin mit ihrer UNHOLY ALLIANCE-Konzertreihe aufmischt.

Erzählt mir doch mal ein klein wenig über die Enstehungsgeschichte von Oakheart…

Jakob (Drums): Angefangen hat es wie bei wahrscheinlich den meisten Musikern: Eine Gruppe gelangweilter Teenager mit Vorliebe für Lärm und fraglichen Fähigkeiten an Instrumenten hat sich entschieden, eine Band zu gründen. Das war zwar noch nicht Oakheart, aber zumindest die erste gemeinsame Band von mir und Martin. Es gab dann über die Jahre ein wildes Hin und Her, was die Besetzung anging, und 2015 oder 2016 ist das Ganze dann komplett auseinandergefallen. Da wir zwei uns trotz allem immer noch riechen konnten, haben wir einfach nach neuen Leuten für ein neues Projekt gesucht.

Neben vielem, was nicht passte, kam dann irgendwann Lars in unseren Raum – und es hat auf Anhieb funktioniert. Man hat sich musikalisch verstanden und war mit den Ambitionen auf einer Wellenlänge. Nachdem wir dann auch David und unsere ehemalige Sängerin an Bord hatten, hat sich Martin einmal viel zu tief in zahlreiche Flaschen Bacardi Oakheart geschaut – und auf einmal gab’s zu der Truppe auch einen Namen.

Abgesehen von Martin und mir hat aus den Anfängen von 2009 noch eine weitere Sache die Zeit überlebt. Denn die erste Version von "Rest In Pieces" wurde von der ursprünglichen Band geschrieben und durch jede Besetzung die wir hatten immer wieder aufgenommen.

Serdar, du klingst auf Bloodstream, als würdest du morgens Dämonen gurgeln und abends mit Engeln Duette singen. Wie viele Persönlichkeiten wohnen eigentlich in deinem Kehlkopf?

Serdar (Vocals): Boah! Wir zählen das mittlerweile nicht mehr, aber das Ziel ist immer mehr Persönlichkeiten zu finden und einzubauen. Der moderne Deathcore hat uns Extreme Vokalisten dank aller Arten von Tierimitationen zu diesem Punkt gebracht, haha. Aber das passt ja bei Metal einfach so, die Grenzen müssen immer wieder angefochten und ausgedehnt werden. Nur so macht es Spaß! Bei uns liegt die Challenge ja daran, wie viele unterschiedliche Einflüsse wir in unsere Musik einbauen können. Mit meinem Geschmack zwischen Pop Rock und Depressive Black Metal versuche ich so viel einzubauen, wie ich körperlich kann.

Eine Persönlichkeit muss ich aber erwähnen, welche direkt die Jungs in unser Band einfällt: bei meine Warm-Ups sagen die immer, dass ich eine Kaffeemaschine sei, also hier ist der Kaffee: “GOOD MORNİNG MOTHERFUCKERs!”

Good Morning Motherfucker – ehrliche Frage: Weckerton oder Therapie? Und wie haben eure Nachbarn auf die ersten Demos reagiert?

Jakob (Drums): Als David uns seine Idee zum Song vorgestellt hat, waren wir ehrlich gesagt erstmal skeptisch. Es war nicht schlecht, aber es klang einfach zu sehr nach Jazz und zu wenig nach Metal. Trotzdem haben wir gemacht, was wir am besten können: viel zu lange an jedem Teil des Songs herumprobieren, bis etwas richtig Gutes dabei herauskommt. Irgendwann kam dann die „Doom-Bridge“ dazu, und spätestens als unser ehemaliger Sänger Simon mit dem Text um die Ecke kam, waren wir alle überzeugt. 

Lars (Gitarre): Für mich ist der Song eine Art Selbsttherapie – ein musikalischer Befreiungsschlag mit ordentlich Wumms! Ich konnte im Song meine dezente Liebe zum Thrashmetal einbringen, was dem Ganzen ordentlich Tempo und Schärfe verliehen hat. Und ganz ehrlich: Für alle, denen ein Espresso mit stehendem Löffel am Morgen nicht reicht, ist „Good Morning Motherfucker“ genau das Richtige.

Euer Opener Oakheart wirkt wie ein sakraler Rave mit Todesabsicht. Wer kam auf die Idee, Techno-Elemente mit Growls zu paaren – und warum ist das so gut gelungen?

Serdar (Vocals): Hinter dem Growl war kein tieferer Gedanke. Bei den Übergängen liebe ich es immer mit etwas übertriebenen Screams oder Growls zu arbeiten und ich habe irgendwann in der Probe in dem Teil so gegrowlt, was bei uns immer Live und jetzt auch auf der Platte geblieben ist. 

David (Gitarre): Die Grundlage für diesen Sound kam eigentlich von mir. Ich hatte damals auf einem Grindfuckers Konzert Lars und Jakob den Song über mein Handy mal gezeigt, woraufhin dann Jakob meinte: "Schreib das mal auf und stell das in der Probe vor!" 

Ich hatte mit extremen Downsampling-Gitarren experimentiert, die dann so klangen, als wären sie Synths. Daraus hat sich dieses technoide Ballern entwickelt. Als Serdar dann mit seiner brachialen Lunge drübergerollt ist, hat es bei uns allen sofort Klick gemacht. Es war nicht geplant, aber genau deshalb so gut – weil es aus dem Moment heraus entstanden ist.

Die progressiven Einschübe auf dem Album sind spannend, aber manchmal auch... sagen wir: ambitioniert. Gab es Momente im Songwriting, wo ihr dachtet: „Okay, jetzt haben wir’s übertrieben?“

Lars (Gitarre): Wir streiten uns ehrlich gesagt über alles – nicht nur über digitale Elemente wie Sampler oder elektronische Sounds, sondern auch über ruhige Parts, Songstrukturen und generell jede kreative Entscheidung. Aber genau das ist Teil unseres Prozesses. Es ist manchmal anstrengend, aber am Ende bringt uns dieser Reibungspunkt weiter. Wir wollen nicht einfach nur Songs schreiben, sondern etwas erschaffen, das uns alle herausfordert – und das hört man auch.

Jakob (Drums): Ich hab schon so viele Drumlines geschrieben, bei denen ich dachte: „Klingt cool, kannste aber nich spielen.“ Und dann bleibt sie trotzdem drin. Es dauert manchmal, bis es klappt, aber genau das ist unser Ding: Wir wachsen mit jedem Song. Wir machen keine Popmusik mit Strophe-Refrain-Schema. Uns geht’s um Abwechslung, auch innerhalb eines Songs. Und wenn ich ehrlich bin: Den Ablauf von „Surprise Of Life“ vermassel ich auch nach Jahren noch regelmäßig – aber das gehört dazu.

David (Gitarre): ...wir sind so Prog - wir spielen Intros für unsere Intros!

Ihr wohnt nicht alle in Berlin – merkt man das im Proberaum eher durch Reibung oder Vielfalt? Und wer bringt eigentlich die wildesten Ideen mit?

AlleDAVID! NuMetal !

Martin (Bass): Wir haben schon immer sehr viel Online und eher weniger im Proberaum unsere Songs geschrieben, daher hat sich das Songwriting durch den Umzug von mir nach Dresden und David in den Westen nicht wirklich geändert.


Wenn man euch stilistisch einordnen will, landet man schnell bei: Melodic Death, Prog, Metalcore, Thrash, Modern, Nu... Habt ihr einfach keine Genre-Treue oder ist das musikalischer Polyamorie?

Jakob (Drums): Das kommt im Kern von unseren unterschiedlichen Geschmäcken. Lars ist sehr thrashig unterwegs, Sid redet meist über Melo Death, Martin liegt die Folk und Metalcore Szene sehr am Herzen. Und über Davids Musikgeschmack reden wir am besten nicht.

So bringt aber jeder eigene Vorlieben mit die wir dann vereinen. Es gibt dann kein "Das ist aber nicht trve" oder so. Wenns gefällt dann gefällt es. Und nen Genre kann sich dann jemand anders dafür ausdenken.

Martin (Bass): Ich bin wohl in der Band derjenige der am schlechtesten ist, wenn es um die Einordnung von Genres geht, für mich ist das ganz einfach - Ich mag Musik.

Ihr organisiert die UNHOLY ALLIANCE Shows in Berlin. Was ist euer persönliches Booking-Traumpaket für die nächste Ausgabe – inklusive Band, Snackstand und Motto?

Lars (Gitarre): Grundsätzlich ist es eine ähnliche Idee wie in unser Musik, im Booking Subgrenres zu mischen, die sich sonst nicht wirklich treffen, obwohl sie sich stark überschneiden. Also natürlich wirds jetzt nicht so sein, dass wir ne Oldschool Heavy Metal Band mit einer extremen Slam Truppe paaren werden, aber mal im ernst: Thrash + Hardcore; Metalcore + Modern Metal; Death + Deathcore;… die Liste ist lang und teilweise überschneiden sich mehr als ein Genre miteinander. Wenn wir die Szene weiter bringen wollen müssen wir die Scheuklappen abnehmen und vorurteile wie "ieeh diese Coreidioten", "boah diese alt herren musik" oder "ist doch nicht trve" abbauen. Metal ist Metal…und wenns knallt ists geil! 

Bei den Traumpaketen wird es so crazy wie unsere persönlichen vorlieben denke ich. Mein Paket wäre: Dying Wish + Cattle Decapitation, dazu nen Stand mit Koffein Snacks jeder art und mit dem Motto: “ist dein Puls unter 120 bist du hier falsch”

Jakob (Drums): Ich kann es nicht erwarten irgendwann das "Unholy Alliance Open Air" ankündigen zu können. Dabei habe ich garnichtmal bestimmte Bands im Sinn. Es würde mich einfach verdammt Stolz machen. Eine Voraussetzung gäbe es aber dennoch von mir, mein Motto: “Kein Becks!”

Martin (Bass): Traumlineup: Callejon, Trivium, Feuerschwanz und Ensiferum.

David (Gitarre): Ich hätte gerne was, das man hier nicht so häufig sieht wie z. B. Rigor Mortis aus Afghanistan und Paledusk aus Japan. Aber mein absoluter Traum wäre natürlich der Support für Sleep Token auf unserem Konzert zu sein. Abgesehen davon könnte IKEA gerne mal für Hotdogs auf uns zukommen. Motto: “Meddl Leude!”

Serdar (Vocals): Ich muss zugeben, dass ich schon immer von der Gothenburg Scene beeinflusst war, seit ich angefangen habe, härtere Musik zu hören. Also, muss ich damit anfangen. Könnten wir vielleicht The Haunted bekommen? Das wäre ja unglaublich. Wenn es ein Berliner Wintertag ist, dann passt Psychonaut 4 noch in die Dunkelheit. Und Ne Obliviscaris fällt mir dabei ein, um die Intensität perfekt zu treffen und die Nacht doch noch aufzulösen.

Hand aufs Herz: Wenn ihr eine Deluxe-Edition von Bloodstream pressen müsstet – was wäre als Bonus drauf? Eine akustische Version? Ein Hörspiel? Oder Serdars Gute-Nacht-Growls?

Martin (Bass): Ich würde denken, unsere Digimon Metal Version (vielleicht etwas ausgefeilter) und Akustikversionen von Spirit Of The Ocean und Fractures.

Serdar (Vocals): Für Gute-Nacht-Growls kann ich meine Nummer als Hotline teilen (lacht)

Abschließend: Was wollt ihr Leuten sagen, die behaupten, Metal sei zu ernst, zu laut oder nicht tanzbar? (Bitte in maximal einem Breakdown antworten.)

Da können wir nur eine alte Folge der Heavy Metal Maniacs zitieren: "Wir sagen dir ja auch nicht, dass du deinen Metal leiser drehen sollst." Jeder mag seine eigene Musik und soll sie so genießen wie es am besten passt. Und wenn das heißt, dass Lars und Jakob betrunken zu Iron Maidens "Bloodbrothers" einen Walzer auf Parkett legen, dann ist das so. 

Für uns ist Metal was man draus macht. Tanzen, Pogen, Moshen, Polonaise durch den Innenhof (looking at you grindfuckers). Aber eben auch Gefühlsverarbeitung und Outlet. Es ist alles, aber nie "zu irgendwas". Metal ist alles.

Und wenn ihr nach diesem Gespräch immer noch glaubt, Metal sei keine Kunstform mit Humor, Tiefgang und der Fähigkeit, euch morgens effektiver zu wecken als jede italienische Espressomaschine – dann hört einfach nochmal Good Morning Motherfucker. In Dauerschleife. Ohne Snooze-Taste.




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