BULLET - Kickstarter (2025)
(10.010) Olaf (9,0/10) Heavy Metal
Label: Steamhammer
VÖ: 09.01.2026
Stil: Heavy Metal
Ein Konzertabend irgendwo in Schweden: BULLET haben gerade die Bühne in Schutt und Asche gelegt, die Menge tobt – doch draußen hustet ihr alter Tourbus ein letztes Mal und der Motor verabschiedet sich mit einem lauten Knall. Was tun? Die meisten Bands würden den Pannendienst rufen. BULLET hingegen krempeln die Ärmel hoch. Mit ölverschmierten Händen und schweißglänzenden Stirnen machen sie die klapprige Kiste eigenhändig wieder flott. Genau so muss man sich diese Band vorstellen: kompromisslos, pragmatisch und durch und durch Heavy Metal. Fast ein Vierteljahrhundert nach ihrer Gründung ist diese unverwüstliche DIY-Mentalität lebendiger denn je – und auf Kickstarter, dem neuen Album der Schweden, hört man das in jeder Note.
So war es eigentlich schon immer. Gegründet im Jahr 2001 mit der Mission, den von spät-70er und früh-80er Jahre inspirierten Metal zu spielen, haben BULLET früh klargemacht, dass sie den Spirit jener Ära nicht nur musikalisch, sondern auch optisch mit jeder Faser leben. Die Einflüsse von AC/DC bis Judas Priest sind unüberhörbar, doch BULLET kopieren nicht bloß ihre Helden – sie zelebrieren sie mit eigenem Charakter. Ob röhrende Marshall-Verstärker, Nietenarmbänder, altmodische Oberlippenbärte oder akkurat geföhnte Vokuhila-Mähnen: bei BULLET ist jedes Detail ein Statement und kein Klischee zu heilig, um es nicht mit ehrlichem Enthusiasmus auszuleben. Schon ihr erstes Demo trug 2002 den programmatischen Titel Heavy Metal Highway – mehr braucht man eigentlich nicht zu wissen.
Der Weg der Band verlief dann ähnlich gradlinig wie ihre Musik. Mit dem Debüt Heading for the Top (2006) und dem Nachfolger Bite the Bullet (2008) erspielten sich BULLET eine treue Fangemeinde, die ihre kompromisslose Old-School-Attitüde zu schätzen wusste. Der Lohn: 2009 durften die Jungs aus Växjö als Anheizer für AC/DC im Göteborger Ullevi-Stadion ran – einem besseren Ritterschlag kann man sich in diesem Genre kaum nähern. Es folgten Tourneen mit Sabaton, HammerFall, und Co., sowie schweißtreibende Festivalshows von Wacken bis Japan. Trotz des wachsenden Erfolgs blieb die Band herrlich bodenständig. Als nach dem ersten Album Bassist Lenny Blade ausstieg und Ersatzmann Adam Hector zerknirscht zugab, noch nie zuvor Bass gespielt zu haben, reagierte Gitarrist Hampus Klang mit stoischer Gelassenheit: sinngemäß meinte er, bei BULLET könne notfalls jeder Depp den Bass zupfen. Die Botschaft dahinter: Wichtiger als technische Perfektion sind Teamgeist und Leidenschaft – und genau davon haben BULLET reichlich.
Nun schreiben wir Anfang 2026, über sieben Jahre nach dem letzten Studioalbum Dust To Gold. Eine globale Pandemie und ein zwischenzeitliches Live-Album (Live, 2019) später meldet sich der Fünfer endlich mit frischem Material zurück. Kickstarter heißt das gute Stück – und der Name ist Programm: Die Platte gibt der beinahe 25-jährigen Bandkarriere den titelgebenden Tritt in den Motor. Die erzwungene Pause hat BULLET hörbar nur noch hungriger gemacht. Elf neue Songs stehen in den Startlöchern, um zu beweisen, dass diese Truppe noch lange nicht zum alten Eisen gehört.
Musikalisch knüpfen BULLET genau dort an, wo sie aufgehört haben – vielleicht sogar mit noch mehr Oktan im Tank. Schon der Opener und Titeltrack Kickstarter legt los, als hätte jemand einen riesigen V8-Motor angeworfen: Ein kurzer Count-in auf der Snare, dann fräst ein Bulldozer-Riff los, und Dag “Hell” Hofers markige Reibeisen-Stimme kreischt sich ins Gefecht. Spätestens im Refrain möchte man unwillkürlich die Faust in die Luft recken und mitbrüllen. Hier wird nicht lange gefackelt – Kickstarter ist Heavy Metal in Reinkultur, direkt, laut und mitreißend. Kurz gesagt: Kickstarter ist ein Album wie ein frisch getunter Tourbus – laut, dreckig und jederzeit startklar für die nächste Etappe.
Doch BULLET wären nicht BULLET, wenn sie nur auf Teufel komm raus durchs Gelände brettern würden. Keep Rolling zum Beispiel nimmt das Tempo heraus, ohne an Power einzubüßen. In schleppendem, schwer groovendem Midtempo erzählt die Band mit einem Augenzwinkern die Saga ihres geliebten Tourbusses, der vom Wrack am Straßenrand zum „Metal-Monster“ mit neuem Herz aus Stahl aufersteht. Die dunkle, fast stürmische Stimmung des Songs verleiht dem typisch rockigen Sound der Schweden eine neue Facette. Man spürt, dass Keep Rolling der Band viel bedeutet – diese fünf Minuten voller schwerer Riffs und epischem Refrain gehören zu den packendsten Momenten der Platte.
Dann schalten BULLET wieder hoch: Chained By Metal ist der vielleicht schnellste Track, ein hochoktaniger Tribut an ihre treuen Fans (die „Bullet Bastards“). Hier jagt ein messerscharfes Riff das nächste, das Tempo ist mordsmäßig und der Chorus so eingängig wie stahlhart – einmal gehört, und man ist unweigerlich angekettet ans metallische Klanguniversum. Überhaupt bietet Kickstarter innerhalb seiner stilistischen Grenzen erfreulich viel Abwechslung.
Von stampfenden Rock’n’Roll-Brechern à la Hit The Road bis zu adrenalintreibenden Speed-Attacken (Full Throttle macht seinem Namen alle Ehre) decken BULLET die gesamte Palette ab, die ein Headbanger-Herz begehrt. Die Gitarren duellieren sich in twin-lead-Harmonien und sägenden Rhythmen, das Schlagzeug treibt wie ein kräftiger Motor, und über allem thront Dag Hofers kehlige, charismatische Stimme, die immer noch klingt, als würde Bon Scott einen Drink mit Udo Dirkschneider kippen. Die Produktion passt dazu wie die Faust aufs Auge: druckvoll und klar, aber dennoch roh genug, um den Live-Spirit nicht zu verlieren. Jeder Ton klingt, als stünde man mit der Band in einer öligen Garagenhalle – genauso muss es sein.
BULLET zünden mit Kickstarter kein revolutionäres Feuerwerk, aber das erwarten wir auch gar nicht. Statt neue Trends zu jagen, setzen sie auf ihr bewährtes Erfolgsrezept – und liefern damit eine Scheibe ab, die vor Spielfreude, Hingabe und augenzwinkernder Klischee-Liebe nur so strotzt. Wer Innovationen sucht, mag woanders fündig werden. Wer jedoch seit jeher ein Faible für schnörkellosen, spaßgeladenen Heavy Metal hat, wird Kickstarter lieben wie das Wiedersehen mit einem alten Freund. BULLET beweisen eindrucksvoll, dass Stillstand nicht ihr Ding ist: Sie haben den Motor nicht nur repariert, sie haben ihn frisiert. Die nächste Etappe der Heavy-Metal-Reise kann kommen – Kickstarter läuft heiß und die Maschine brüllt vor Freude!
Anspieltipps:
💀Kickstarter
🎸Keep Rolling
🔥Chained By Metal
Bewertung: 9,0 von 10 Punkten
TRACKLIST
01. Kickstarter
02. Cuaght in the Action
03. Open Fire
04. Keep rolling
05. Hit the Road
06. Avenger
07. Chained by Metal
08. Spitfire
09. Full Throttle
10. Strike at Night
11. Night falls down

