DEAD AND DRIPPING – Nefarious Scintillations (2025)
(9.960) Phillip (7,1/10) Death Metal
Label: Transcending Obscurity Records
VÖ: 28.11.2025
Stil: Death Metal
Willkommen in der Praxis Dr. Z. Odem, was kann ich für Sie tun, Herr Daniele? Sie hören Stimmen? Mehrere. Ah ja, ok. Was sind das denn für Stimmen? Klingt es gutartig, bösartig, irgendwie durcheinander oder gleichzeitig?
Sie sagen also, dass es in ihrem Kopf so klingt, als würden Cryptopsy, Demilich und Defeated Sanity gleichzeitig spielen. Haben Sie bereits versucht die jeweils eigenständigen, einzigartigen Elemente dieser drei auseinanderzudividieren, um sie danach wieder zusammenzufügen? Ich halte das für eine kolossale Idee und das Ergebnis nennen wir dann Nefarious Scintillations! Genial. Deal?
Umgefähr so muss es sich kurz vor dem Schreib- oder Aufnahmeprozess bei Dead and Dripping Solo-Member Evan Daniele zugetragen haben. Das was hier abläuft ist auf den ersten Hörgenuss ziemlich konfus, aber nach kurzer Eingewöhnung kommt man rein. Ohne Frage, was hier abläuft geht in eine ziemlich brutale Richtung, wurde mir auch als Brutal Death Metal vorgelegt, aber davon nehme ich Abstand. Über Demilich würde das ja auch niemand sagen, denn davon ist offensichtlich der Gesang inspiriert.
Womit ich auch gleich die ebenso offenkundige Schwachstelle der Nummer hier offenbare. Herr Daniele ging zwar in die Antti Boman Schule der Froschgeräusche, aber zu mehr als einem „befriedigend“ hat es dann nicht gereicht. Zu gewollt, zu geflüstert klingt das, als hätte er sich das Mikro dabei halb in den Hals geschoben. So kommt fast jede Authentizität oder Natürlichkeit abhanden. Sehr schade!
Instrumental standen hier die drei oben aufgeführten, Truppen als Vorbilder parat und hier macht es Dead and Dripping um Längen besser! Die vertrackte Rhythmik, in jedem der überlang betitelten Songs, die ich genau deshalb hier nicht reinkopiere oder ausschreibe, ist zu keinem Fall Selbstzweck, sondern stets spannend gehalten. Wird überraschend von einem Solo aufgebrochen, zum Beispiel in Horrifying Glimpses of Inconceivably Demented Cityscapes (ja, ok), oder extrem unterhaltsam von seltsam klingenden Gitarren (oder sehr lose bespannten Banjos?) begleitet (Pestilent Hints of Darkened Malodorous Vibrations und etwa Spontaneous Recollections of Unwitnessable Atrocity).
Zu absolut keinem Zeitpunkt lullt die Musik hier ein oder langweilt gar und wenn einem die Gitarren doch mal zu viel sind, hat man im Hintergrund noch immer das emsig rührende Schlagzeug zum Enträtseln übrig. Oder eben den teilweise entrückt wirkenden Bass. Da würde das „Brutal Death Metal“ Label schon eher passen, aber all die verschiedenen Elemente lassen mich das möglichst allgemein lieber „Death Metal“ betiteln.
Für den Sound wurde extra ein Ausflug in die 90er Jahre unternommen, sämtliche Mitten im Gitarrensound sind nicht vorhanden. Dadurch klingen diese herrlich sumpfig und passen perfekt zum Schlagzeug, das herrlich organisch rüberkommt.
Das ist technisch natürlich über jeden Zweifel erhaben aber eben dadurch auch wenig eingängig oder gar zugänglich. So ein Album wie Nefarious Scintillations schiebt man seinem Freund oder seiner Freundin rüber und fragt, ob jene Person das auch so abgedreht findet, und dann hört man sich das kopfschüttelnd (50% Ungläubigkeit, 50% Heavyness) an. Problematisch ist dabei eben die verfehlte Langzeitwirkung, die mir jedenfalls ziemlich abgeht. Ich bin ehrlich gespannt ob ich in circa drei Monaten noch einmal Bock habe, mich mit Dead and Dripping auseinanderzusetzen.
So macht das hier zwar Spaß, fordert aber auch eine Menge Konzentration ein und wirkt zuweilen, und ich spreche hier komplett für mich, anstrengend. Der ein oder andere „dümmere“ Moment, Groove oder gar Slam hätte mir hier zwischendurch gutgetan. So bleibt eine verschachtelte und spannend- vertrackte Reise durch das Galaxie-Gehirn eines Künstlers, das vielleicht so aussieht wie das Albumcover unter Neon-Strobo-Licht.
Anspieltipps:
🪐 Horrifying Glimpses of Inconceivably Demented Cityscapes
💀 Pestilent Hints of Darkened Malodorous Vibrations
💫 An Utterly Tenantless World of Aeons-Long Death
Bewertung: 7,1 von 10 Punkten
TRACKLIST
01. Nefariously Scintillating Through Vacant Galactic Reservoirs
02. Horrifying Glimpses of Inconceivably Demented Cityscapes
03. Pestilent Hints of Darkened Malodorous Vibrations
04. Swollen Torsos Adorned with Pustulating Hexagonal Crania
05. Sickeningly Vague Anatomical Silhouettes
06. Spontaneous Recollections of Unwitnessable Atrocity
07. Seeping Through Ancient Transdimensional Corridors
08. An Utterly Tenantless World of Aeons-Long Death

