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Q&A - Das Interview: PRIMAL FEAR
Einfach mal die Fresse halten!

Mat Sinner ist nicht nur Gründungsmitglied, Bassist und treibende Kraft von und hinter Primal Fear, sondern auch so etwas wie der Fels in der Brandung des deutschen Heavy Metals. Trotz gesundheitlicher Rückschläge, Line-Up-Wechsel und digitaler Pöbelkultur bleibt er ein Mann klarer Worte und ungebrochener Leidenschaft für das, was zählt: ehrliche, kraftvolle Musik. Pünktlich zum neuen Album Domination und der anstehenden Tour bot sich endlich mal die Gelegenheit, mit ihm zu sprechen – über Hitze, Hymnen und hässliche Kommentare, über Zukunftspläne und das wohl stärkste Album seit Unbreakable.
Die wichtigste Frage zu Beginn: Habt ihr die Hitzeschlacht vom Mittwoch beim Rock Harz einigermaßen unbeschadet überstanden? Das war ja eher ein Sauna-Festival…
Die Stunde danach war... sagen wir mal: sportlich. Eiswürfel in rauen Mengen, Tauchgänge im Eiswasser – das volle Programm. Ja, irgendwann ging’s dann auch wieder, aber ganz ehrlich: Ob das noch im Bereich des medizinisch Vertretbaren lag, wage ich zu bezweifeln (lacht).
Mat, schön, dass du dir Zeit nimmst. Wie geht’s dir aktuell – sowohl körperlich als auch mental? Du hattest ja eine ziemlich harte Zeit hinter dir.
Mental? Siehst du – ich lache! Und das ist doch schon mal ein gutes Zeichen, oder? Gesundheitlich ging’s im vergangenen Jahr stetig bergauf. Es war ein langer Weg, aber es wurde besser – Schritt für Schritt. In meiner tiefsten Phase hatte ich einen ganz einfachen, fast schon kindlich naiven Wunsch: Ich wollte einfach nur noch einmal auf die Bühne. Nur ein einziges Mal. Einen Gig spielen, das wär’s gewesen. Und jetzt? Jetzt habe ich bereits den zweiten hinter mir – und da kommen ja noch ein paar dazu. Wer hätte das gedacht?
„Domination“ – für mich persönlich euer stärkstes Album seit Unbreakable. Hat sich das für euch intern auch wie eine Frischzellenkur oder gar wie ein Befreiungsschlag angefühlt?
Ich würde jetzt nicht unbedingt von einem Befreiungsschlag sprechen. Einige der Songs hatten wir bereits in der Pipeline, die wurden sogar noch geschrieben, als die Bandbesetzung eine andere war. Nach dem kleinen „Clash“ – nennen wir es diplomatisch so – ging's natürlich weiter mit dem Songwriting. Aber von einem Befreiungsschlag war intern eigentlich nie die Rede. Wir haben das Album im Prinzip so angegangen, wie wir das immer tun: mit Fokus, Leidenschaft und einem gewissen Maß an Routine.
Der große Unterschied diesmal war eher die Atmosphäre: Die Stimmung in der Band ist derzeit unglaublich kreativ, harmonisch und – man glaubt es kaum – sogar ein bisschen enthusiastisch. Das tut uns allen unheimlich gut. Und ich denke, genau das spürt man auch in den Songs. Oder fühlt es, je nachdem, wie empfänglich man dafür ist.
Die gesamte Recording-Session war von Anfang bis Ende von dieser positiven Energie getragen – kreativ, entspannt, fast schon meditativ. Jeder Einzelne war super drauf, keiner hat rumgestresst, alle hatten Bock. Und genau so soll es doch sein. Wenn's im Studio rundläuft, läuft's auch im Leben ein gutes Stück besser.

Das neue Line-Up wirkt motiviert, sympathisch und musikalisch absolut auf Zack – davon konnte ich mich persönlich beim Rock Harz überzeugen. Ist nach all den Querelen und personellen Rochaden jetzt endlich Ruhe eingekehrt im Hause Primal Fear?
Ja, ich hoffe doch sehr! Es fühlt sich jedenfalls ganz danach an. Wir verstehen uns blendend – menschlich wie musikalisch. Man darf ja nicht vergessen: Für uns intern ist das Ganze gar nicht mehr so neu. Der Stein kam schon im September oder Oktober des letzten Jahres ins Rollen. Seitdem haben wir im Studio gemeinsam gearbeitet, geprobt, uns eingespielt – und das mit einer Menge Spaß und Harmonie. Inzwischen sind wir richtig zusammengewachsen.
Es ist nicht so, dass da einer reinkommt, und die anderen verdrehen genervt die Augen. Ganz im Gegenteil: Man freut sich aufeinander – und das ist doch schon mal die halbe Miete! Mich persönlich motiviert es natürlich ungemein, wenn das Publikum begeistert reagiert und ich positives Feedback bekomme. Das ist mir allemal lieber als irgendwelche notorischen Nörgler mit Dauermiene.
Wie kam es denn zur Zusammenarbeit mit Thalia und André? War das eine glückliche Fügung?
Fangen wir mit André an: Der gute Mann hat ja bereits die letzte Tour gespielt, als Michael Ehré krankheitsbedingt pausieren musste. Wir wussten also ganz genau, was André draufhat – und das ist nicht wenig. In der damaligen Konstellation der Band zeichnete sich eine gewisse Lagerbildung ab, und wir brauchten dringend einen neuen Drummer. Da war ziemlich schnell klar: André ist unsere erste Wahl. Ich hatte ja auch in der Vergangenheit schon bei anderen Projekten mit ihm zusammengearbeitet und wusste, dass er nicht nur zuverlässig, sondern auch hochmotiviert ist. Also ging’s ab ins Studio – mit Dennis Ward an unserer Seite. Was André dort an den Drums abgeliefert hat, war schlichtweg grandios. Oberstes Regal. Da musste man nicht lange überlegen, die Sache war klar: Position besetzt. Punkt.
Etwas kniffliger war die Geschichte mit dem zweiten Gitarristen. Es hatte sich ja relativ zügig herumgesprochen, dass es intern ein paar Reibungen gab und wir eventuell frisches Blut brauchen. Und plötzlich flatterten uns hochinteressante Angebote ins Haus – von wirklich namhaften Gitarristen aus den USA und ganz Europa. Namen nenne ich jetzt bewusst nicht, das wäre nicht fair. Aber es war schon beeindruckend, wer da alles Schlange stand.
Und dann kam Ralf mit dieser Idee um die Ecke: „Was ist eigentlich mit Thalia? Ich hab die neulich live gesehen – hammermäßig!“ Ich gebe zu, im ersten Moment war ich skeptisch. Nicht etwa, weil ich ihr Talent anzweifelte, sondern weil ich mir einfach nicht sicher war, wie das alles zusammenpassen würde. Aber ich stehe nun mal auf Überraschungen – immer nur das Erwartbare liefern ist langweilig. Warum also nicht mal einen mutigen Schritt wagen?
Also haben wir Thalia unter die Lupe genommen. Und was soll ich sagen: menschlich eine absolute Bereicherung – offen, positiv, sympathisch. Und musikalisch? Ganz klar: Sie kann spielen. Und zwar richtig gut. Noch besser: Der Stil, den wir machen, entspricht genau dem, was sie selbst gerne machen möchte. Das passte plötzlich alles erstaunlich gut zusammen – obwohl wir das zu Beginn gar nicht wussten.
Nach ein paar intensiven Gesprächen und Meetings stand fest: Wir probieren das aus. Und nicht nur das – wir stehen auch hundertprozentig hinter der Entscheidung. Und jetzt, nachdem die ersten Recordings im Kasten sind und die ersten Live-Shows gespielt wurden, können wir sagen: Der Schritt war mutig, ja – aber definitiv goldrichtig.

Gerade um Thalia Bellazecca gab es im Netz leider einiges an dämlichem Geraune aus Übersee. Wie hast du persönlich diese asozialen Kommentare zu ihrer Hautfarbe erlebt? Ihr habt als Band ja großartig darauf reagiert – dennoch war das doch ein ziemlicher Schlag in die Fresse …
In die Fresse lassen wir uns nicht schlagen. Wir wissen schließlich ganz genau, woher der Wind weht. Und ehrlich gesagt: Es überrascht uns überhaupt nicht mehr. Wir haben sieben oder acht Tourneen in den USA gespielt, das Land wirklich kennengelernt – auch fernab der großen Städte. Und na ja, sagen wir mal so: Für uns als Außenstehende ist die gesellschaftliche Entwicklung dort eher… sagen wir mal… kritisch zu betrachten.
ich will hier gar keine große Politdebatte vom Zaun brechen – das dürfen gern andere übernehmen. Aber wenn’s dann persönlich wird, also darum geht, wer in der Band spielt, ob es eine Frau ist oder welche Hautfarbe sie hat, dann fällt mir dazu nur eines ein: Das Mädel ist nicht nur verdammt hübsch, sie spielt auch eine Gitarre wie der Teufel höchstpersönlich und ist dabei noch ein unglaublich netter Mensch. Also ganz ehrlich: Fickt euch alle, Ihr Hater! Uns geht’s gut, wir machen unser Ding. Wem das nicht passt – bitte sehr, einfach nicht kommen. Aber seine Lebenszeit damit zu verschwenden, in Foren oder auf Social Media dämliche Kommentare zu schreiben, ist doch einfach nur absurd.
Wenn mir persönlich etwas nicht gefällt, dann swipe ich halt weiter, beschäftige mich nicht mehr damit. Aber sich dann auch noch hinzusetzen, um aufzuschreiben: „Das finde ich scheiße, und das finde ich noch viel beschissener“ – was soll das denn? Kümmer dich lieber mal um deinen eigenen Scheiß oder feg vor deiner eigenen Haustür. Die ist mit Sicherheit auch nicht blitzblank.
In euren News war von "Gründen" für den Rauswurf von Alex Beyrodt die Rede – Details wolle man aber nicht öffentlich machen. Würdest du sagen, dass heutzutage eh zu viele Interna zu schnell in der digitalen Gerüchteküche landen?
Manchmal ist Schweigen tatsächlich Gold – oder, um es direkter zu sagen: Man hält besser einfach mal die Klappe. Was dieses ganze Gossip-Geschwurbel angeht – Leute schlechtmachen, sich an ihnen rächen, ihnen im Nachgang noch Knüppel zwischen die Beine werfen – das ist nicht mein Stil. Sollen andere machen, ich kann’s nicht verhindern, aber ich steige da nicht mit ein. Warum das alles so gelaufen ist, wie es eben gelaufen ist, wissen wir. Das ist unsere interne Angelegenheit, und so soll’s auch bleiben.
Wenn jemand meint, sich mit irgendwelchen Lügen ins rechte Licht rücken zu müssen – bitte, soll er doch. Mir ist das herzlich egal. Ich schaue nach vorn, nicht zurück. Uns geht’s gut, und das ist für mich das Entscheidende. Was hätte ich jetzt davon, über den Beyrodt herzuziehen? Null Bock drauf.

Kommen wir zum Album selbst: Erzähl uns doch ein wenig über den Entstehungsprozess. Wie lief die Zusammenarbeit mit Jacob Hansen und Dennis Ward – zwei absolute Vollprofis, die gefühlt schon seit der Bronzezeit im Musikgeschäft unterwegs sind?
Die Drum-Aufnahmen haben wir, wie bereits erwähnt, bei Dennis Ward im Studio gemacht – ein wirklich fantastischer Ort. Dennis hat sich ein neues Studio in Bruchsal eingerichtet, frisch renoviert und technisch auf absolutem Top-Niveau. Ein ultrageiler Schuppen, um es mal salopp zu sagen. Die Zusammenarbeit mit ihm war wie immer großartig. Wir kennen uns nun schon seit Jahrzehnten, sind eingespielt wie ein altes Ehepaar – nur mit mehr Dezibel.
Nachdem die Drums im Kasten waren, ging’s an Bass und Gitarren – allerdings nicht mehr im selben Studio. Magnus hat sein eigenes Setup, ebenso ich. Talia wiederum hat ihre Parts bei sich aufgenommen und sich dabei regelmäßig mit Magnus kurzgeschlossen. Es war also ein bisschen wie digitales Pingpong: Wir haben uns die Files ständig hin und her geschickt, diskutiert, gefeilt, verworfen und verbessert. Am Ende lag die Verantwortung für den ganzen Wahnsinn natürlich bei mir.
Der Gesang – und das ist bei vielen Sängern so – wurde in Eigenregie aufgenommen. Da kann man sich die Zeit besser einteilen, singen, wenn die Stimme sitzt, und muss sich nicht durchquälen, wenn man gerade eher auf Sparflamme läuft. Einfach auf den Record-Knopf drücken, wenn der Vibe passt – das ist Gold wert.
Als dann alles zusammengesetzt war, sind Ralf und ich nach Dänemark zu Jacob Hansen gefahren. Mit ihm arbeiten wir schon ewig zusammen, und das Verhältnis ist längst freundschaftlich. Er weiß genau, was wir brauchen – und diesmal war’s nicht anders. Das Ergebnis spricht für sich: Jacob und wir, das funktioniert einfach – wie Butter auf heißem Toast.
Der Sound ist modern, fett und trotzdem klassisch Primal Fear…
Das freut mich. So etwas höre ich gern.
Lediglich zwei Jahre trennen Code Red von Domination – in Zeiten, in denen mancher Künstler für denselben Zeitraum nicht einmal ein Demoband zusammenschraubt, ist das bemerkenswert. Und noch bemerkenswerter ist, dass Ihr dabei keinerlei Qualitätsverlust erkennen lasst. Verrätst du uns euer Geheimrezept?
Puh, wie soll ich das erklären? Im Grunde ist es ganz einfach – wir verstehen uns menschlich und musikalisch blendend. Es ist keine Quälerei, im Gegenteil: Wenn Magnus einen Riff aus dem Ärmel schüttelt, würze ich das Ganze mit meinem Senf, und kaum bin ich fertig, bringt Ralph seinen Ketchup mit ein. Klingt chaotisch, schmeckt aber erstaunlich gut!
Wir hatten tatsächlich deutlich mehr Songs geschrieben, als am Ende auf dem Album gelandet sind. Und da waren ein paar Dinger dabei – die waren gar nicht mal so scheiße. Aber irgendwann musst du eine Entscheidung treffen: Worauf konzentrieren wir uns, was fliegt erstmal in die Warteschleife? Vielleicht greifen wir das Material später wieder auf – oder schreiben gleich ganz neues Zeug.
Was die Kreativität unseres Songwriting-Teams angeht, kann ich nur sagen: Die ist einfach geil. Du merkst es sofort, wenn du an einer neuen Platte arbeitest – ob du dich durchquälst wie durch zähen Kaugummi oder ob’s einfach flutscht. Diesmal war’s Letzteres. Manche Songs sind quasi in einem Rutsch entstanden, und da war sofort zu spüren: Da steckt Potenzial drin. Und genau das macht es einfacher. Wenn der ganze Prozess locker und natürlich läuft, ist es fast wie ein Selbstläufer. Klar, harte Arbeit gehört immer dazu – aber wenn die Ideen sprudeln statt zu tropfen, fühlt sich das Ganze gleich viel besser an.
„The Hunter und Far Away wurden als Singles samt Videos ausgekoppelt – warum gerade diese beiden Songs?“
„Far Away“ war von Anfang an unser Kandidat für den ersten Vorstoß. Der Song ist quasi ein Gitarrenshowcase deluxe – das Solo darin ist nicht nur lang, sondern auch ziemlich exklusiv. Da wollten wir direkt mal ein Statement setzen: Schaut her, Primal Fear ist noch immer Primal Fear – schnell, kraftvoll, unverkennbar. Ganz klar. Damit wollten wir signalisieren: Es kommt eine neue Primal Fear-Platte – und ihr könnt euch sicher sein, dass es kein Jazzalbum wird. Das wäre wohl für alle Beteiligten ein bisschen... irritierend gewesen.
Und mal ehrlich – das Feedback war großartig! Hat uns echt gefreut, dass der Song so gut angekommen ist. „The Hunter“ wiederum ist – auch wenn es dir vielleicht anders geht – unser absoluter Band-Lieblingssong. Für uns war sofort klar: Dafür brauchen wir ein Video! Und keine Sorge, da kommt sogar noch ein drittes…
…und das kann und darf doch eigentlich nur I Am the Primal Fear sein, oder?
Nein! (lacht) Den heben wir uns schön als vierten Track für den Album-Release auf.
Was?! Verdammt, warum das denn? Für mich ist das einer der besten Songs, die ihr je geschrieben habt – pure Gänsehaut! War euch beim Schreiben bewusst, dass das so eine Art „Signature-Song“ werden könnte?
Ehrlich gesagt: nein. Aber inzwischen merken wir das schon – gerade wenn wir Interviews geben, kommt der Song ziemlich oft zur Sprache. Du bist also definitiv nicht der Einzige, der ihn so stark findet. Ich kann dich beruhigen: Du bist in bester Gesellschaft!
Welche Songs sind denn deine persönlichen Favoriten auf Domination – also die Nummern, bei denen du denkst: „Genau deshalb mache ich das alles“?
Puh, da kann ich dir keine konkrete Antwort geben. Das ist, als würdest du jemanden mit drei Kindern fragen: „Welches ist dein Lieblingskind?“
Oh, das ist einfach. (Gelächter)
Echt jetzt? Respekt. Ich könnte das nicht – und ehrlich gesagt: Ganz schön mies für die anderen zwei! (lacht)
Aber im Ernst: Ich höre Domination immer noch richtig gern. Und das, obwohl ich die Platte inzwischen so oft durchgenudelt habe, dass ich sie eigentlich auswendig träumen müsste. Trotzdem – oder gerade deswegen – mag ich sie wirklich sehr. Sie ist abwechslungsreich, hat unterschiedliche Stimmungen, wechselt die Tempi, bietet Ecken und Kanten, aber auch richtig dicke Hooks.
Und ja, ich weiß, das klingt vielleicht komisch, wenn man das über das eigene Werk sagt – aber ich steh dazu. Ich find das Album wirklich stark. Ganz ohne falsche Bescheidenheit.
Am 05. September geht’s auf Tour. Ist da bei euch noch Vorfreude wie beim ersten Mal – oder eher „Business as usual“ nach all den Jahren on the road?
Ach, das ist natürlich eine echte Challenge – im besten Sinne. Es ist so ein Mix aus kindlicher Vorfreude, einem gesunden Maß an Respekt und, ja, auch einer Portion Demut. Denn: Vor zwei Jahren hätte ich nicht im Traum daran gedacht, dass das, was jetzt Realität wird, überhaupt möglich sein könnte. Dass es nun so weit ist, macht mich einfach nur unglaublich dankbar.
Und klar – ich stürze mich da nicht mit breiter Brust rein wie Rambo beim Abschlussball, sondern eher mit dem Gedanken: „Lass es mal auf mich zukommen. Wird schon.“ Das Schöne ist: Ich bin mit einer Crew unterwegs, mit der ich mich blind verstehe. Kein Zirkus, kein Drama – einfach gute Leute, mit denen man gerne unterwegs ist.
Und obendrein ist es die erste Tour in dieser neuen Besetzung. Das ist natürlich etwas ganz Besonderes für uns. Also nein – von Business as usual kann da keine Rede sein. Im Gegenteil: Es fühlt sich an wie ein neuer Anfang. Nur mit ein bisschen mehr Erfahrung.

Ihr sprecht offen über die Herausforderungen internationaler Tourneen – Visa, Versicherungen, Kosten. Wird das Touren in Zukunft wieder einfacher oder eher noch komplizierter?
Ich befürchte: eher komplizierter. Die Gagen vieler Bands haben sich meiner Meinung nach nicht im gleichen Maße entwickelt wie die Preise für so ziemlich alles andere. Besonders deutlich merkt man das bei den Tourbussen. Die Vermieter rufen inzwischen Preise auf, bei denen selbst ein Investmentbanker ins Grübeln kommt. Wirtschaftlich ist das stellenweise grenzwertig – aber ohne Bus geht’s halt nicht. Punkt. Und so schluckt man eben brav.
Ein weiterer Punkt: England. Da brauchst du inzwischen nicht nur ein dickes Fell, sondern auch Visa, Zollpapiere, die sogenannte ESA – kurzum: ein ganzes Büro an Formularen. Und Amerika? Machen wir nicht mehr. Aus verschiedenen Gründen. Die Kosten, um überhaupt erst mal dort anzukommen, sind astronomisch. Und dann bleibt da immer diese charmante Unsicherheit, ob man überhaupt ins Land gelassen wird oder sich nach dem Langstreckenflug gleich wieder umdrehen darf. Nein danke.
Südamerika hingegen? Machen wir! Japan? Auch dabei. Und natürlich viele Shows in Europa – auch in Ländern, die auf dieser aktuellen Tour vielleicht (noch) nicht auf dem Plan stehen. Festivals im nächsten Jahr? Auf jeden Fall. Wir werden bis Herbst 2026 sehr aktiv bleiben – versprochen. Und zwar nicht nur auf dem Papier, sondern mit vollem Einsatz.
Gibt es eigentlich noch ein Land oder eine Stadt, in der ihr unbedingt mal auftreten wolltet – aber es hat bisher einfach nie geklappt?
Nee..(es folgt eine nachdenkliche Pause) Und komm jetzt nicht mit dem Kongo oder dem Senegal! (Gelächter)
Und wo sind die Fans am enthusiastischsten? Wahrscheinlich in Japan...?
Nein, das kann man so pauschal nicht sagen. Es ist manchmal wirklich wie verhext. Ich habe zum Beispiel mal einen Gig in Finnland gespielt – völlig ohne Erwartungen. Und dann? Totaler Ausnahmezustand! Die Leute sind förmlich ausgerastet. Beim nächsten Mal dann? Schlafsaal-Stimmung. Da hätte man auch einen Meditationskurs geben können.
Es ist wirklich schwer vorherzusagen. Südamerika hingegen – das ist fast immer ein Selbstläufer. Buenos Aires? Ein Traum! São Paulo? Immer ein Garant für schweißtreibende Euphorie. Da musst du dich nicht mal besonders anstrengen, die drehen von allein durch. Japan, speziell Tokio, läuft eigentlich auch immer wie geschmiert. Aber: Ich würde Europa keineswegs unterschätzen. Wir hatten auch hier schon unfassbar leidenschaftliche Shows, Abende zum Einrahmen.
Wenn ich jetzt behaupten würde, „dieses oder jenes Land ist immer das Beste“, dann würde ich glatt lügen. Manchmal steigst du aus dem Nightliner, die Leute feiern dich wie einen Messias. Beim nächsten Mal? Gucken sie dich an, als hättest du ihnen gerade den Parkplatz vor der Tür blockiert.So ist das Rock’n’Roll-Leben – unberechenbar, aber genau deshalb auch so herrlich.
Was bleibt nach diesem Gespräch mit Mat Sinner? Ein Eindruck von Leidenschaft, Professionalität und einer Band, die sich selbst neu erfunden hat, ohne sich untreu zu werden. Domination ist kein lauwarmer Aufguss vergangener Glanztaten, sondern ein Statement, das zeigt: Primal Fear sind zurück – fokussiert, entschlossen und hungrig. Und wer Mat zuhört, merkt schnell: Das ist keine Band im Nostalgie-Modus, sondern ein Metal Commando, das bereit ist, noch einmal alles zu geben.