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GORLEBEN - Menetekel (2025)

(9.866) Olaf (9,0/10) Doom Death


Label: Darkness shall rise
VÖ: 15.10.2025
Stil: Doom Death Metal






Es gibt Alben, bei denen man schon nach wenigen Minuten merkt, dass hier etwas Größeres lauert als nur ein paar doomige Akkorde und ein bisschen Gekrächze. GORLEBEN gehören mit Menetekel genau in diese Kategorie. Wo andere noch an der Schaufel feilen, haben diese fünf Gestalten längst begonnen, den musikalischen Atompilz aus der Erde zu sprengen. Und ja – das ist genauso bedrohlich, wie es klingt.

GORLEBEN gibt es seit 2010, und mit diesem dritten Output und dem zweiten abendfüllenden Rundling setzen sie alles auf eine Karte: vier Songs, 43 Minuten, kein Gramm Fett, dafür jede Menge Schwärze, Verzweiflung und apokalyptische Wucht. Die Die Bandmitglieder verbergen sich hinter kryptischen Isotopenbezeichnungen, die nicht zufällig gewählt sind. 232Th steht für Thorium, 60Co für Cobalt, 239Pu für Plutonium, 85Kr für Krypton und 235U für Uran – ein radioaktives Quintett, das seine Identität konsequent in den Kontext von Endzeit und nuklearer Bedrohung stellt. Das ist kein Spiel mit Symbolik, sondern ein düsteres Statement.

Musikalisch bedient sich GORLEBEN eines Stilmixes aus Death, Doom und Black Metal – aber das ist nur die halbe Wahrheit. Dazwischen wabern Orgeln, Theremin-Klänge, Keyboard-Teppiche und flüsternde Schatten, die dem Album eine Atmosphäre verleihen, die irgendwo zwischen New Wave 1977 und Funeral Doom aus einem radioaktiv verseuchten Katakombensystem schwebt.

Der zentrale Gedanke hinter Menetekel ist so simpel wie beängstigend: Die Zerstörung unserer Zivilisation ist keine Dystopie mehr – sie läuft bereits. Der Countdown tickt, die Warnung ist ausgesprochen, und GORLEBEN beschreiben diesen Untergang aus zwei zeitlichen Perspektiven: einer Zukunft, die längst nicht mehr zu verhindern ist, und einer Gegenwart, die schon wie ein kalter Sarkophag wirkt.

Und damit wären wir auch beim wohl stärksten Stück der Platte: Sarkophag. Ein Song, der sich anfühlt wie das Öffnen eines Grabmals, in dem die Welt ihre letzten Atemzüge tut. Die Orgel schleicht sich an, der Chor wirkt wie ein sakraler Hilferuf, der im Nichts verhallt, und die Gitarren walzen wie ein langsam kreisender Bohrer durch das Nervenzentrum des Hörers. Vom Feeling her könnte dieser Song tatsächlich aus der Feder eines David Bowie in seiner Berliner Phase stammen – nur dass hier kein Glam-Rock, sondern abgrundtiefer Doom regiert. Ein richtiger Hit für alle Funeral- und Doom-Liebhaber. Granatenstark.

Auch Erg zeigt, wie fein GORLEBEN ihre Klangsprache justiert haben. Die Theremin-Einsätze – und wann hört man sowas bitte mal im Extremmetal? – sorgen für einen leicht psychedelischen Schleier, der sich perfekt in die finstere Monumentalität des Songs einfügt. Es klingt streckenweise so, als hätten Wucan plötzlich beschlossen, Death Metal zu spielen. Dieser Mut zur stilistischen Erweiterung hebt das Album auf ein ganz anderes Level als den Vorgänger Game Over, der im Vergleich heute fast wie eine Demo wirkt. Ein echter Quantensprung.

Countdown fungiert als Einstieg und baut das Szenario wie ein Film-Intro auf: tickende Spannung, ein bedrohliches Grollen, das langsam alles überzieht. Das titelgebende Menetekel schließlich bündelt die Atmosphäre und den inhaltlichen Kern der Platte – ein Stück, das nicht einfach nur Musik ist, sondern eine apokalyptische Anrufung. Hier kollidieren Endzeitvisionen mit einem Sound, der sich in kein enges Subgenre pressen lässt.

Dass GORLEBEN für dieses Album nur vier Songs benötigen, ist kein Zufall. Diese Musik braucht Raum. Raum zum Atmen, Raum zum Auseinanderbrechen, Raum zum Wirken. Ich mag Alben mit solch wenigen, ausufernden Stücken normalerweise nicht besonders, aber hier macht es Sinn. Jeder Track ist wie ein Kapitel eines Endzeitromans, bei dem man das Buch nicht zuklappen kann, bevor nicht der letzte Satz gesprochen wurde.

Ein Punkt, der sich durch das gesamte Album zieht, sind die kleinen, klugen Keyboardeinsätze. Sie stehen nie im Vordergrund, aber ohne sie würde Menetekel nicht die gleiche Tiefe entfalten. Diese feinen Details sind es, die aus einem guten Album ein starkes machen. Einziger Wermutstropfen: Die Produktion hätte noch einen Tacken fetter sein dürfen. Dann hätten wir hier nicht nur ein starkes Genre-Statement, sondern womöglich einen echten Klassiker auf dem Tisch.

Mit Menetekel haben GORLEBEN den Fuß nicht nur auf den Abzug gelegt – sie haben die Bombe bereits gezündet. Was hier aus den Boxen kriecht, ist kein weiteres Doom-Album aus dem Baukasten, sondern ein in sich geschlossenes, düsteres Konzeptwerk mit Strahlkraft. Die klugen Details – Theremin, Orgeln, chorale Einsprengsel, subtile Keyboards – verleihen dem Ganzen eine faszinierende Tiefe. Dazu kommt die apokalyptische Bildsprache der Isotopen-Identitäten, die wie ein roter Faden durch das Album führt.

Es ist ein gewaltiger Sprung nach vorn im Vergleich zu Game Over: düsterer, gefühlvoller, doomiger, stärker. Und so sehr ich lange Songs sonst misstrauisch beäuge – hier braucht die Musik diese Weite, um wirken zu können. Diese Band ist heißer Scheiß, und eine Tour zusammen mit Ahab und Voltron wäre nicht nur logisch, sondern nahezu zwingend.

Wenn die Produktion beim nächsten Mal noch einen Tick mehr Druck bekommt, dann wird GORLEBEN nicht mehr als Geheimtipp gehandelt, sondern steht bei den Labels ganz oben auf der Vertragsliste.


Bewertung: 9,0 von 10 Punkten




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