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HEAVEN SHALL BURN - Heimat (2025)

(9.666) Olaf (8,5/10) Death Metal


Label: Century Media
VÖ: 27.06.2025
Stil: Death Metal






Was ist rot und steht im Wald? Ein Kirsch! Ok, flach. Aber passend zum überragenden Artwork, das HEAVEN SHALL BURN ihrer neuen Platte Heimat spendiert haben. Im Zentrum: ein aufbäumender Hirsch, der wie aus einem Gemälde des 19. Jahrhunderts in eine düstere Zukunft hineinbrüllt. Ein kitschiges Jagdmotiv? Vielleicht. Doch in diesem Kontext wird das Tier zum Sinnbild des Widerstands – majestätisch, unbeugsam, fast trotzig. Was früher in Jagdzimmern hing, steht hier für Haltung und Kampfgeist. Eine visuelle Ansage von Eliran Kantor, wie sie kaum besser zur Band passen könnte.

Mit Heimat legen HEAVEN SHALL BURN ihr zehntes Studioalbum vor – und das mit einer Würde, die anderen Bands nach 25 Jahren einfach fehlt. Kaum zu glauben, dass ich diese Band irgendwann Anfang der 2000er irgendwo mit ihrem Debut Asunder live sah und mich fragte, ob dieser Mix aus Hardcore-Idealen, Melodic Death Metal und intellektueller Aufklärung wohl jemals eine breitere Öffentlichkeit finden würde. Hätte man mir damals den heutigen Stellenwert prophezeit und ich darauf gewettet – ich hätte haushoch verloren. Doch die Thüringer haben sich mit Kontinuität, Ehrlichkeit und Haltung ihren Platz an der Spitze des deutschen Metal verdient.

Und Haltung ist auch das Stichwort. Denn Heimat ist kein verklärter Blick auf Fachwerk, Gartenzwerg und Nationalromantik, sondern eine politische wie persönliche Standortbestimmung. Maik Weichert erklärte, dass Heimat als Begriff eben kein rechter Endpunkt, sondern ein linker Startpunkt sei – ein geistiger wie geografischer Ort, der zum Denken anregt und zum Handeln auffordert.

Musikalisch ist das Album eine leichte Rückbesinnung auf frühere Tage. Wo Of Truth and Sacrifice noch mit progressiven Strukturen, technoiden Samples und Soundspielereien punktete, ist Heimat kompakter, direkter, griffiger – und ja, vielleicht auch ein kleines bisschen vorhersehbarer. Dafür knallt es mit einer Urgewalt aus den Boxen, dass es eine Freude ist. Produziert wurde wieder bei Alexander Dietz in der Dude Ranch, der Mix stammt – wie sollte es anders sein – erneut von Tue Madsen. Klar, druckvoll, transparent, ohne sterile Kälte. So muss das. Und auch wenn ich mich über Marcus’ Rückkehr freue (schön, dass du wieder auf den Beinen bist, Alter!), wäre ein Live-Gig mit Britta Görtz beim Rock Harz eine spannende Variante gewesen, die ich gerne gesehen und gehört hätte.

HEAVEN SHALL BURN schreiben keine Songs, sie schreiben Brandreden. In War is the Father of All wird der Krieg zum personifizierten, unausweichlichen Dämon, der sich durch die Zeilen frisst:

„Now behold! / Your gods are going down in flames / They're all material / And nothing shall remain“

Der Klassiker unter den antiken Leitsätzen – Si vis pacem, para bellum – bekommt hier eine düstere, resignierende Wucht. Der Mensch bleibt Gefangener seiner Natur, der Frieden nur eine Illusion.

Oder My Revocation of Compliance: ein Manifest gegen Gleichgültigkeit, Tierleid und konsumgetränkte Ignoranz.

„Why don't you oppose this crime, your silence is consent“

Ein Satz, wie ein Spiegel in die Fratze unserer Zeit gehalten. Kein Blatt, keine Gnade, kein Relativieren. Nur Konsequenz.

Und Confounder? Der wohl intensivste Moment des Albums. Eine Abrechnung mit Lethargie, ein Aufruf zur Erkenntnis:

„Why don’t you see this world’s ablaze? / You pity the brokenhearted and lead your sense astray“

Diese Zeilen schmerzen. Zu Recht.

Später wird’s mit A Whisper from Above fast schon sakral – nicht musikalisch, sondern thematisch. Eine Geschichte über Mut im Schatten des Todes, über die kleine Stimme des Gewissens, die in der dunkelsten Stunde gehört werden will – und oft ungehört bleibt.

„Courage is a whisper / It is a whisper from above You did not hear“

Selten hat eine Band in dieser Härte solch emotionale Tiefe zugelassen, ohne ins Kitschige abzugleiten.

Ja. Numbered Days mit Jesse Leach hätte es für mich nicht gebraucht. Klar, nett gemeint, aber dramaturgisch überflüssig. Hätte HEAVEN SHALL BURN auch alleine gewuppt. Und generell: Die eine oder andere Überraschung, wie sie Of Truth and Sacrifice bot, vermisse ich hier ein wenig. Heimat ist stark – keine Frage – aber die letzten Prozente zur Überalbumkrönung fehlen mir diesmal. Was nicht heißt, dass ich das Ding nicht seit Tagen in Dauerschleife höre. Es ist eben „nur“ ein großartiges Album – kein historisches.

HEAVEN SHALL BURN bleiben ein Bollwerk. Ein musikalisches, ein moralisches, ein emotionales. Heimat ist ein durchdachtes, kompromissloses, wütendes, und zugleich zutiefst menschliches Album, das mit einem Giganten-Artwork und Texten daherkommt, die mehr sind als bloße Zeilen auf Papier. Wer Metal nur als Musik versteht, hat diese Band nie verstanden. Heimat ist keine Platte, sondern eine Haltung. Eine, die brennt. Eine, die bleibt. Und eine, die nächste Woche – wetten? – auf Platz 1 der Charts landen wird.

Anspieltipps:
🔥War is the Father of All
💀Confounder
🎸My Revocation of Compliance


Bewertung: 8,5 von 10 Punkten


TRACKLIST

01. Ad Arma
02. War ist he Father of all
03. My Revocation of Compliance
04. Confounder
05. Empowerment
06. A Whisper from above
07. Imminence
08. Those left behind
09. Ten Days in May
10. Numbered Days (feat. Jesse Leach)
11. Dora
12. A silent Guard
13. Inter Arma

BONUS:
14. Keinen Schritt zurück (feat. Donots)
15. Schweineherbst (feat. Dÿse)
16. Eisenkopf
17. Destroy Fascism (Too Good to Steal from Edition)



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