DOLMEN GATE – Echoes of ancient Tales (2025)
(9.843) Olaf (6,9/10) Heavy Metal

Label: No Remorse Records
VÖ: 03.10.2025
Stil: Heavy Metal
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Ich mag es, wenn Musik nach salziger Luft und Geschichten riecht. DOLMEN GATE kommen genau damit um die Ecke – Schwerter klirren, Wellen brechen, irgendwo lodert ein Feuer, und aus Lissabon erhebt sich eine Stimme, die das Epische nicht nur behauptet, sondern lebt. Gegründet 2021, heute mit Ana (Gesang, Akustikgitarre), Kiko und Artur (Gitarren), Nuno (Bass) und Alex (Drums) unterwegs, verschreibt sich die Truppe dem „heiligen“ Heavy Metal in der Traditionslinie von US-Epic bis britischem Stahlerbe.
Ihr zweites Album Echoes of Ancient Tales kommt fast im schönsten Achtziger-Takt: knapp anderthalb Jahre nach dem Debüt – so dermaßen Oldschool wie auch die Mucke der Portugiesen. Gut so, denn diese Schlagzahl passt zum Spirit der Band: nicht verkopfen, liefern.
Klanglich ist das Ganze eine wohlgeratene Mischung aus drahtigen Twin-Leads, heroischen Refrains und warmem, organischem Grundsound. Produziert (und auch aufgenommen/gemixt/gemastert) mit Sinn für Breite im Chorus und Platz für rhythmische Details, steckt das Album voller stimmungsvoller Momente: akustische Einfärbungen, galloppierende Bridges, aufziehende „Sturm“-Signale der Rhythmusgruppe. Die Produktion sitzt—glasklar genug, um Feinheiten zu tragen, aber ohne den letzten Punch, der den Hörer vom Stuhl fegt. Mir fehlt immer dieses berühmte „eine Klick mehr“ auf dem Verstärker, das aus „sehr ordentlich“ „unwiderstehlich“ gemacht hätte.
Die Erzählperspektive ist eindeutig episch: Seefahrt, Prophezeiungen, Untergang und Aufbruch; Titel wie Souls to Sea, The Prophecy oder We Are the Storm verraten den Kurs. Musikalisch übersetzt die Band das mit geschmackvoll angezogenen Tempi, schimmernden Harmonien und resoluten Refrains – eher Erhabenheit als Raserei, eher Klinge als Keule. Wenn die Gitarren in Carthage Eternal jene weit ausladenden Melodiebögen ziehen, blitzt dieses „Ewigkeits-Gefühl“ auf, das der Stil braucht. Und wenn Ana die Linien nach oben trägt, ohne ins Scharfe zu kippen, steht der Band ein eigenes Profil gut zu Gesicht: keine „Metal-Sirene“ von der Stange, sondern eine erzählerische, bisweilen fast balladeske Stimmführung, die das Bild zusammenbindet.

Dass DOLMEN GATE „reine Stahlbrühe“ servieren wollen, wie es ihre Selbstauskunft im Kern nahelegt, hört man: Es gibt keine modischen Ausreißer, keine modern getrimmten Core-Kanten, stattdessen Tradition mit einem Hauch 70er-Staub für die Patina. Das ist in sich stimmig – und doch bleibt der Eindruck, dass das Songwriting oft knapp unter der magischen Linie verweilt, an der sich Gänsehaut automatisch einschaltet. Wo die Riffs groß, die Leads feierlich und die Drums entschlossen marschieren, trägt einen das Album weit; wo ein Hook nicht ganz schnappt oder ein Mittelteil länger ausholt als nötig, zieht die Wucht ein wenig nach. Kurz: Ist alles nicht schlecht, aber es reißt mich nicht vom Hocker.
Im Vergleich zum Einstand (und ja, wer Jörns warmen Empfang des Debüts kennt, erwartet hier naturgemäß „die nächste Pforte“) wirkt Echoes of Ancient Tales gereift, präziser in den Einsätzen, mit geschärftem Gespür für Dynamik – allerdings ohne den großen, ikonischen Moment, der noch lange nachklingt. Dafür punkten Atmosphäre, Instrumentalhandwerk und ein sehr runder, detailbewusster Klang – ein Album zum Hineinfallen, weniger zum Umwerfen. Artwork-Freunde dürfen mitreden: Márcio Blasphemator liefert eine Optik, die die maritime Sagenwelt schön einfängt, ohne in Klischee-Kitsch zu verfallen.
Unterm Strich liefert DOLMEN GATE genau das, was sie versprechen: epischer Heavy Metal, klassisch im Kern, mit eigener Stimme. Ich höre gern zu, ich nicke oft zustimmend, ich lächle bei den großen Melodiebögen – aber der finale Zündfunke, der das Ganze in die „muss-ich-jedem-zeigen“-Liga schießt, bleibt (noch) aus. Ein stark gebautes, gut produziertes Epic-Metal-Schiff, das sauber durch die Brandung pflügt – nur eben selten volle Segel setzt. Eineinhalb Jahre nach dem Einstand so schnell nachzulegen, ist wunderbar Achtziger und passt perfekt zu ihrem Traditionskurs; jetzt noch der letzte Schritt im Hook-Design und die Portugiesen landen richtig groß. Bis dahin: respektables Kopfnicken statt unkontrolliertem Jubel.
Anspieltips:
🔥 Carthage Eternal
🎸 Rising Whispers