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WARRANT – The Speed of Metal (2025)

(9.867) Olaf (8,0/10) Speed Metal


Label: Massacre Records
VÖ: 24.10.2025
Stil: Speed Metal






Ich habe WARRANT immer als jene speerspitzige Ausnahme im deutschen Speed-Underground wahrgenommen, die nie nach Trends geschielt hat, sondern ihren Herzschlag seit ’83 auf 45 rpm festgetackert ließ. Wenn die Jungs nicht gleich zweimal über Jahrzehnte auf Pause gedrückt hätten (29 bzw. 11 Jahre – autsch), wäre das Kapitel hiesiger Stahldiskographie womöglich anders geschrieben worden. Umso schöner, dass The Speed of Metal nicht wie ein Nostalgie-Tape klingt, sondern wie ein frischer, gut geölter Motor, der direkt aus der Boxengasse mit qualmenden Reifen auf die Geraden ballert.

Produktion zuerst, denn die fällt sofort auf: Martin Buchwalter in den Gernhart Studios hat den Gitarren ein sattes Fundament gegossen, die Drums knallen trocken, der Bass brummt mit Charakter – „fett produziert“ ist hier keine Floskel, sondern Fakt im Ohr. Michael Schwabes Mastering liefert die nötige Klarheit und Luft, ohne den Punch zu glätten, und Gyula Havancsaks Artwork schlägt in die gleiche Kerbe: klassischer Stahl, aber mit Gegenwarts-Tintenkick. Dass Frontmann Jörg Juraschek selbst die Reglerhoheit behielt und Norman Jonas in der Vorproduktion die Traktion gelegt hat, hört man an den Übergängen, den aufgeräumten Arrangements und den punktgenauen Dynamikspitzen. Dazu die gewachsene Vierer-Statik mit Neuzugang Adrian Weiss an der Seite von Michael Dietz: Doppelaxt-Wand, saubere Unisono-Läufe, geschmackvolle Twin-Leads – und Soli, die vorwärts erzählen, statt Notenlisten abzuspulen.

Strukturell lässt sich das Album sauber in drei Drittel teilen – und genau darin liegt sein Spannungsbogen. Nach dem atmosphärischen Blood Moon Prelude detonieren Cut Into Pieces und Demons und – ja – im Verbund mit Falling Down bilden diese ersten drei Nummern die Speed-Granaten-Phase: schnelles Picking, peitschende Uffta/Doublebass-Wechsel, Refrains, die ohne Umweg über die Großhirnrinde in die Nackenmuskulatur fahren. Juraschek phrasiert griffig, leicht kehlig, mit jener markanten Körnung, die WARRANT schon in den Achtzigern unverwechselbar machte, aber jetzt tighter und fokussierter wirkt. Das ist nicht „Oldschool von gestern“, das ist „Oldschool im Heute“.

Im zweiten Drittel nimmt das Album spürbar Tempo raus. Windy City – Sweet-Cover und Jurascheks erklärter Traum – ist in dieser Version zu lang geraten: Idee gut, Umsetzung ehrenwert, aber in dieser Sequenz zieht der Track die Drehzahl runter, wo ein weiterer High-Speed-Schub dem Fluss besser gestanden hätte. Cry Out reiht sich solide ein, bleibt aber dramaturgisch im Schatten des furiosen Auftakts. Hier zeigt die Platte kurz ihre einzige Schwäche: der Puls fällt, ohne dass der Pathos oder die Melodie das Tempo-Defizit vollständig kompensieren. Nicht schlimm – aber spürbar.

Dafür brennt das letzte Drittel wieder das WARRANT-Wappen in die Netzhaut. Salvation und Regain the Fire schlagen die Brücke zwischen störrischer Härte und hymnischer Eingängigkeit, It’s Up to You (1988 geschrieben, jetzt neu belebt) grinst dich mit jener “wir haben’s noch drauf”-Attitüde an, die nur Bands mit Historie und Benzin im Blut so glaubhaft rüberbringen. Finale Scream for Metal macht seinem Namen alle Ehre: ein klassischer „Fäuste hoch!“-Abschluss, der live den Schweißfilm in Sekunden nachlegt und auf Platte die letzten Reserven aus der Endorphin-Batterie saugt – „wieder ordentlich mit dem Morgenstern durchs Gesicht“, wie wir unter Freunden sagen.

Textlich bleibt WARRANT der klaren, direkten Kante verpflichtet – kein kunstvolles Meta-Geflirre, sondern Schlagzeilen fürs Kopfkino: Fallen, Kämpfen, Retten, Feuer neu entfachen, für den Stahl schreien. Pressetext-Infos wie „Rückbesinnung auf die Wurzeln bei gleichzeitiger Gegenwartsorientierung“ klingen selten so plausibel wie hier, weil die Songs genau das abliefern: Riffs, die nach 1985 riechen dürften – aber eben frisch lackiert, präzise eingepasst, ohne Nostalgie-Patina. Und ja: Ich bin seit den Anfängen Fan. Gerade deshalb freut mich, wie wenig angestaubt das wirkt. Hätte die Band konsequent in kürzeren Intervallen veröffentlicht, wir würden heute wahrscheinlich über eine andere Flughöhe sprechen. So aber steht The Speed of Metal als Statement: nicht die lauteste, aber eine der aufrichtigsten Rückmeldungen, die der heimische Speed Metal 2025 geben kann.

Ein Wort zu den Gitarren: Dietz/Weiss liefern genau die Sorte Dualität, die Speed Metal groß macht – ein Sägeblatt links, ein Messer rechts, in den Mitten ein warmer, nicht überzogener Gain-Sweetspot. Die Leads sind melodisch, nie klebrig; die Harmonien sitzen, ohne Iron-Maiden-Fototapete zu kleben. Marius Lamms Drumming hält das alles mit stoischer Präzision zusammen – wenig Zierwerk, viel Vortrieb. Und Juraschek? Charismatisch wie eh und je, diesmal mit dem Luxus, auf einer Produktion zu stehen, die jede Silbe trägt.

The Speed of Metal ist der gelungene Spagat zwischen DNA und Gegenwart: fett produziert, vorne raus kompromisslos, hinten raus triumphal – mit einem kleinen Durchhänger mittendrin, der die Gesamtform nicht sprengt. Für Fans der ersten Stunde ein Heimspiel, für Neulinge eine überraschend frische Einladung. Und live? Da wird das Ding brennen.

Anspieltips
🔥Cut Into Pieces
🎸Demons
💀 It’s Up to You


Bewertung: 8,0 von 10 Punkten


TRACKLIST

01. Blood Moon Prelude
02. Cut into Pieces
03. Demons
04. Falling down
05. Windy City
06. Cry out
07. Salvation
08. Regain the Fire
09. It’s up to you
10. Scream for Metal 



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