UNLEASHED – Fire upon your Lands (2025)
(9.732) Olaf (9,3/10) Death Metal

Label: Napalm Records
VÖ: 15.08.2025
Stil: Death Metal
Es gibt Bands, die man seit Jahrzehnten kennt wie einen alten Nachbarn: Man grüßt sich, weiß, was man bekommt, und ist selten wirklich überrascht. Unleashed waren für mich lange genau so ein Fall – solide, traditionsbewusst, nie enttäuschend, aber eben auch selten die, die mit wehenden Bannern die Schlacht anführten. In der Rangliste der schwedischen Death-Metal-Veteranen liefen sie immer in der Kategorie „Ja, sie sind da, sie sind gut, aber nicht so überragend wie die Kollegen“.
Umso mehr hat mich Fire upon your Lands erwischt wie ein perfekt gezielter Schildschlag in die Rippen. Schon nach wenigen Takten von Left for Dead war klar: Hier sind nicht nur die üblichen Runen in Stein gemeißelt – hier brennt der ganze verdammte Langsaal. Das Album klingt so klar, druckvoll und zugleich roh, dass es fast unverschämt ist. Es knallt, schiebt und wuchtet, als hätten Hedlund und seine Gefolgschaft eine Verjüngungskur durchlaufen, die irgendwo zwischen göttlichem Segen und Schmiedehammer liegt.
35 Jahre im Geschäft, 15 Studioalben – und immer noch das gleiche, unerschütterliche Fundament: Midgard, Asgard, Odin, Thor, Schlachten, Ehre, Blut und Met. Das klingt für Außenstehende nach stumpfer Wiederholung, für Fans nach einer nie versiegenden Saga. Das Konzept um Odalheim, die fiktive postapokalyptische Welt der Band, wird weitergeführt, als hätte Jonny Hedlund den Geschichtsschreiber von Asgard persönlich in den Proberaum eingeladen.
Schon der Opener Left for Dead ist mehr als nur ein Warmmacher. Der Text – eine düstere Erzählung vom gefangenen Sohn des „White Christ“, der zwischen Himmel und Vergessen taumelt – wird in typisch bissigen Growls vorgetragen. Zeilen wie „Will his soul ascend into the heavens as prayers end?“ lassen sich nicht nur als Wikinger-Lore, sondern auch als bitterer Kommentar über Gnade und Vergeltung lesen.
Mitsing-Parts? Unleashed liefern sie hier am Fließband. Die obligatorischen Uuuh-Schreie, die jede Halle in einen Wikingerhort verwandeln, sind ebenso Pflicht wie die mächtigen Refrains, die dich sofort an den Hörnerhelm greifen lassen. Allen voran Hold your Hammers High! – ein Song, der so hymnisch ist, dass er in die DNA der Band geschrieben gehört. Mit seinen treibenden Rhythmen und dem unmissverständlichen Aufruf an die „Warriors of Midgard“ gehört er für mich zu den stärksten Kompositionen, die Hedlund je verfasst hat.
Aber auch das Titelstück Fire upon your Lands ist ein Statement. Schon der erste Schlag klingt wie eine brennende Festung, die von innen heraus kollabiert. „It is your day of doom – you shall all be slain!“ – keine große Poesie, dafür pures Kriegsgeheul. Die Gitarren schrauben sich wie Katapultgeschosse in den Hörer, und das Schlagzeug hämmert in einem Tempo, das selbst den standhaftesten Schildträger aus der Formation reißt.
Wer es im typischen Unleashed Uffta-Uffta Sound mag, findet in To My Only Son ein Herzstück, das die reguläre Seite von Unleashed zeigt. Hier spricht der sterbende Vater zu seinem Sohn, mahnt zu Mut und Entschlossenheit. In seiner Mischung aus Pathos und nordischer Kälte erinnert der Song daran, dass diese Band nicht nur Schlachtenlärm kann, sondern auch den epischen Atem langer Sagen.
Ich bin überrascht, wie frisch und vital Unleashed hier klingen. Der Sound ist messerscharf, jedes Riff sitzt wie ein Axtschlag ins Ziel. Die Drums drücken, ohne zu übersteuern, der Bass grollt, ohne zu matschen, und die Vocals sind so präsent, dass man Hedlunds Bartstoppeln fast hören kann. Der Mix fängt die rohe Energie der Band ein, ohne den epischen Unterbau zu opfern – und genau das macht dieses Album zur besten Produktion, die ich seit Jahren von ihnen gehört habe.

Ja, es ist wieder viel Odin, Thor, Midgard – so vorhersehbar wie das Ende eines Edda-Kapitels. Aber das ist keine Schwäche, sondern ein Markenzeichen. Unleashed wissen, dass ihre Fans genau das wollen: wuchtige Schlachten, Heldenmut und eine gehörige Portion mythologischen Größenwahns. Der Unterschied ist: Diesmal ist alles noch etwas griffiger, noch druckvoller, noch mehr auf den Punkt.
Fire upon your Lands ist für mich das stärkste Unleashed-Album seit vielen Jahren. Die Band klingt nicht nur lebendig – sie klingt hungrig, kampfbereit und spielfreudig wie lange nicht. Hedlund führt seine Truppe mit der Routine eines erfahrenen Jarls, aber auch mit dem Feuer eines jungen Berserkers. Wer die Band bisher als „solide, aber unspektakulär“ abgeheftet hat, sollte dieses Album auflegen und sich eines Besseren belehren lassen. Und ja – ich bin wirklich begeistert, wie frisch das alles wirkt.
Anspieltipps:
🔥Hold your Hammers High!
💀War Comes Again
🎸To My Only Son
Bewertung: 9,3 von 10 Punkten
TRACKLIST
01. Left for Dead
02. A Toast to the Fallen
03. The Road to Haifa Pier
04. War comes again
05. Fire upon your Lands
06. Loyal to the End
07. Midjardarhaf
08. Hail to the Varangians!
09. To my only Son
10. Hold your Hammer high!
11. Unknown Flag