MOB RULES – Rise of the Ruler (2025)
(9.754) Olaf (7,3/10) Heavy Metal

Label: ROAR
VÖ: 22.08.2025
Stil: Heavy Metal
Ich habe MOB RULES immer mit salziger Küstenluft, melodischen Haken und dieser typisch norddeutschen Mischung aus Erdung und Pathos verbunden. Seit Savage Land und Temple of Two Suns begleiten mich die Hanseaten durchs Regal; Platten, die Geschichten erzählen, ohne dabei die Gitarre aus der Hand zu legen. Jetzt also die Rückkehr in die eigene Mythologie: Rise of the Ruler knüpft konzeptionell an die Frühphase an – Endzeit, knappe Ressourcen, Stämme und Herrschaft, Hoffnung und Härte. Oha, da hat wohl jemand verdammt viel Mad Max geschaut, oder? Das Artwork von Stan W. Decker lässt jedenfalls Wüstenstaub knirschen, während im Hintergrund die zweite Sonne bedrohlich glüht.
Die Erzählfäden werden – passend zu den Vorgängern – weitergesponnen: Dawn of Second Sun, Back to Savage Land, Equilibrium (Rise of the Ruler) – schon die Titel zeichnen die Route durch diese postapokalyptische Welt. Keyboarder Jan Christian Halfbrodt hält die lyrische Feder und setzt auf klare Bilder: Exil, Prüfungen, Vorsehung, Wanderung, Küsten der Erinnerung. Ohne Textblatt zu den restlichen Songs wollte ich hier keine Zeilen zitieren, aber thematisch ist die Platte geschlossen wie ein Wüstenlager bei Sandsturm.
Klanglich präsentiert sich Rise of the Ruler fett und modern. Markus Teske hat dem Album einen druckvollen, transparenten Mix verpasst, in dem Drums knallen, Bässe schieben und die Gitarren als breite Wand UND als singende Lead-Stimme funktionieren. Die Keyboards sind nicht Zuckerguss, sondern Cinemascope: sie öffnen Räume, markieren Szenenwechsel und tragen das Konzept über reine Riff-Power hinaus. Production value: hoch.
Klaus Dirks ist – einmal mehr – das Ass im Ärmel. Diese Stimme ist für jeden Power Metaller eine Offenbarung: warm, präsent, mit genügend Biss für die härteren Passagen und genug Melodie für die großen Refrains. Gerade wenn die Hooks aufziehen, klebt seine Linienführung wie Staub auf der Haut, ohne je klebrig zu werden.

Die Gitarren (Sven Lüdke, Florian Dyszbalis) liefern reichlich Futter: gedrillte Palm-Mutes, heroische Doppel-Leads, geschmackvolle Licks zwischen den Strophen – alles bestens in Szene gesetzt. Dennoch: Originalität klingt irgendwie anders. Mehr als einmal fühle ich mich an den hymnischen, sehr zeitgenössischen Power-Metal-Entwurf à la Orden Ogan erinnert. MOB RULES klingen hier weniger eigenständig als früher; nicht schlecht, wohlgemerkt, aber der spontane Wiedererkennungsfaktor ist geringer. Würde man mir einzelne Songs vorspielen – ich bin nicht sicher, ob ich die Hanseaten sofort herausgehört hätte.
Einen kann man aber hervorheben: Back to Savage Land: Schon im Text klingt der Stolz der Heimkehrer durch – „Never again we’ll stand alone… We will claim the prize… All across the midnight sky…“ – es ist ein Schwur, ein Aufbruch und eine Siegeshymne zugleich. Die Zeilen „A reflection of the past, toxic trace in shattered glass“ verankern das Pathos in einer zerbrochenen Welt, in der das Ziel klar ist: zurück, koste es, was es wolle. Musikalisch ein Power-Metal-Musterstück: galoppierendes Riffing, strahlende Melodien, Refrain mit Fäustereckpotenzial und definitiv der beste Song des Albums.
So viel die Produktion glänzt und so souverän die Band performt – der Preis des modernen, stromlinienförmigen Power-Metal-Sounds ist hier und da die Abkehr von der ureigenen MOB RULES-DNA. Ich vermisse gelegentlich jene Kantigkeit, die die frühen Platten von der Konkurrenz abhob. Die Songs funktionieren, die Refrains zünden – aber sie riechen weniger nach Nordsee und mehr nach generischem Genre-Ozon. Wer das zeitgemäße, hymnische Face des Power Metal liebt, wird sich dennoch bestens bedient fühlen.
Rise of the Ruler ist ein stark produziertes, in sich stimmiges Konzeptalbum mit großem Kino in den Keys, fetten Gitarren und einem Sänger in Bestform. Es ist die Rückkehr in alte Gefilde – nur mit frisch getanktem Wüstenbuggy, neu lackiert und mit Neonstreifen. Der Fahrspaß stimmt, die Route ist klar, doch die Reifenspuren wirken mancherorts austauschbarer als früher. Oder anders: Der Herrscher erhebt sich eindrucksvoll – nur sein Wappen könnte prägnanter sein.
Anspieltipps
🔥Back to Savage Land
🎸Exiled
Bewertung: 7,3 von 10 Punkten
TRACKLIST
01. The Fall of Dendayar
02. Exiled
03. Future Loom
04. Dawn of the second Sun
05. Back to savage Land
06. Trial and Trail of Fear
07. Providence
08. Nomadic Oasis
09. Coast of Midgard
10. On the Trail
11. Equlibirium (Rise of the Ruler)