WHITE MANTIS – Arrows At The Sun (2025)
(9.744) Maik (9,7/10) Thrash Metal

Label: High Roller Records
VÖ: 22.08.2025
Stil: Thrash Metal
Da denke ich, im Bereich Thrash Metal kann man mich mittlerweile kaum noch überraschen, und da kommt eine Combo namens WHITE MANTIS daher und tut genau das. Bei einem derartigen Namen denkt man vielleicht an Epic oder Power Metal, doch damit haben die Bajuwaren nun mal gar nix am Hut. Technischer Thrash Metal ist eher ihr Metier, und in diesem ziehen sie alle Register.
Denn normalerweise brauchen technisch angehauchte Veröffentlichungen bei mir immer mal zwei, drei Durchläufe mehr, um in meinem simpel gestrickten Hirn zu zünden. WHITE MANTIS haben es allerdings geschafft, mich schon während der Ersthörung mit offenem Maul ungläubig auf das abspielende Endgerät zu glotzen.
Furios geht es los mit Nekrotornado, einem wütenden Ausbruch vom Allerfeinsten, wobei die Raserei und der Wahnsinn auch durch die abwechslungsreichen Vocals von Sangeskünstler Matthias Pletz erreicht werden.
Mit dem darauffolgenden Titeltrack ziehen WHITE MANTIS dann die Daumenschrauben an. Der Song wirkt etwas vertrackter und komplizierter und zeigt, warum die Band neben MEGADETH auch VOÏVOD als Einfluss nennt. Hier wird auch gesanglich gewaltig in der Kiste mit der Aufschrift „Varietät“ gekramt. Neben den genannten Bands erinnert mich die Mucke auch etwas an MEKONG DELTA oder MIDAS TOUCH.
Damit sei keineswegs angedeutet, dass WHITE MANTIS jetzt haargenau wie die genannten Referenzbands klingen. Eher sind es kleine Einsprengsel, die an die erwähnten Combos erinnern. Denn die rasenden Wechsel innerhalb der Songs, die doch einerseits überraschend, andererseits aber völlig passend wirken, lassen dem Hörer keine Zeit, sich an irgendeinem Felsen festzuhalten. Zu mitreißend ist der irrsinnige Soundstrudel, den WHITE MANTIS hier entfachen.

Und so wird man aus moshkompatiblen Parts brutal mit einem dissonanten Akkord gerissen, der dann sofort wieder rifftechnisch geradlinig vorprescht. Man fühlt sich als Hörer wie in einem völlig außer Kontrolle geratenen Roller Coaster, hat dabei aber den Spaß seines Lebens.
Und ob es treibende Adrenalinpumpen wie Over Your Pale Bones oder VOÏVODeske Tracks wie Atavistic Power sind – ich weiß gar nicht, was mir besser gefällt. Und egal, ob die schräge, progressive Linie dominiert oder es mal fett thrashend die Nackenwirbel stimuliert, ob ein melodisches Solo scheinbar für Ruhe sorgt oder ob ein dissonanter Akkord wie ein Geigenbogen über die Synapsen kratzt – die Band scheint immer brachial nach vorn zu preschen.
Und so arbeitet die Adrenalinpumpe dauerhaft auf höchster Drehzahl, und wenngleich einige Parts scheinbar ins totale Chaos zu schwenken drohen, kriegt die Band jedes Mal die Kurve, um unsere aus den Angeln gehobenen Horchlappen wieder zu fixieren. Das unterscheidet WHITE MANTIS auch von den oben genannten Bands, denn die Bajuwaren scheinen die komplette Spielzeit über auf Volllast zu laufen.
Das Album dürfte in einigen Parts für den einen oder anderen Hörer extrem anstrengend sein, ich jedenfalls finde es äußerst kurzweilig und unterhaltend. Sechs Jahre hat es gedauert, bis WHITE MANTIS ihrem Albumerstling einen Nachfolger bescherten, doch wie heißt es so schön: Gut Ding will Weile haben. Und „gut“ würde ich hier als Untertreibung sehen. Es heißt ja, zwischen Genie und Wahnsinn wäre nur ein schmaler Grat – WHITE MANTIS haben beides vor ihren Wagen gespannt.
Mich auf Anspieltipps festzulegen, war ebenfalls nicht leicht. Eigentlich würde ich das ganze Album nennen, aber ich belasse es mal bei zweien. Wer es beim Thrash auch gern mal etwas progressiv hat, auf treibende Power aber nicht verzichten will, kann sich mit Arrows At The Sun von WHITE MANTIS gewaltig den Scheitel nachziehen lassen. Ich kann das Album nur wärmstens empfehlen und werde mir bei Zeit auch mal das Debüt zu Gemüte führen.
Anspieltipp:
🔥Nekrotornado
🔥Atavistic Power
Bewertung: 9,7 von 10 Punkten
TRACKLIST
01. Necrotornado
02. Arrows At The Sun
03. Pass The Torch
04. Divide And Kill
05. Atavistic Power
06. Over Your Pale Bones
07. Toxic Sniper
08. Roboticator
09. Reality Exists
10. Altar Of Technology