BATTLE BEAST – Steelbound (2025)
(9.868) Olaf (7,0/10) Hard Rock

Label: Nuclear Blast
VÖ: 17.10.2025
Stil: Hard Rock
Helsinki im Herzen, Glitzer in den Adern, Stahl an der Schuhsohle – BATTLE BEAST haben mich diesmal auf dem falschen Fuß erwischt. Ich hatte die Messer schon gewetzt für eine gepflegte Hinrichtung, doch Steelbound dreht mir frech den Spiegel hin: Vieles ist Plastik, vieles Pop – und trotzdem ertappe ich mich beim Mitwippen, während die Gehwarzen im Takt zucken.
Die Finnen, seit dem Debüt Steel (2011) kontinuierlich größer geworden und mit Circus of Doom 2022 in der Heimat erneut an der Chartspitze, servieren ihr siebtes Album just am 17. Oktober 2025 – und natürlich starten sie genau dann die große Europatour, inklusive ihres bisher größten Deutschland-Konzerts in Hamburg. Das Selbstverständnis: nicht grübeln, sondern 38 Minuten Ballast abwerfen, tanzen, headbangen, singen – und den Alltag in den nächsten Mülleimer treten. So steht’s zwischen den Zeilen des Begleitmaterials, und genauso klingt’s auch.
Musikalisch dockt Steelbound an gleich mehrere Tankstellen an: klassischer Metal mit breiter Brust, neonleuchtende Synthesizer, eine Prise Symphonic, dazu reichlich 80er-Hard-Rock-Zucker. Der Trademark-Mix aus Kirmes-Energie, Bombast und sportlichem Refrain-Schießen wird hier so zielstrebig abgefeuert, dass man förmlich sieht, wie die Hooks an den Stadiontraversen kleben bleiben. Diese breite Farbpalette ist kein Zufall, sie ist Programm – BATTLE BEAST wollen gleichzeitig pfeifen, stampfen, funken, und sie schaffen das, ohne in Einzelteile zu zerfallen.
Inhaltlich wird das Ganze als „neues Kapitel“ verkauft, als freundliche Kampfansage an alle, die jemals kleingemacht wurden. Empowerment statt Elfenbeinturm, offene Arme statt erhobenem Zeigefinger. Der Titelsong Steelbound bündelt genau das: aufrichten, die Krone richten, weitergehen. Das ist nicht subtil – aber Subtilität stand auf dieser Party ohnehin nie auf der Gästeliste. Und weil es BATTLE BEAST sind, regiert der Refrain mit eiserner Hand in Samthandschuhen.
Nun zu den Momenten, die mir mein eigenes Urteil sabotieren: Here We Are klingt, als wolle man mit wehenden Fahnen zum ESC – Zuckerwatte pur, klebrig, schillernd, im Chor eingestrahlt; eigentlich alles, was mich normalerweise auf die Palme bringt. Und doch: Der Haken sitzt. Ich höre den Refrain ein zweites Mal, und die Moral poltert leise in den Keller. Ähnliches bei Twilight Cabaret: ebenso zuckersüßer Rock-Pop – und die Nummer gefällt mir verdammt gut. Vielleicht, weil sie sich gar nicht für ihre Eingängigkeit schämt und stattdessen mit offenem Visier umarmt. Das ist Pop-Appeal ohne falsche Scham, smart arrangiert, federnd, mit genau dem Drive, der den Hüftknochen sagt: „Wir gehen jetzt.“
Wenn’s härter werden soll, sind BATTLE BEAST ebenfalls vorbereitet. Last Goodbye ist so ein Caseschnitt, der direkt ins Beinkleid fährt – schnörkellos rockig, exakt austariert zwischen metallischem Punch und Radiotauglichkeit. „Was ist denn nur mit mir los?“, denke ich beim dritten Durchlauf und merke, wie meine innere Abrissbirne eine Raucherpause macht. Und Riders of the Storm? Fetzt mit fast schon NDH-mäßigen Hooklines, marschiert breitbeinig in die Arena und lässt die Kickdrum wie ein Metronom für Nackenmuskeln arbeiten. Diese Hybridmomente sind es, die Steelbound vom bloßen Party-Soundtrack zum cleveren Schaustück machen: eine Gruppe, die exakt weiß, wie man Publikum aus verschiedenen Ecken in eine gemeinsame Mitte zieht.

Natürlich: Wer allergisch auf Hochglanz reagiert, braucht hier eine Tablette. Die Produktion ist poliert bis in die letzte Spiegelkante, die Keyboards glänzen wie frisch gewienertes Chrom, und manche Passagen tragen den Duft eines Fitnessstudios um die Mittagszeit. Aber: Ich habe schon weitaus Schlimmeres gehört und finde mich zu oft kopfnickend wieder, um den moralischen Zeigefinger überzeugend oben zu halten. Live? Für mich persönlich eher nicht die erste Adresse – mir fehlt dann doch das Schmutzfleckchen zwischen den Akkorden. Auf Platte jedoch trifft die Band erstaunlich zuverlässig den Sweet Spot zwischen Euphorie und Ohrwurmbestechung. Dass das Paket als „große, positive, laute Umarmung“ verkauft wird, passt: Wer sich fallen lässt, wird hier aufgefangen – im Glitzerregen, versteht sich.
Unterm Strich ist Steelbound ein Album, das sich nicht schämt, groß zu denken und noch größer zu klingen. Es ist Pop im Kettenhemd, Heavy Metal unter der Discokugel, und genau deshalb effektiver, als Zyniker gern zugeben möchten. Ich wollte die Abrisskugel bedienen – und bin beim Tanzen geblieben.
BATTLE BEAST liefern mit Steelbound die politisch unkorrekte Eintrittskarte für 38 Minuten Eskapismus – plastikglatt, poppig, aber mit genügend Stahl im Rückgrat, um selbst Skeptikern ein Grinsen abzuringen. Ich werde sie deswegen nicht plötzlich zum neuen Live-Messias erklären, doch auf Platte ist das Paket so verführerisch geschnürt, dass mein innerer Grantler kleinlaut seine Jacke holt und mit auf die Tanzfläche kommt. Wer Spaß sucht, findet ihn hier – und zwar in Großbuchstaben.
Anspieltips
🔥Last Goodbye
🎸Riders of the Storm
🍭Twilight Cabaret
Bewertung: 7,0 von 10 Punkten
TRACKLIST
01. The Burning within
02. Here we are
03. Steelbound
04. Twilight Cabaret
05. Last Goodbye
06. The long Road
07. Blood of Heroes
08. Angel of Midnight
09. Riders of the Storm
10. Watch the Sky fall