Alben des Jahres 2024

DIE Alben DES MONATS (07/25)

Aktuelle Reviews

Q&A - Die Interviews

Tales from the hard side

Wir hörten früher gerne

So fing alles an

CD-Reviews T-V

VICIOUS RUMORS – The Devil’s Asylum (2025)

(9.756) Olaf (7,0/10) Heavy Metal


Label: Steamhammer/SPV
VÖ: 29.08.2025
Stil: Heavy Metal






Ich gebe es zu: Wenn Vicious Rumors ein neues Album ankündigen, kribbelt’s mir immer noch in den Fingern. Das liegt nicht nur an den unzähligen Abenden, an denen mich Digital Dictator und Welcome to the Ball mit offenen Augen durch die Nacht gejagt haben, sondern an einem sehr persönlichen Moment: 1993 in Berlin durfte ich mit Carl Albert Don’t Wait for Me singen. Ein Traum, der sich in mein Gedächtnis gebrannt hat wie ein heißes VR-Brandzeichen. Genau mit dieser Aufladung im Herzen habe ich The Devil’s Asylum angeklickt – neugierig, hoffnungsvoll, aber auch mit dem Wissen, dass man diese Art Magie nicht einfach reproduziert.

Die Rahmendaten lassen zunächst die Nackenwirbel hoffnungsfroh knacken: Nach fünf Jahren Pause und über 150 Shows im Rücken geht es laut Geoff Thorpe „back to the roots, verbunden mit modernen Einflüssen“. Er betont außerdem, dass „jede Show, jeder Song, jedes neue Album von größtmöglicher Bedeutung sein“ müsse. Man hört, dass hier kein Fließbandprojekt am Start ist, sondern eine Band, die sich ihrer Geschichte bewusst ist und ihr Erbe nicht im Archiv verstauben lassen will. Produziert in einer „quick and intense period“ zwischen Dezember 2024 und Januar 2025, mit Juan Urteaga und Jimmy Evans an den Reglern, preschen die elf Songs druckvoll aus den Boxen – das Pfund sitzt: die Gitarren schärfen, der Bass schiebt, Larry Howe peitscht die Felle, als hätte er den Taktstock verschluckt.

Neues Blut gibt’s obendrauf: Sänger Chalice und Gitarrist Denver Cooper (beide aus Cape Coral) bringen Frische mit, ohne die DNA von Vicious Rumors aufzuweichen. Chalice ist dabei die spannendste Variable. Ich verstehe, warum Geoff sagt, niemand sei der Stimme von Carl „so nahegekommen“ und habe dennoch eine eigene Persönlichkeit. Er phrasiert agil, hat Range und Attitüde, und wenn er die Hook anvisiert, trifft er zuverlässig. Das Problem: Die Hooks selbst sind oft nicht scharf genug geschliffen, um wirklich tief zu schneiden. Handwerklich sitzt das – keine Frage –, aber ein Refrain muss sich auch frech im Hirn festkrallen. Hier rennt die Platte häufig schnell vorbei, ohne das berühmte „Moment mal!“-Echo zu hinterlassen.

Nehmen wir die Vorabnummern: Bloodbath fährt die typischen VR-Trademarks, Speed-Attitüde, thrashiges Riffing, melodischer Gesang on top – ein echter Adrenalinkick. Dogs of War kombiniert Aggression und Eingängigkeit, wie man es erwartet, und Crack the Sky in Half inszeniert das „niemals aufgeben“-Motiv als große Hymne. Das klingt alles sauber, kräftig und respektabel – nur: Der Schritt von „das ist fett“ zu „das frisst mich auf“ wird selten gemacht. 

Der Titeltrack The Devil’s Asylum bündelt die Unruhe unserer Zeit schlüssig und markig, aber auch hier fehlt mir der eine melodische Haken, der mich am Kragen packt und ins Gedächtnis drückt. Die Riffs? Teils herrlich klassisch, mit diesem typische-VR-Tremolo-Biss und Twin-Lead-Flair. Die Soli? Kantig, melodisch, mit Gefühl für Spannungsbögen. Klangbild? Modern, aber nicht steril: genug Punch, genug Luft, um Feinheiten zu atmen. Kurz: technisch gut, gut produziert, schöne Riffs und Soli – das Qualitätsniveau, das man dieser Truppe schlicht zutraut.

Und trotzdem bleibt mein innerer Schiedsrichter streng. Ich bin nicht enttäuscht, aber eben auch nicht richtig glücklich. Klar, Geoff ist Chef und macht, worauf er Bock hat – das hat Vicious Rumors immer ausgezeichnet. Nur wirkt manches hier, als hätte ich es in tausend Variationen schon anderswo gehört. Beileibe nicht schlecht, doch um unseren Maik zu zitieren: Das zieht mir nicht die Wurst vom Brot. Die Scheibe läuft gut durch, keine Ausfälle, profimäßig gezockt und gesungen, aber sie hinterlässt zu selten Spuren. Es fehlen jene überlebensgroßen Hits, die Vicious Rumors einst am Fließband lieferte – die Momente, bei denen der Puls hochschnellt und die Mundwinkel den Himmel suchen.

Vielleicht ist genau das der Preis des Spagats, den Geoff in Interviews als Ziel ausgibt: alte Stärken mit modernen Elementen verschweißen. Mission im Ansatz geglückt – der Spirit ist spürbar, der Wille sowieso –, aber der Funkenflug bleibt begrenzt. Dabei ist die Basis alles andere als wacklig: Chalice überzeugt, Denver Cooper setzt glänzende Akzente, Larrys Groove ist ein Metronom mit rechten Haken, Robin Utbult hält das niedrige Ende stramm zusammen. Wenn künftig das Songwriting noch eine Schippe Unverschämtheit in die Refrains streut und die Brücken mit „Wiederkomm-Garantie“ baut, kann aus gut wieder groß werden.

Mein Fazit? Für eine Band dieses Kalibers ist The Devil’s Asylum okay bis gut – aber „okay“ sollte nicht der Anspruch sein. Ich trauere weiterhin den Carl-Albert-Zeiten nach, ohne die Gegenwart kleinzureden. Denn eines ist unstrittig: Diese Platte ist immer noch weitaus besser als die Scheiße, die einem heute als Gold verkauft wird. Sie ist hart, professionell, mit Liebe zum Detail gefertigt – nur selten euphorisierend. Ich bleibe also an Bord, aber ich warte auf die Nummer, die mir wieder die Knie weichklopft und mich in die Kehle der Nacht zurückschleudert.


Bewertung: 7,0 von 10 Punkten


TRACKLIST

01. Bloodbath
02. Dogs of War
03. Crack the Sky in half
04. High Hell Hammer
05. Butchers Block
06. Abusement Park
07. Wrong Side of Love
08. Boring Day in Hell
09. In Blood we trust
10. Better than me
11. The Devil’s Asylum 



SOCIAL MEDIA

Album der Woche

Album des Monats

Album des Jahres

MERCH

70.000 Tons 2024

The new breed

GROTESQUE GLORY

mottenkiste

P P P

ZO SONGCHECK

V.I.P.

wo wir sind

alter Z.O.F.F.

Unsere Partner

Join the Army

Damit das klar ist