BITTER PRICE – The Orwohaus Tapes (Demo) (2025)
(9.728) Olaf (8,3/10) Heavy Metal

Label: DIY
VÖ: 2025
Stil: Heavy Metal
Manchmal spürt man beim ersten Feedback der Saiten, dass hier keine Nostalgie-Staffage bedient wird, sondern echte Überzeugung. BITTER PRICE kommen aus dem Betonleib des Berliner ORWOhaus, wo seit Jahren geschraubt, geschwitzt und laut geträumt wird. Gitarrist Danilo Garbe – in der Hauptstadt-Szene kein Fremder – hat sich hörbar vorgenommen, seine ureigene Vorstellung von Heavy Metal endlich konsequent umzusetzen: kantig, melodisch, ohne polierte Höflichkeiten. Dazu der Drahtseilakt: US-Metal-Schmiss à la alte LiegeLord/Armored Saint, aber mit Berliner Kante.
Die vier Stücke wirken wie eine kleine, sauber erzählte EP-Reise: kraftvoller Opener, dunkles Mittelfeld, Finale mit erhobenem Visier. Riffseitig regieren gezielte Haken statt Dauerfeuer; die Rhythmusgruppe lässt’s stampfen, wenn’s stampfen muss, und treibt, wenn’s treiben soll. Das ist “schöner Metal” im besten Sinne: warm, handfest, ohne Kitsch, mit viel US-Metal-DNA – twin guitars, tragende Mittellagen, Hooks, die nicht um Gefälligkeit betteln.
Der Gesang von Alban trägt das Material: charaktervoll, klar artikuliert, mit rauem Rand. Nur bei Spellbound wird das Timbre mir eine Spur zu monolithisch – die Strophe bleibt zu lange auf einer Linie, wo ein kleiner melodischer Zacken Wunder getan hätte. Dafür reißen Outer Frontline, Meadows of Sorrow und Arrival (In Violence) den Hammer hoch: bärenstarke Riffideen, prägnante Refrains, schön gezogene Leads, alles mit der inneren Logik von Songs, die bereits mehrfach im Proberaum getestet wurden.
BITTER PRICE schreiben Texte, die den Blick nicht senken. In Arrival (In Violence) tauchen “Monsters in human form” auf; kurz darauf “winds of fire” – der Krieg als kalter Gegenstand, nicht als Pose. Die Worte sind klar genug, um zu treffen, und offen genug, um Denkräume zu lassen. Der Trick: keine Poesie-Überzuckerung, sondern starke Substantive, kurze Schnitte, viel Kinoskop im Kopf.

In Outer Frontline steckt dieses “wir gegen das Unvermeidliche”-Gefühl, das klassischem Heavy Metal gut zu Gesicht steht; Meadows of Sorrow nimmt das Tempo leicht zurück, ohne den Griff zu lockern; Spellbound zeichnet das Bild der verführerischen Starre – thematisch passend zu seiner stimmlichen Monochromie.
Aufgenommen wurde zwischen Januar und Juni 2025 im ORWOhaus; produziert von Danilo Garbe selbst, gemischt und gemastert gemeinsam mit Stephan Kern. Man hört die Nähe: Gitarren vorne, Bass nicht nur Füllstoff, Drums mit Punch statt Pappe. Ein Organ-Sprenkler in Arrival (In Violence) setzt unerwartet Farbe – ein geschmackvoller Kniff, der das Finale größer wirken lässt. Logo, Layout, Artwork – alles aus der erweiterten Bandfamilie, alles aus einem Guss. Diese DIY-Kohärenz gibt der Demo den Charakter einer Visitenkarte, die man nicht nur hinlegt, sondern selbstbewusst auf den Tisch klackt.
Ich mag, wie BITTER PRICE hier nicht den Pseudo-“Old School”-Hebel ziehen, sondern Herzstück-Songwriting liefern. Wenn US-Metal-Tradition auf Berliner Ehrgeiz trifft, klingt das eben nicht nach Retro-Museum, sondern nach Heute-mit-Geschichte. Dass Spellbound stimmlich etwas zu gradlinig bleibt, geschenkt – der Rest packt so zu, dass man schon das dezente Klirren von Label-Schlüsseln im Hintergrund hört.
Ein erstes Lebenszeichen, das nicht bittet, sondern anbietet: vier Stücke, die mit Handwerk, Haltung und Haken beweisen, dass im ORWOhaus nicht nur geprobt, sondern geschmiedet wird. Wer US-metallische Linien und europäische Griffigkeit liebt, wird hier sehr schnell “noch mal” drücken – und beim nächsten Konzert den Refrain schon können. Für eine Demo produktionstechnisch stark, antesten, abgehen.