Intensiv mit einem Sack Erpelpelle

03. - 04.03.2017 - Hamburg @ Markthalle

Mit dem Winterausklang und dem beginnenden Frühjahr startet so langsam auch die Festivalsaison. Eines der ersteren Festivals im Jahr ist dabei das Hell over Hammaburg, welches dieses Jahr wieder am ersten Märzwochenende in der Markthalle zu Hamburg stattfand. Das sehr gut besuchte Festival (bis zum ersten Auftritt gab es nur noch wenige Karten an der Abendkasse) hat sich von einem Versuch, den Metalheads der Hansestadt und Umgebung wieder frische Undergroundbands und fast vergessene Perlen zu präsentieren zu einem echten Geheimtipp entwickelt, für den die Besucher zum Teil aus dem Süden der Bundesrepublik angereist sind. Neben dem ausführlichen Schnack mit neuen und alten Bekannten gab es natürlich auch eine Menge großartiger Musik und alle teilnehmenden Bands haben unterstrichen, dass der Veranstalter eine genaue Vorstellung davon hat, welche Ausrichtung das Hell over Hammaburg haben soll.

Freitag

Den Reigen eröffnen am Freitagnachmittag die Black/Deather Arroganz, welche sich erstmal mit einem mächtigen Grunzen vorstellen. Die Halle ist bereits gut gefüllt und die Musik der Cottbusser Jungs sorgt schon für die ein oder andere beanspruchte Nackenmuskulatur. Dafür, dass die Band kurzfristig für Hellbringer eingesprungen ist, machen sie ihren Job ausgezeichnet.

Direkt im Anschluss sorgen Night Viper für die erste große Überraschung und das erste Highlight des noch jungen Festivals. Der Saal ist gerammelt voll und die Schweden um Frontfrau Sofie-Lee Johansson beeindrucken mit ihrem an frühe Metallica erinnernden Speed/Heavy Metal. Die spielfreudige Performance und der von der Dynamik der Musiker geprägte Sound lassen die Halle erbeben und ergänzen das muntere Headbangen mit ersten zaghaften Sprechchören.

Heiß erwartet werden danach Uada. Die US-Black Metaller, die im Stil der polnischen Band Mgła ähnelt (welche letztes Jahr einer der Höhepunkte des Festivals darstellte), liefern dann auch amtlich ab und präsentieren sich und die Songs ihres Debut-Albums „Devoid of Light“ perfekt. Die Bühnenshow dazu ist minimalistisch bis nicht existent, getaucht in weißes Licht bei sonst fehlender Beleuchtung stehen die Musiker verhüllt in Kapuze und Gesichtsmaske vor der gebannten Menge und lassen die Musik für sich sprechen. So muss Black Metal anno 2017 klingen! Kleiner Tipp für die Open Air Festival-Gänger: Im August treten Uada auch auf dem Party San Open Air auf.

Nach diesem intensiven Auftritt ist die Luft ein wenig raus und der Durst groß. Zudem sorgen Our Survival Depends On Us vorab für einen gewöhnungsbedürftigen Duft im Saal, indem auf der Bühne seltsame Pflanzenknollen, bzw. Wurzeln geräuchert werden. Die Musik selbst aber scheint größeres Interesse hervorzurufen, denn nach der Rückkehr in die Halle kann man feststellen, dass viele Zuschauer der olfaktorischen Herausforderung getrotzt haben und den sehr interessanten Mix aus brachialen Soundwällen und langsameren Passagen feiern.

Als vorletzte Band des Tages treten im Anschluss die NWOBHM Veteranen Tygers of Pan Tang auf. Die Halle stimmt ein mit allgemeinem Headbangen und im Rhythmus der Musik schwingenden Armen und vor allem in den vorderen Reihen euphorischen mitsingen. Die Band weiß, wie es geht und die freigesetzte Energie ist in der gesamten Halle spürbar.

Wie schon bei Sulphur Aeon im Vorjahr darf sich am Freitagabend eine Death Metal Band austoben und wie das hier geschieht, ist aller Ehren wert. Der Headlinerslot des ersten Tages ist für Grave Miasma reserviert und die vier Männer mit den prägnanten Namen D, R, Y und T räumen von Beginn an mächtig ab. Über die gesamte Spieldauer stellen sich zwar ein wenig Ermüdungserscheinungen ein, dennoch bildet der Auftritt einen mehr als gelungenen Abschluss des ersten Festivaltages.

Samstag

Fulminant startet der zweite Tag. Nach einer rasanten Entwicklung innerhalb eines Jahres vom ersten Lebenszeichen über den Geheimtippstatus mit der Veröffentlichung der ersten Single 2016 bis hin zu einer der meist erwarteten Bands des Festivals ist es nicht verwunderlich, dass hier zahlreiche Besucher die Halle bis aufs letzte füllen und erwartungsfroh gen Bühne blicken. Dool, bestehend aus Musikern der leider nicht mehr existenten The Devil’s Blood (Drummer Micha Haring sowie Bassist Job van de Zande), Gold (Gitarrist Nick Polak und angeführt von Sängerin Ryanne von Dorst, ehemals bei Ella Bandita aktiv, zeigen, wie man als erste Band des Tages bereits den Saal komplett füllen kann. Die Erwartungshaltung der Zuschauer ist hoch. Begonnen wird mit dem zehnminütigen (!) Album-Opener Vantablack, was schon mal ein ganz eigenes Statement ist, gefolgt von der Vorabsingle Oweynagat. Die Menge ist begeistert und spendet viel Beifall für die tolle Darbietung. Die Band steigert sich immer weiter und liefert am Ende einen umjubelten, intensiven und mitreißenden Auftritt ab.

Obwohl sich der Füllstand der großen Halle hält, scheint es doch genug Besucher zu geben, welche die zeitlich leicht versetzt startenden Vulture sehen wollen. Das Marx ist dementsprechend voll, so dass zahlreiche Gäste, die nach dem Ende des Auftritts von Dool aus dem großen Saal kommen, den Auftritt durch die Außenscheiben verfolgen. Bis an die Tür heran steht die Menge und eine Security Mitarbeiterin sichert den Ein- und Ausgang, damit es im kleinen Raum nicht zu einem Gedränge kommt. So bleibt es bei ein paar Tonfetzen vom Auftritt und dem Eindruck, dass Vulture alles richtigmachen sowie der Erkenntnis, dass nur frühzeitiges Erscheinen bei den nachfolgend im Marx auftretenden Bands einen Platz garantiert.

Dieser Prämisse folgend bleibt leider nur wenig Zeit, den Auftritt von Qrixkuor zu bestaunen. Zu hören gibt es schwarzmetallisches feinster Güte, der dazu noch leicht okkult angehaucht ist. Allerdings merkt man, dass es doch einige Festivalbesucher in die kleinere Location zieht.

Dort stehen als nächstes die US-Doomer Year of the Cobra auf der Bühne. Das Duo(!) bringt ihre musikalische Vision alleine mit Bass und Schlagzeug dar und wird von dem wie erwartet vollen Saal mit Beifallsbekundungen und in die stickige Luft gereckten Fäusten begeistert erwartet. Mit dem Erklingen der ersten Takte entlädt sich die angestaute Erwartungshaltung und die Zuschauer nicken in bester norddeutscher Euphorie anerkennend über die musikalischen Fertigkeiten von Bassistin Amy Tung Barrysmith. Über die gesamte Dauer des Gigs jedoch fügen sich kleinere Längen ein, vielleicht auch durch die Reduzierung auf Bass und Schlagzeug. Dennoch bleibt auf der Haben-Seite ein sehr guter Gig, der die Besucher nicht enttäuscht haben dürfte.

Etwas verspätet geht es also wieder rüber in den großen Saal, wo bereits die Engländer von Dark Forest auf der Bühne stehen. Mit ihrem neuesten Werk „Beyond the Veil“ im Gepäck zeigen sich die Mannen um Sänger Josh Winnard als extrem spielfreudig, wobei der Sound allerdings auch etwas erdiger und rustikaler ist als auf den letzten beiden Alben. Das kommt bei den Zuschauern gut an, welche die Band zwischen den Songs immer wieder mit Sprechchören abfeiern. Dafür liefert die Band ihre großen Hits wie „The Battle of Badon Hill“ und „Sons of England“. Mit dem Ausklingen der letzten Takte von „Under the Greenwood Tree“ endet dieser wunderbare Auftritt und der Versuch, ins Marx zu gelangen, beginnt.

Leider umsonst. Das Interesse an Laser Dracul ist scheinbar genauso groß wie bei den beiden Bands zuvor, so dass wieder nur die Möglichkeit bleibt, am Eingangsbereich ein paar Soundschnipsel zu erhaschen. So bleibt zumindest genug Zeit, sich mit einigen kühlen Getränken zu versorgen, bevor es auf der Hauptbühne weitergeht.

Dort ist es dunkel, als pünktlich um 19 Uhr Sortilegia auftreten sollen. Einzig ein Altar, gehüllt in den Duft von Räucherkerzen sorgt bereits für ein stimmiges Bild. Unvermittelt betritt eine Person die Bühne, reckt den auf dem Altar stehenden Kelch empor und beginnt dann mit dem wohl finstersten Auftritt des Festivals. Roher, archaischer Black Metal hypnotisiert die Zuschauer und schlägt sie in den Bann der Musik. Zusammen mit der düsteren Bühnengestaltung entfaltet sich eine Wirkung, der man sich kaum entziehen kann. Leider mittlerweile fast schon inflationär gebraucht, trifft hier die Bezeichnung ‚Ritual‘ mehr als zu. Ein weiteres Highlight des Festivalwochenendes.

Nach diesem intensiven Rausch kommt es dann zur Qual der Wahl. Fast zeitgleich starten auf der großen Bühne die Mannen um Chris Black und im Marx die Black-Deather Khtoniik Cerviiks. Die Entscheidung fällt zu Gunsten von High Spirits, was sich im Nachhinein auch als absolut richtige Wahl erweist. Von der ersten Sekunde an hat Chris den Saal im Griff, High Spirits Sprechchöre ziehen schon vor Beginn durch die Halle und mit dem ersten Titel „Flying High“ kennt die Begeisterung kein Halten mehr. Die Zuschauer feiern frenetisch und auf der Bühne kennt Bassist Bob Scott kein Halten. Immer wieder taucht er an einer anderen Ecke auf, fast schon legendär ist sein Sprung von der Sound Box am rechten Bühnenrand. Spätestens bei der Bandhymne „High Spirits“ ist dann alles zu spät. Fäuste werden in die Höhe gereckt, es wird laut mitgesungen und noch weit nach Ende des Auftritts (der leider ein paar Minuten früher als vorgesehen endet) hört man die High Spirits Sprechchöre durchs Foyer und im Raucherbereich erschallen. Nicht unerwähnt bleiben sollen die kleinen technischen Probleme am Schlagzeug. Immer wieder zwischen den Songs wurde hier nachjustiert und wieder angebaut.

Bedingt durch das etwas frühere Ende füllt sich das Foyer und einige Besucher schauen noch bei Khtoniik Cerviiks rein, um die letzten Minuten mitzuerleben. Für einen ausführlichen Eindruck reicht die Zeit leider nicht, aber die Fans der Band, die sich gegen High Spirits entschieden haben, scheinen nicht enttäuscht worden zu sein.

Die nächsten beiden Bands, die nächste schwierige Wahl. Während im Marx die jungen Dänen von Slaegt mit ihrem Mix aus frühem Black Metal und Heavy Metal antreten, verdüstert es sich in der großen Halle ein letztes Mal, bevor Misþyrming aus Island die Bühne entern, ganz in rotes Licht getaucht und den Festivalbesuchern die Black Metal Vollbedienung verpassen. Dabei schieben sich zwischen die Raserei und Finsternis immer wieder erhabene Melodien, bevor es wieder tief hinab geht in den Abgrund. Neben Uada, Forteresse und Mgła stellen Misþyrming aktuell die Speerspitze des Black Metal dar und das stellen sie hier eindrucksvoll unter Beweis.

Da Slaegt auf der kleinen Bühne fast eine halbe Stunde mehr Spielzeit haben als Misþyrming, versuchen natürlich wieder einige, den schnellen Wechsel nach dem Ende des Auftritts im großen Saal zu schaffen. Das beherzte Eingreifen der Security verhindert ein Gedränge und es geht im „einer raus – einer rein“ – Prinzip weiter. Endlich im Marx angekommen, nimmt einen die Darbietung der wilden Jungs (so sehen sie zumindest alle fast noch aus) sofort gefangen. Leadgitarrist Anders M. Jørgensen agiert cool rockend und haut ein Solo nach dem anderen raus, während Sänger Asrock die pfeilschnellen Riffs abfeuert. Das Publikum ist mächtig angetan und feiert die Band frenetisch. Dabei kommt der Band zu Gute, dass sie auf ihren letzten Veröffentlichungen (vor allem der EP „Beautiful and Damned“) ihren Stil etwas angepasst haben. Die Beimischung von Goth-Elementen, wie sie u.a. auch Tribulation auf ihrem letzten Album vollzogen haben, steht den Songs sehr gut und das dazugehörende Stage-Acting passt perfekt. Ein rundum gelungener Auftritt, auch wenn nur die letzten drei Songs begutachtet werden konnten.

Als Headliner und krönender Abschluss stehen dann pünktlich um 23 Uhr Angel Witch auf der großen Bühne. Doch scheinbar greift die langsam einkehrende Ernüchterung ob des nahenden Endes auf so einige Besucher über. Vielleicht aber wären aber auch High Spirits an diesem Tag die besseren Headliner gewesen. Impulsiver wird es auf jeden Fall nicht, aber dennoch gibt es genug Beifallsbekundungen in Richtung der Band, die allerdings ebenfalls etwas ruhiger wirkt und ihr Set routiniert herunterspielt. Eventuell wissen aber auch alle Beteiligten, dass der krönende Abschluss, das namensgleiche „Angel Witch“ ganz am Ende gespielt wird. Und somit entlässt die Band die zufriedene und glückliche Meute ins Foyer zur Metal Disco, wo noch das ein oder andere Kaltgetränk vernichtet wird und die ersten Auswertungen stattfinden.

Am Ende steht ein intensives Festivalerlebnis, welches so als absolutes Jahreshighlight in Erinnerung bleiben wird, das steht bereits jetzt fest. Das inoffizielle Motto der diesjährigen Auflage „Hiiiiiiiiigh Spirits“ geistert auch Tage später noch durch die Hirnwindungen und die Gedanken an die grandiosen Auftritte von Bands wie Dool, Uada und Sortilegia erzeugen immer wieder wohlige Schauer inkl. massiver Erpelpelle. Gleichzeitig ist die erste Ankündigung für die 2018-er Auflage draußen und alleine die Nennung der ersten Bands (u.a. Venemum, Solstice, Spell) sorgt bereits für einen riesigen Euphorie Schub und den Wunsch, möglichst schnell in diese Hölle zurückkehren zu können.

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