BONGINATOR – Retrodeath (2025)
(9.842) Phillip (8,7/10) Death Metal

Label: Testimony Records
VÖ: 24.10.2025
Stil: Death Metal
Eine Band die Bonginator heißt, stumpfesten Death Metal zelebriert und der Kräuterfackel huldigt KANN per se nur geil sein. Ok, es sei denn ihr haut euch bereits morgens die Schneebälle in’s Riechorgan und startet mit Blasphemy in den Tag, der nichts mehr bietet als den puren Ernst des Lebens. Das Vorgängerwerk The Intergalactic Gorebong of Deathpot (ein herrlicher Titel) entzückte durch simplen Death Metal, Thrash-Anleihen und Holzhammerhumor für Menschen, die in ihrer mentalen Entwicklung flexibel eingestellt sind. Kurzum: Ein großartiges, kurzweiliges Werk! Nicht weniger erwartete ich nun also von Retrodeath.

Der Blick auf das Cover ist erstmal ein Festival des guten Geschmacks. ALLES was irgendwie für die 1980er Jahre steht ist hier, bis in’s kleinste Detail, zu sehen. Zimmerpflanze, Muster auf dem Stuhl, Tape-Coverbilder und allerlei bunte Figuren und Poster, alles ist da! Doch sofort folgt die Ernüchterung. Nach dem Synthie-Intro, eigespielt von Mastermind Erik Thorstenn persönlich, knallt ein übertriebener Lärm-Orkan namens All We Really Are Is Livestock aus den Boxen, eigefettet mit Effekten und komplett überdreht, dass ich Probleme habe die Gitarre und die anderen Instrumente auszumachen. Was ist denn hier los? Wo ist der Klare-Kante-Death Metal des Vorgängers hin?
Ich musste das Album erstmal aus machen. War ich enttäuscht? Ja. Verletzt? Vielleicht. Aber größtenteils war ich überrascht. Doch in den nächsten Tagen näherten Retrodeath und ich uns an, zum Teil auch weil mir der Cheffe körperliche Gewalt angedroht hat. Und das völlig zurecht! Nach mehrmaligen Hördurchläufen ergibt alles einen Sinn! Anstatt sich selbst zu wiederholen, oder zu einer schnöden Kopie anderer aktueller Death Metal Bands wie 200 Stab Wounds, Undeath oder Sanguisugabogg zu verkommen, haben sich Erik Thorstenn und seiner dübelnden Mitstreiter auf die eigenen Interessen und Stärken fokussiert und Bonginator komplett auf redefiniert. All Cops Are Biomechs kommt bockstark mit Synthie-Intro aus den Startlöchern und brettert dann auf den Saiteninstrumenten weiter. Pizza Time und Short Ass Bus haben eine sagenhafte Pizzathrash-Schlagseite und werden von erstklassigen, hierzulande weitesgehend unbekannten, Bands wie Belushi Speed Ball und Big Ass Truck unterstützt. Später helfen dann auch noch Fulci aus.
Darüber hinaus wird das von dem zuweilen discoartigen Drumming angetriebene Vehikel stets auf Geschwindigkeit gehalten, immer wieder ergänzt durch scheinbar zufällig eingestreute Synthie-Drums. Überhaupt: Was Erik Thorstenn hier am Tasteninstrument abreißt um Intros und Interludes thematisch und atmosphärisch passend in Szene zu setzen ist einfach exzellent umgesetzt! Eine andere spannende Sache, die das Album parat hält, ist das Ratespiel in einigen Songs, ob der Bass jetzt einfach supertief gestimmt ist, oder ob es Froschgeräusche oder gar beides gleichzeitig ist.

Textlich erwarte ich jetzt keine tiefschürfenden, womöglich kritischen Lyrics und natürlich bekomme ich die auch nicht. Ob hier Robocops Glanzstück besungen wird, die Turtles abgefeiert werden oder es um die schnöde Busfahrt zur Schule geht, oder um Geschehnisse in einem Fitnessstudio, Bonginator nehmen keine Umwege und kommen ohne Metaphern direkt zur Sache. Nur das Outro wird dem einen oder der anderen Achtzigerfanatikerin Tränen in die Augen drücken. Es wird ein Filmzitatefeuerwerk sondergleichen gezündet und mit einem herrlich pathetischem Saxophon abgeschlossen – es könnte genau so gut ein Abspann sein.
Wer also, genau so wie ich zu Beginn, etwas mit dem Zweitwerk dieser Substanzprofis fremdelt: Gebt euch nicht auf, lasst das Teil noch ein paar mal kreisen (ihr versteht) und ich garantiere dafür, dass ihr dabei einen riesigen Spaß haben werdet!
Anspieltipps:
🤖 All Cops Are Biomechs
🚌 Short Ass Bus (ft. Big Ass Truck and Ignominious)
💪 Lunk Alarm
Bewertung: 8,7 von 10 Punkten
TRACKLIST
01. Sequence Initiation (Intro)
02. All We Really Are Is Livestock
03. All Cops Are Biomechs
04. Pizza Time (ft. Belushi Speed Ball)
05. The Fog Interlude
06. The Fog
07. Short Ass Bus (ft. Big Ass Truck and Ignominious)
08. Lunk Alarm
09. Intruder Organism Interlude
10. Intruder Organism (ft. Fulci)
11. Who Let the "Things" (1989) Out
12. Outro (ft. Tim Capello)