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DEAD SUN – This Life is a Grave (2025)

(9.990) Olaf (7,5/10) Melodic Death Metal


Label: Emanzipation Productions
VÖ: 19.12.2025
Stil: Melodic Death Metal






Rogga Johansson die Zweite

Ich war tatsächlich kurz irritiert, als ich feststellte, dass DEAD SUN bereits acht Alben im Gepäck hatten, bevor This Life Is a Grave nun sein knochentrockenes Haupt aus der Erde schiebt. Zwei Veröffentlichungen in 2019, zwei in 2021 – das kann doch niemand ernsthaft in normalsterblicher Zeit schaffen. Aber wir reden ja von Rogga Johansson. Dem Devin Townsend des Death Metal. Ein Mann, der offenbar in jeder freien Minute entweder Gitarren einspielt, Grunzvokale in den Äther entlässt oder das nächste Bandlogo auf Servietten kritzelt. Beim letzten Review zu House by the Cemetary war ich schon erstaunt über sein Arbeitspensum – und jetzt setzt er einfach weiter fort, als hätte man ihm die Batterie nie entfernt.

Dass DEAD SUN eigentlich bereits 1996 gegründet wurde, macht die Sache nur noch charmanter. Ein Projekt, das damals entstand, um Rogga neben Terminal Grip (später Paganizer) etwas mehr melodischen Spielraum zu ermöglichen. Dann jahrzehntelang halbtot, wiedererweckt durch Demos und vereinzelte Sessions, bis ab 2013 plötzlich regelmäßig Material erschien. Und seitdem läuft die Maschine – mal rumpelnd, mal überraschend melodisch – aber unaufhaltsam. Auch hier bestätigt sich also, was die Szene seit Jahren weiß: Wenn Rogga eine Idee hat, dann wird sie nicht nur umgesetzt, sondern in Albumform gegossen, bevor man Kaffee sagen kann.

Nun also angeblicher Melodic Death Metal. Und ja – ein paar Melodielinien, einige melancholisch eingefärbte Leads und ein grundsätzlich zugänglicheres Songwriting deuten in diese Richtung. Doch wie so oft bei Rogga bleibt es eher eine Duftmarke als ein vollwertiger Stilwechsel. Es gibt Momente, in denen die Gitarren kantiger in Richtung Göteborg schielen, in denen die Atmosphäre etwas mehr in Moll badet, aber an die Großen der melodischen Todesblei-Zunft kommt das natürlich nicht heran. Tut es aber auch nicht müssen, denn DEAD SUN wirkt hier wie eine Überschrift: Rogga schreibt Death Metal, der Zähne hat – und dieses Mal eben gelegentlich so tut, als habe er Melodie studiert.

Der Pressetext preist eine „dunkle, kraftvolle Mischung aus Melancholie und Brutalität“ und tatsächlich gelingt es den beiden Akteuren – Rogga an Gitarren, Bass und Vocals, Thomas Ohlsson an den Drums – eine gewisse Stimmung aufzubauen, die zwischen kalter Finsternis und bodenständigem Schwedenmörtel pendelt. Besonders Ohlsson verleiht dem Material einen angenehm treibenden Puls; seine Drums sind präzise, nicht überladen, und wirken wie ein strukturelles Rückgrat, das Roggas eher erdigen Gitarrenlinien Halt gibt.

 

Die Texte folgen anscheinend klassischen Death-Metal-Motivationen: Untergänge, Sukkuben, verführerische wie tödliche Gestalten, Vergänglichkeit. Der Albumtitel This Life Is a Grave drückt es ja bereits unmissverständlich aus. Besonders auffällig war für mich die Formulierung aus Your Life Is a Grave, in der das Leben als „Grube, die du selbst schaufelst“ beschrieben wird – simpel, aber effektiv, und mit dieser typisch roggaesken Mischung aus düsterer Bildsprache und lakonischer Desillusion. Ebenso taucht im Tracklist-Opener der phantastische Mythos um Ubbo-Sathla auf, was dem Ganzen einen leicht okkulten, fast pulp-horrorartigen Touch verleiht.

Das Album wirkt insgesamt kohärent, düster, aber nicht erdrückend – eher wie ein Spaziergang über einen alten Friedhof, bei dem man merkt, dass die Statuen vielleicht doch ein Eigenleben führen. Und dann passiert etwas, womit ich in dieser Rogga-Diskografie eher selten rechne: Ein richtiger Ohrwurm. To Give the End a Voice entfaltet einen Hook, der so catchy ist, dass man fast glaubt, Rogga habe nachts heimlich Göteborg-Wasser getrunken. Der Chorus bleibt hängen, die Melodielinie greift sofort – und ich ertappte mich mehrfach dabei, wie ich das Ding summte, ohne überhaupt bewusst hingehört zu haben.

Davon bitte mehr! Wäre diese Qualität öfter vertreten, dann hätte es This Life Is a Grave vermutlich locker ins Monthly Warfare für Dezember geschafft. So ist es am Ende ein starkes, atmosphärisches Werk, das seine Herkunft nicht verleugnet, aber doch etwas zu sehr im sicheren Rogga-Kosmos bleibt.

Am Ende bleibt der Eindruck eines Albums, das sich gut hören lässt, dessen große Stärken punktuell aufleuchten, das aber auch zeigt, dass Melodic Death Metal – so Roggaesque er sein mag – mehr verlangt als ein paar solide Leads und ein Händchen für morbide Stimmung. Rogga liefert gute Kost, keine Frage. Aber die Königsklasse bleibt anderen überlassen. Trotzdem: Der Mann bleibt eine Maschine. Und Maschinen macht man keine Vorwürfe, wenn sie nicht tanzen können.

This Life Is a Grave ist ein weiterer Baustein in Rogga Johanssons nie endender Diskografie-Pyramide – stabil, düster, melodisch angehaucht und mit einzelnen Momenten, in denen man aufhorcht und sich fragt, warum der Mann nicht öfter so eingängig komponiert. Es ist kein Überwerk, aber eines, das sein eigenes Grab mit Würde, Stil und überraschend viel Atmosphäre schaufelt. Und manchmal reicht genau das, um ein paar frostige Dezembertage zu retten.

Anspieltips:
🔥To Give the End a Voice
💀Your Life Is a Grave
🎸A Midnight Serenade


Bewertung: 7,5 von 10 Punkten


TRACKLIST

01. Primordial Knowledge (Where Ubbo-Sathla Reign)
02. Embraced by the Succubus
03. A Midnight Serenade
04. Sin Collector
05. Nighttime Butterfly
06. She drank my Soul
07. Your Life is a Grave
08. Calls from the Crypt
09. To give the End a Voice 



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