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Mikes metallische Mottenkiste Vol.16: ELIXIR
Herr Godau wühlt sich durch den Untergrund

Heute habe ich mir mal eine Gruppe vorgenommen, die eigentlich gar nicht mal so unerfolgreich war und die, wenn sie denn aktiv war, ordentlich Furore gemacht hat. Dennoch dürfte sie einigen, besonders den Jüngeren, nicht so bekannt sein.
Im Jahre 1983 gründeten Steve Bentley, Kevin Dobbs, Nigel Dobbs und Phil Denton eine Band, die später unter dem Namen ELIXIR Teil der New Wave of British Heavy Metal wurde. Die Gruppe begann sofort mit Proben und Songwriting und absolvierte erste Auftritte, damals noch unter den Namen PURGATORY bzw. HELLFIRE. Da der Bezug zu Hölle und Fegefeuer damals schon ziemlich überhandnahm, wollte sich die Band einen neuen Monicker zulegen. Der Legende nach hat Bentley mit geschlossenen Augen blind ein Wörterbuch aufgeschlagen und stieß auf den Namen: ELIXIR.
Die Band suchte jemanden, der die Position am Mikrofon dauerhaft übernahm, und holte sich die Sängerin Sally Pike ins Boot. Nach einem Vier-Track-Demo, welches allerdings ziemlich unterging, sowie zwei Livegigs verließ Sally die Band allerdings wieder. Ihren Platz übernahm Paul Taylor. Mit diesem nahm die Band ein weiteres Demo auf, nach welchem auch Steve Bentley die Formation verließ. Dessen Posten übernahm Gordon Norman. In dieser Besetzung spielte die Band auch im Vorprogramm von TOKYO BLADE.

Aufgrund der Nachfrage nach dem Demo veröffentlichte die Band im Jahre 1985 eine Single unter dem Titel „Treachery (Ride Like The Wind)“, welche von der Presse gut aufgenommen wurde. Niemand Geringerer als Ronnie James Dio rezensierte den Scheibling und verlieh ihm die Wertung Daumen hoch. Kein schlechter Erfolg für eine Eigenproduktion, denn „Treachery (Ride Like The Wind)“ erschien über ein Label namens Elixir Records… Daraufhin steigerte sich der Bekanntheitsgrad von ELIXIR und die Band bespielte immer größere Bühnen.
Auf demselben Label, also ebenfalls wohl in Eigenregie, kam 1986 das Debütalbum „The Son Of Odin“ heraus, welches ebenfalls für gute bis enthusiastische Resonanzen sorgte. Die BBC lud die Band ein, um für die Friday Rock Show vier Songs einzuspielen. ELIXIR drehten daraufhin auch einige Promovideos und promoteten das Album live. Die Scheibe verkaufte sich gut und noch im Jahre 2005 reihte das Terrorizer Magazin „The Son Of Odin“ in die Phalanx der 20 besten Power-Metal-Alben ein.
Man soll ja nicht abergläubisch sein, aber Freitag, der 13. 1987 erwies sich als Unglückstag für ELIXIR. Nach einem, wie es heißt, desaströsen Tag und einem ebensolchen Gig verließ Kevin Dobbs die Band. Nigel Dobbs folgte ihm bald darauf. Ein neuer Bassist war mit Mark White schnell gefunden, nur die Suche nach einem Drummer erwies sich als nicht so schnell erfolgreich. Letztlich wurde die Sache prekär, denn 1988 erhielt die Band die Möglichkeit, ihr zweites Album einzuspielen. Da Sony Records damals schon eine große Nummer war, wollten sich ELIXIR das nicht durch die Lappen gehen lassen und holten sich für die Studioaufnahmen den Ex-IRON-MAIDEN-Drummer Clive Burr ins Boot. Der spielte auch mit der Band zusammen einen Live-Gig.
Nach den Aufnahmen tourte die Band durch Großbritannien und spielte dabei die Songs des zweiten Albums. Da Burr nicht für eine feste Bandmitgliedschaft zur Verfügung stand, enterte Stevie Hughes den Hocker hinter der Schießbude. Doch im Herbst 1989 verließ auch Phil Denton die Band, da sein erster Sohn unterwegs war und er wohl die Tätigkeit als ständig umherreisender Musiker mit der als Familienvater als unvereinbar sah. Er wurde für einige Shows von Leon Lawson ersetzt, bevor ELIXIR daraufhin jegliche Liveaktivitäten auf Eis legten. Doch was anderen Bands das Genick gebrochen hätte, rüttelte kein bisschen am steigenden Erfolg der Band.
Das zweite Album wurde 1990 von Sonic Records veröffentlicht. Die Scheibe hätte eigentlich „Sovereign Remedy“ heißen sollen, doch das Label entschied, es unter dem Titel „Lethal Potion“ zu veröffentlichen. Die Scheibe war ebenfalls sehr erfolgreich und stellt auch heute noch einen Meilenstein des NWOBHM dar, jedoch wurde es um die Band, was Auftritte anging, äußerst still. Für elf Jahre, um genau zu sein.

Doch 2001 kehrte die Band zurück – und das auch noch in der altbekannten Besetzung: Paul Taylor (v.), Phil Denton und Norman Gordon an den Gitarren, Kevin Dobbs am Bass und Nigel Dobbs am Schlagzeug. Der Grund war, dass auf Norman Gordons 40. Geburtstag die alten Bandmitglieder die Bühne enterten und „Treachery (Ride Like The Wind)“ zockten. Das machte der Band so viel Spaß, dass sie beschlossen, doch noch ein drittes Album aufzunehmen. Schon 2003 stand die LP in den Regalen. „The Idol“ enthielt Songs, welche die Band schon in den Achtzigern geschrieben hatte und die es bisher nicht zu Aufnahmeehren gebracht hatten. Wer nun glaubt, es handle sich hier um eine Mischung aus der Restekiste, irrt gewaltig. „The Idol“, welches über Cold Town Records erschien und vom Terrorizer-Magazin zum besten britischen Metal-Album 2003 gekürt wurde, erlangte recht schnell Popularität. Auf dieser Welle ritten ELIXIR und tourten u. a. durch Griechenland, Deutschland und die USA – beim Heavy Metal Assault Festival in Athen sogar als Headliner.
2004 wurde dann das Album „Lethal Potion“ unter seinem ursprünglichen Titel „Sovereign Remedy“ wiederveröffentlicht. Der Rerelease enthielt alle Songs des Zweitlings im Original-Mix, allerdings mit einem anderen Cover-Artwork. Im selben Jahr landeten ELIXIR auf dem – na, wo wohl? – Keep It True Festival und auch auf dem Headbangers Festival.
Im März 2006 unterzeichnen ELIXIR einen Plattenvertrag mit Majestic Rock, über welches das vierte Album der Band unter dem Titel „Mindcreeper“ erschien. Das Label veröffentlichte auch Rereleases von „The Son of Odin“, „Sovereign Remedy“ und „The Idol“.
Im Februar 2007 treten ELIXIR auf dem 50. Geburtstag von Clive Burr auf. Paul Di’Anno enterte die Bühne, um mit ELIXIR den MAIDEN-Klassiker „Running Free“ zu zocken. Das von der Band ins Leben gerufene und organisierte British Steel Festival ging auch in die zweite Runde. Sechsmal, von 2006 bis 2012, fand dieses Festival statt und bot ausschließlich Bands der NWOBHM eine Bühne.

Bis Januar 2010 ist die Gruppe mit Touren und Festivalauftritten beschäftigt, bevor sie ins Studio geht, um dort das fünfte Album „All Hallow’s Eve“ aufzunehmen, welches im Oktober veröffentlicht wird, diesmal wieder über Cold Town Records. ELIXIR betourten die neue Scheibe bis zum Sommer 2012, wo sie ihre offizielle Auflösung bekanntgaben. Paul Taylor und Phil Denton gründen daraufhin die Band MIDNIGHT MESSIAH, mit der sie zwei Alben, „The Root Of All Evil“ 2013 und „Led Into Temptation“ 2017, veröffentlichen.
Doch oft kommen die Totgesagten wieder. Und so hatte Phil Denton 2018 neues Material geschrieben, welches für ein neues ELIXIR-Album passend schien. Und so fragte er seine alten Mitstreiter, ob sie wohl Bock hätten, noch einmal eine weitere ELIXIR-Scheibe zusammenzubrauen. Bis auf Kevin Dobbs, der ablehnte, waren alle einverstanden. Den Bass übernahm Luke Fabian, mit dem auch das 2020er Album „Voyage Of The Eagle“ aufgenommen wurde. Dieses erschien am 6. März über Dissonance Productions.
Einen Tag später kehrte Kevin Dobbs für einen Gig zurück. Da spielten ELIXIR auf dem Burr Fest, der erste Auftritt der Band seit 2012. Dies war eine Benefizveranstaltung zugunsten von MS-Patienten. Der Name leitet sich von Clive Burr ab, der 2013 an den Folgen seiner MS-Erkrankung verstorben war.
2024, genauer gesagt im Juni, gab Phil Denton bekannt, ELIXIR endgültig zu verlassen. Das Ende des britischen NWOBHM-Urgesteins ist aber wohl dennoch nicht besiegelt, denn schon im März 2025 gaben ELIXIR bekannt, Vinnie Konrad (u. a. PAGAN ALTAR und THUNDERSTICK) als zweiten Gitarristen gewonnen zu haben.
Das Kapitel ELIXIR ist also wohl noch nicht vollends abgeschlossen. Doch wenn, hat uns die Band eine Menge grandioser Alben hinterlassen, die zwar immer irgendwie hinter den Giganten wie IRON MAIDEN, SAXON oder JUDAS PRIEST zurückstanden, aber immer mit solider und gleichbleibend starker Musik brillierten, viele Fans begeisterten – und vielleicht noch begeistern.
Vielleicht lag es an den Veröffentlichungsdaten, dass die Gruppe nicht mit den Großen gleichziehen konnte. Das Debüt erschien 1986, als schon der Thrash Metal in den Fokus der Fans gerückt war, das zweite Album kam 1990 heraus, als der Death Metal aufstieg. Und „The Idol“ und „Mindcreeper“ erblickten das Licht der Welt zu einer Zeit, in der einige Leute den traditionellen Metal totreden und durch Grunge und Nu Metal ersetzen wollten. Aber ELIXIR ließen sich nicht unterkriegen. Und wenn ich mit diesem Geschreibsel bei dem einen oder anderen, der die Band bisher nicht auf dem Schirm hatte, Interesse geweckt habe, war die Arbeit nicht umsonst.
