SINSAENUM – In Devastation (2025)
(9.747) Olaf (8,9/10) Death Metal

Label: earMusic
VÖ: 08.08.2025
Stil: Death Metal
Wenn Schmerz zu Musik wird und Verlust sich in pure Energie verwandelt, entsteht manchmal etwas, das größer ist als die Summe seiner Teile. Bei Sinsaenum ist genau das passiert. Gegründet von Frédéric Leclercq als multinationale All-Star-Truppe, stand die Band schon immer für extreme Emotionen und kompromisslose Härte. Doch In Devastation, ihr drittes Studioalbum, geht noch einen Schritt weiter – es ist nicht nur eine musikalische Abrechnung, sondern auch ein Ventil für Trauer, Wut und das unbedingte Bedürfnis, weiterzumachen.
Der Schatten von Joey Jordison liegt über dieser Platte – nicht als lähmendes Gewicht, sondern als treibende Kraft. Mit Andre Joyzi, einst Jordisons Drum-Tech und enger Vertrauter, sitzt nun jemand hinter dem Kit, der das Erbe versteht und zugleich eigene Akzente setzt. Man spürt diese Verbindung in jeder Bassdrum-Salve, in jedem präzisen Beckenanschlag.
Klanglich ist das Album ein Monster. Lasse Lammerts Produktion ist so fett und transparent, dass selbst die brutalsten Blastparts nicht im Brei versinken. Stattdessen bekommt jedes Riff, jede Note und jeder wütende Atemzug seinen Platz. In Devastation wuchtet sich mit einer Vehemenz in den Raum, die vor allem in den schleppenden Passagen noch einmal an Heaviness zulegt – als würde jemand den Presslufthammer einfach langsamer, aber tiefer ansetzen.
Attila Csihar klingt dabei so böse wie eh und je – mal wie ein grollender Abgrund, mal wie ein geifernder Dämon auf Kettenzug. Sean Zatorsky liefert die Kontraste, wenn klare Gesangslinien und harsches Gebrüll ineinander übergehen. Diese Mischung sorgt dafür, dass die Songs nicht nur knallen, sondern auch hängen bleiben. Und hängen bleiben sie, weil dieses Album wahnsinnig abwechslungsreich ist – schnelle Nackenbrecher wechseln sich mit düsteren, fast schon erdrückenden Midtempo-Brocken ab.

Der Titeltrack In Devastation ist ein Megabrett erster Güte – kompromisslos, direkt, aber mit dem feinen melodischen Einschlag, der Sinsaenum seit jeher besonders macht. This Wretched World trägt einen rabenschwarzen Anstrich, der tief in Black-Metal-Gefilde hinabzieht, während Over the Red Wall sich schon fast komplett diesem Genre verschreibt, nur um im nächsten Moment wieder die Death-Metal-Keule zu schwingen. The Last Goodbye wiederum reißt emotional auf, was textlich schon im Titel anklingt – ein persönlicher, melancholischer Höhepunkt, der ohne Kitsch berührt.
Textlich bewegen wir uns zwischen Endzeitvisionen, spirituellen Abrechnungen und sehr persönlicher Trauerverarbeitung. Hier wird nicht auf Pathos gesetzt, sondern auf rohe, direkte Bilder – passend zu einer Band, die lieber die Wahrheit ins Gesicht schreit, als sie in Samt zu wickeln.
Optisch bleibt das Albumcover solide, aber etwas mehr Liebe zum Detail hätte nicht geschadet – gerade weil die Musik selbst so viele Nuancen bereithält. Dafür entschädigt der Inhalt umso mehr: Für mich als langjährigen Fan ist In Devastation nicht nur das persönlichste und eingängigste Werk der Band, sondern vermutlich auch das vielschichtigste und schlicht beste.
Sinsaenum beweisen mit In Devastation, dass Trauer nicht lähmen, sondern antreiben kann. Dieses Album ist wie ein Monument aus Wut, Verlust und Entschlossenheit – brutal, emotional, abwechslungsreich und auf allen Ebenen durchdacht. Wer hier nur auf die schnellen Parts achtet, verpasst die wahre Wucht der schleppenden, tonnenschweren Momente. Es ist ein Werk, das sich nicht an Trends orientiert, sondern an der eigenen Notwendigkeit, diese Musik zu machen.
Anspieltipps:
🔥In Devastation
💀This Wretched World
🎸Over the Red Wall
Bewertung: 8,9 von 10 Punkten
TRACKLIST
01. In Devastation
02. Cede to Thunder
03. Shades of Black
04. Obsolete and broken
05. Last Goodbye
06. Spiritual Lies
07. Destroyer
08. Buried alive
09. This wretched World
10. Over the red Wall