GOLDSMITH – Into the Wilds (2025)
(9.859) Olaf (6,5/10) Heavy Metal

Label: Metalopolis Records
VÖ: 03.10.2025
Stil: Heavy Metal
Ich gehe völlig unvorbelastet an diese Platte: Weder die frühere Band des Masterminds noch der Protagonist selbst waren mir bislang ein Begriff. Vielleicht ist das gar nicht schlecht, denn so kann GOLDSMITH – und damit Michael Goldschmidt samt Rhythmusgespann – ohne nostalgische Filter oder Szenebindungen auf mich einwirken. Was mir begegnet, ist ein kompaktes, 42-minütiges Kraftpaket aus acht Songs, produziert in den Iguana Studios von Christoph Brandes und Goldschmidt höchstselbst – sauber, druckvoll, schnörkellos dokumentiert.
Historisch ordnet sich die Band als Freiburger Trio ein, gegründet vom Ex-BLACKENED-Gitarristen Goldschmidt; live stößt Gitarrist Stan Berzon dazu. Das neue Werk ist bereits Album Nummer vier – nach Shut Up & Rock (2013), Fire! (2016) und Of Sound and Fury (2022) –, das Cover stammt vom deutschen Comic-Künstler Timo Würz.Alles Fakten, die den professionellen Anspruch unterstreichen und zugleich Erwartungen wecken.
Musikalisch kickt der Opener Into the Wilds die Türen auf: speedig, auf den Punkt, mit einer Rhythmusabteilung, die jeden Antritt sauber abfedert, und Riffs, die im richtigen Winkel zwischen Tradition und Attacke stehen. Dass GOLDSMITH die Axt zwischen Metal-Polen wie METALLICA, BLACK SABBATH und GHOST schwingt und punktuell sogar ein wenig Punk-Kies unter die Stollen nimmt, ist kein Geheimnis – so wird es kommuniziert, so ist es auch hörbar. Nur: Nach dem furiosen Einstieg biegt die Platte in einen Genre-Parcours ein, der für meinen Geschmack zu viele Haken schlägt. The Nowhere Kids blinzelt mit einer leicht lässigen, fast „twangigen“ Note aus dem Sattel – nichts Offensichtliches, eher eine kleine Färbung in Groove und Melodieführung –, und plötzlich sitze ich da und frage mich: „Wollt ihr jetzt ernsthaft die Saloon-Tür halb offen lassen?“ Der Drive bleibt, der Kurs wird wacklig.
Das Songwriting demonstriert jederzeit Souveränität: Hooks werden gesetzt, Bridges sinnvoll verzahnt, Soli landen sauber auf der Eins. Produktionsseitig ist alles im Lot – keine Frequenz, die stört, kein Detail, das verloren geht. Und doch stellt sich bei mir trotz mehrfacher Runden kein echter Funkenflug ein. Das hat zwei Gründe. Erstens: Die stilistische Streuung. Nach dem zackigen Auftakt folgt ein Tanz durch unterschiedliche Metal-Dialekte – mal ein packender Midtempo-Stampfer, mal ein doomig gefärbter Akkordzug, mal ein punkig angeheiztes Schlaglicht, später der bewusst augenzwinkernde Boogie-Flirt von Slingshot Boogie. Das ist handwerklich gelungen und zeigt, dass hier ein sehr guter Musiker den Hut aufhat – aber mir fehlt die eine, deutliche Kontur, an der ich GOLDSMITH im Halbschlaf wiedererkenne. Zweitens: Der Sound ist mir eine Spur zu steril. Nicht steril im Sinne von leblos, eher klinisch sauber – wie ein frisch gewischter Proberaum, in dem die Bierkisten noch fehlen. Für Headphones ein Fest; für Herz und Nacken hätte ich mir hie und da etwas mehr Patina, Dreck und Risiko gewünscht.

Auffällig stark gelingt GOLDSMITH das Spagat-Moment, wenn das Trio Geschwindigkeit, Groove und einprägsame Gesangslinien zusammenzieht: Baron Blood hat diese konturierte Härte, die sofort funktioniert; We Will Burn In Hell spielt das Refrain-Ass ohne falsche Bescheidenheit aus; In Skies Of Grey setzt einen atmosphärischen Kontrast, der der Platte Luft verschafft. Und ja – Slingshot Boogie darf polarisieren, aber genau dieser augenzwinkernde Ausreißer zeigt, wie viel Spielraum das Trio sich nimmt. Ob das allen schmeckt, ist eine andere Frage.
Unterm Strich: GOLDSMITH liefern ein fokussiert eingespieltes, professionell produziertes Album, das keine Schwächen im Handwerk zeigt – aber mich mit seiner stilistischen Unruhe und dem sehr sauberen Finish eher auf Distanz hält. Der Opener rollt wie ein frisch geölter Panzer aufs Feld, danach zerfasert mir die Dramaturgie zu sehr in „mal so, mal so“. Wer Abwechslung im klassischen Heavy-Gewand schätzt, bekommt hier reichlich Futter. Ich persönlich hätte mir weniger Schaufenster, mehr Werkstatt gewünscht: eine engere Spur, mehr Kratzer im Lack, mehr Ecken, an denen man hängen bleibt. Oder, um’s knapp zu sagen: gut gemachte Mucke, die mir zu steril gerät und in zu vielen Stilen wildert.
Respekt für die Musikalität, den Punch und die klare Produktion – doch die wilde Stil-Safari kostet Identität und verhindert, dass sich ein durchgehender roter Faden strafft. Der Motor startet glänzend, stottert dann aber an zu vielen Abzweigungen. Für Fans gepflegter Abwechslung eine lohnende Tour; wer Stringenz sucht, wird den Kompass vermissen.
Bewertung: 6,5 von 10 Punkten
TRACKLIST
01. Into the Wilds
02. The Nowhere Kids
03. Here’s my Revenge
04. We will burn in Hell
05. Evil-The Curse is upon us
06. Baron Blood
07. In Skies of Grey
08. Slingshot Boogie