ALICE COOPER – The Revenge of Alice Cooper (2025)
(9.725) Olaf (8,0/10) Hard Rock

Label: Ear Music
VÖ: 25.07.2025
Stil: Hard Rock
Es gibt Künstler, die altern. Und dann gibt es Alice Cooper. Der altert nicht – der mutiert, häutet sich, verwandelt sich in Albträume und kommt in bester Gesellschaft zurück, um uns erneut in seine makabre Manege zu zerren. Mit The Revenge of Alice Cooper hebt sich der Vorhang noch einmal für die Originalbesetzung jener Truppe, die einst das Unschuldslamm Rock’n’Roll mit Kajal und Galgenstrick entjungferte. Über 50 Jahre nach Billion Dollar Babies zeigen Alice, Dennis Dunaway, Neal Smith und Michael Bruce, dass Legenden kein Verfallsdatum tragen – sie tragen schwarzen Nagellack.
Natürlich, die Truppe hat die Siebzig überschritten, aber mal ehrlich: Wer wollte schon je jugendlichen Leichtsinn von einer Band, deren Bühnenshows Guillotinen, Schlangen und Zwangsjacken beinhalteten? The Revenge of Alice Cooper ist keine Rückkehr, es ist ein Ritual. Ein erneutes Beschwören jener Geister, die uns in den 70ern das Fürchten und das Feiern lehrten.
Schon der Opener entfaltet eine Atmosphäre wie formaldehydgetränktes Theater – dämmernd, schwitzend, lauernd. Kill the Flies beispielsweise ist ein schleppendes Monstrum, das sich wie eine Nachtmahr durch die Gehörgänge windet. Kein Hochgeschwindigkeitsrock, klar – aber so durchzogen von morbider Eleganz, dass selbst ein King Diamond vor Ehrfurcht sein Pentagramm geradezieht. Die Düsternis ist hier kein Accessoire, sie ist architektonischer Bestandteil. Und in den Texten riecht man den Moder, schmeckt den Staub, und wenn Alice seine ironischen Verse haucht, dann glaubt man ihm jedes Wort – weil er es nicht spielt, sondern lebt.

Der Sound? Very smooth. Bob Ezrin, das Mastermind im Hintergrund, weiß einfach, wie man diese Art von Musik nicht bloß konserviert, sondern ins Jetzt überführt. Kein Staub, keine Patina. Stattdessen: Biss. Tief. Die Gitarren beißen wie rostige Rasierklingen, der Bass grummelt wie ein schlecht gelaunter Friedhofswärter, und Alice? Nun ja – der könnte wohl auch mit einem Besenstiel bewaffnet das Haus rocken. Diese Stimme, halb Crooner, halb Gruftbewohner, lässt selbst einfache Zeilen wie "We were the wild ones" zur Rücktrittserklärung für jeden Nachwuchs-Poser werden.
Besonders rührend: What Happened To You bringt mit einer Originalaufnahme von Glen Buxton das verstorbene Gründungsmitglied noch einmal auf die Platte. Keine Nostalgie, kein Kitsch – sondern eine Geste von stiller, aufrichtiger Größe. Es sind solche Momente, die deutlich machen, wie sehr Alice Cooper eben nicht nur Schockrocker, sondern auch Geschichtenerzähler, Freund und Friedhofspoet ist.
Dass viele gar nicht mehr wissen, dass Alice Cooper mal der Bandname war und nicht nur der Künstlername von Vincent Damon Furnier, macht dieses Album umso bedeutsamer. Es ist Rückbesinnung, Huldigung und Kampfansage zugleich. The Revenge of Alice Cooper ist der Beweis: Die Originalbesetzung lebt – wenn auch nicht mehr vollständig – und sie hat noch immer etwas zu sagen. Und das in einer Sprache, die aus Blut, Whiskey und Bühnenrauch besteht.
Wir sind unwürdig. Wir sind Staub. Wir sind Asche. Und wir verneigen uns vor einer Band, die noch einmal in den Ring steigt – nicht um zu siegen, sondern um zu zeigen, dass sie niemals verloren hat. The Revenge of Alice Cooper ist kein Comeback, sondern ein Zepterwurf. Die Krone des Shock Rock sitzt fester denn je, und Alice ist keine Muse der Vergangenheit – er ist eine Naturgewalt. Ein Album zum Chillen, Grillen und Mücken killen – mit Stil, mit Story und mit Schmackes.
Bewertung: 8,0 von 10 Punkten
TRACKLIST
01. Black Mamba
02. Wild Ones
03. Up all Night
04. Kill the Flies
05. One Night Stand
06. Blood on the Sun
07. Crap that getsin the Way of your Dreams
08. Famous Face
09. Money Screams
10. What a Syd
11. Inter Galactic Vagabound Blues
12. What happened to you
13. I ain’t done wrong
14. See you on the other Side