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DANKO JONES – Leo rising (2025)

(9.958) Olaf (6,0/10) Hard Rock


Label: Perception
VÖ: 21.11.2025
Stil: Hard Rock







Manchmal frage ich mich, ob Danko Jones überhaupt noch merkt, dass seit 1996 fast drei Jahrzehnte vergangen sind – oder ob er immer noch mit derselben stoischen Entschlossenheit in seiner Garage sitzt, die Gitarre anwirft und denkt: „Noch ein Album? Joa, warum nicht.“ Und eigentlich bewundere ich das. Diese Routine, dieses „recording, touring, writing, repeat“, von dem er im Pressetext schwärmt, hat etwas Sympathisches, Bodenständiges – und dank einer vollständigen Motörhead-Arbeitsmoral funktioniert der Laden ja auch seit Ewigkeiten zuverlässig wie ein alter Ford, den niemand wegen Schönheit fährt, sondern weil er immer anspringt. Genau das betont er selbst im Material zum Album, wenn er stolz verkündet, er könne diesen Kreislauf „bis zum Tod“ durchziehen.

Doch diese bewundernswerte Zuverlässigkeit ist zugleich der Haken. Ein Danko Jones-Album ist wie ein AC/DC-Shirt aus dem Schrank ziehen: Man weiß, wie es sitzt, wie es riecht, wie es sich anfühlt – und man weiß, dass man niemanden damit überraschen wird. Auch Leo Rising hält sich an dieses Prinzip. Und das ist Fluch und Segen zugleich.

„Wir machen das, was wir immer machen.“ Keine Experimente, kein neuer Ansatz, kein anderer Fokus. Es ist „meat and potato music“, sagt Danko selbst – „keine Frills, nur Rock, der ein Lächeln ins Gesicht zaubert“. Das mag stimmen, aber bei mir löst dieses Lächeln eher ein resigniertes Augenbrauenheben aus. Der Reiz, der Kick, die Überraschung: alles Fehlanzeige. Die Songs liefern exakt das ab, was man erwartet – und irgendwann fühlt sich diese konsequente Verlässlichkeit einfach wie ein Déjà-vu an, das schon beim ersten Durchlauf alt wirkt.

Dabei ist die kanadische Truppe eigentlich musikalisch topfit. Sie schwitzen, sie rotzen, sie drücken, sie ackern. Live fetzt dieser Dreier immer, und das meine ich absolut ernst. Vielleicht liegt gerade darin das Problem: Auf der Bühne funktionieren diese simplen Turbo-Rock-Strukturen grandios, weil Energie, Schweiß und Interaktion den Rest erledigen. Auf Platte jedoch… nun ja, da fällt jede Art von Routine schärfer auf.

Der Opener What You Need etwa prügelt mit denselben Akkordfolgen nach vorne, die sie seit Jahren einsetzen – solide, aber belanglos. Diamond in the Rough hat einen schönen Gastauftritt von Marty Friedman (ja, dem Marty Friedman), aber selbst dieser kleine Bonus schafft es nicht, die Routine aufzubrechen. I Love It Louder wirkt wie ein Baukasten aus alten Punk’n’Roll-Versatzstücken, und Hot Fox sowie Pretty Stuff bedienen exakt den sleazigen Unterbau, der schon auf früheren Alben lief, nur eben ohne nennenswerten Wiedererkennungsfaktor. Der Pressetext behauptet sogar, Leo Rising sei „uplifting und inspirierend“ und möglicherweise ihr bestes Album seit Jahren – und ich merke beim Lesen nur, wie ich gedanklich den Kopf schüttele.

Doch dann kommt Everyday is Saturday Night, und plötzlich macht die Sache Sinn. Dieser Song killt nämlich. Griffig, druckvoll, ein Refrain mit Wiederkehrwert, der endlich aus dem grauen Einerlei ausbricht. Es ist der einzige Track, der mich wirklich packt – der eine Moment, in dem ich mir wünsche, Danko Jones würden öfter solche Dinger schreiben. Songs, die nicht einfach vorbeilaufen, sondern bleiben. Songs, die mehr tun, als das Fenster herunterzukurbeln und den Fahrtwind zu spüren. Songs, die wirklich rocken, statt einfach nur zu existieren.

Leider ist der Rest des Albums dann wieder: solide. Nett. Bieder. Schmerzfrei. Tristesse im Rockformat. Man spürt die Professionalität, die Erfahrung, das Können – aber nichts davon entfacht ein Feuer. Alles wirkt wie eine Schablone, die die Band seit Jahren aus dem Regal zieht und minimal anpasst. Eine zuverlässige Schablone, ja, eine funktionierende – aber dennoch nur eine Schablone. Dabei weiß ich, dass der Löwe auf dem Cover (und im Albumnamen) symbolisch für Kraft, Stolz und Dominanz stehen soll. Doch in Wahrheit wirkt dieser Löwe eher wie ein zahmes Exemplar im Streichelzoo: brav, freundlich, vorhersehbar.

Ich gönne Danko Jones jeden Erfolg, wirklich. Sie sind ehrliche Arbeiter, sie liefern Live-Shows ab, die garantiert Spaß machen, und sie haben eine fanatische Community, die diesen Weg seit 1996 treu begleitet. Aber Leo Rising ist kein Album, das mich mitreißt. Es ist gut gespielt, gut produziert, professionell geschrieben – und trotzdem frustrierend unaufregend. Mir fehlt der Mut, die Überraschung, das Risiko. Mir fehlt die Portion Wahnsinn, die bei solchen Bands eigentlich Pflicht sein sollte. Und vor allem fehlt mir mehr von einem Song wie Everyday is Saturday Night. Denn der zeigt, was hier möglich wäre. Wenn sie wollten.

So bleibt am Ende ein Album, das man hören kann, ohne je die Augenbrauen zu heben – weder vor Begeisterung noch vor Entsetzen. Und genau das ist das Problem.

Anspieltipps
🔥Everyday is Saturday Night
💀Diamond in the Rough
🎸I Love It Louder


Bewertung: 6,0 von 10 Punkten


TRACKLIST

01. What you need
02. Diamond in the Rough
03. Everyday in Saturday Night
04. I love it louder
05. I’m going blind
06. Hot Fox
07. It’s a Celebration
08. Pretty Stuff
09. Gotta let it go
10. I can’t stop
11. Too slick for Love 



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