FEAR CONNECTION – Where Suffering remains (2025)
(9.941) Olaf (9,5/10) Death Metal
Label: Neckbreaker Records
VÖ: 21.11.2025
Stil: Death Metal
Ich weiß noch, wie ich FEAR CONNECTION 2020 zum ersten Mal bewusst wahrgenommen habe – damals, als die Band im Underground gerade erst aus der Deckung kam und trotzdem schon klang, als hätte sie seit 20 Jahren durch deutsche Keller, Proberäume und verrauchte Hinterhofkneipen geprügelt. Seit dem ersten Erscheinen auf der Bildfläche bin ich Fan dieser Truppe, denn sie gehören zu den wenigen Formationen, die im Death Metal nicht einfach das Handbuch „Schwedische Kettensäge für Anfänger“ auswendig lernen. Sie graben tiefer. Sie graben breiter. Und vor allem: Sie graben dort, wo andere längst aufgegeben haben.
Die Herkunft – irgendwo zwischen norddeutscher Nüchternheit und hanseatischer Härte – hört man der Band an. Dieser trockene, ehrliche Biss im Riffing, diese kompromisslose Direktheit, die nicht posen will, sondern wirkt, als komme sie direkt aus einer alten Industriehalle, in der der Beton splittert, wenn die Gitarren loslegen. Und doch: FEAR CONNECTION verlassen mit Where Suffering Remains ganz bewusst die ausgetretenen Pfade. Death Metal, ja, aber eben kein Genre-Simulacrum. Viel Thrash, viel Punk, ein wenig Crust und viel Raum für das, was man eigentlich nicht in Schubladen stecken will.
Schon in den ersten Minuten wird klar, dass die Gitarren eine Waffe sind, die jede große Thrash-Band mit Kusshand nehmen würde. Diese Riffs sind nicht nur scharf – sie schneiden. Sie schneiden tief. Und sie schneiden breit. Mehrfach ertappe ich mich dabei, wie mir der Begriff „Bay Area Death Metal“ in den Kopf springt – dieser Hybrid aus schnellem, präzisem Thrash und der rohen Gewalt des Death Metal. Genau diese Mischung trifft hier wie ein Schraubenschlüssel an die Schläfe: direkt, metallisch, unerbittlich.
Und dann passiert es: The Devil’s Dance. Ein Song, der eine punkige Attitüde aus dem Ärmel schüttelt, als hätten die Jungs im Probenraum ein Misfits-Tattoo abgestaubt. Ich habe wirklich kurz nachsehen müssen, ob es nicht eine Coverversion ist. Aber nein – außer dem unsäglichen Metallica-Song auf der „Re-Load“ findet sich da nichts, was hier als Vorlage dienen könnte. FEAR CONNECTION machen das Ding einfach selbstbewusst zu ihrem eigenen kleinen Street-Fight.
Doch der absolute Höhepunkt des Albums heißt Final Impact. Für mich wohl die größte Death-Metal-Hymne in diesem Jahr. Ein Song zum Mitgrölen, zum Mitfliegen, zum Mitsterben. Eigentlich Pflichtprogramm: Dosenbier auf, Kopf nach hinten, Refrain mit brüllender Leidenschaft herauskotzen. So funktionieren Hymnen. So funktioniert Death Metal. Und die Band weiß das ganz genau. Und auch wenn der Titeltrack ein von mir so verhasstes Instrumental ist, werde ich einen Teufel tun und dieses Album dadurch in irgendeiner Form abwerten.
Der Sound? Ach, Jörg Uken. Natürlich ist das wieder Filetsteak pur. Der Mann könnte vermutlich auch Spastelruther Katzen aufnehmen und sie würden danach klingen wie eine Mischung aus Bolt Thrower und frühem Exodus. Und bei FEAR CONNECTION passt das wie Arsch auf Eimer: trocken, druckvoll, glasklar, aber nie steril. Jeder Schlag sitzt, jede Gitarre schiebt, der Bass grummelt im Unterdeck, als würde gleich ein Schiff untergehen. Produktion und Musik halten sich hier gegenseitig im Schwitzkasten.
Was Where Suffering Remains so beeindruckend macht, ist dieser unfassbare Fluss. Keine Lückenfüller, keine Totalausfälle, keine Ideenleere. Jeder Song massiert dir die Fontanelle, jeder Takt sitzt. Die Band wirkt hungrig, fokussiert und gnadenlos eingespielt. Langeweile? Fehlanzeige. Das Ding ist nah dran an der perfekten Death-Metal-Platte – und das schreibe ich, ohne rot zu werden.
Auch die thematische Stimmung sitzt: Leid, Isolation, menschliche Abgründe – aber ohne dieses krampfige „Wir müssen böse sein“. Es klingt authentisch. Es klingt, als wäre es gelebt. Und manchmal auch gelitten. Die düstere Atmosphäre des Titeltracks Where Suffering Remains trifft besonders hart, weil hier musikalisch wie kompositorisch alles ineinandergreift. Und im abschließenden Isolation macht die Band noch einmal klar, wie vielseitig sie ihren Sound inzwischen ausgeleuchtet hat: mal düster, mal treibend, mal thrashig, mal deathig – aber immer FEAR CONNECTION.
Where Suffering Remains ist ein schlagender Beweis dafür, dass FEAR CONNECTION zu den interessantesten und vielleicht besten Death-Metal-Bands Deutschlands gehören – nicht, weil sie das Handwerk perfektioniert hätten, sondern weil sie ihr Genre erweitern, veredeln und mit Thrash- und Punk-DNA zu einem eigenen Wesen formen. Ein Album, das gleichzeitig knallt, brennt, gräbt und fräst. Homogen, brutal, spannend und gnadenlos unterhaltsam. Nah dran an perfekt? Ja, ohne Übertreibung: ganz nah.
Anspieltipps:
🔥Final Impact
💀The Devil’s Dance
🎸Suicide
Bewertung: 9,5 von 10 Punkten
TRACKLIST
01. Invocation
02. Purgatory
03. Final Impact
04. The Cost
05. The Devil’s Dance
06. Human Greed Tragedy
07. The Flesh oft he Earth
08. Suicide
09. Where Suffering remains
10. Isolation

