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BRUTAL SPHINCTER – Sphinct Earth Society (2025)

(9.580) Olaf (6,0/10) Grindcore


Label: Time to kill Records
VÖ: 23.05.2025
Stil: Grindcore






Manchmal freut man sich monatelang auf ein neues Album, nur um dann beim Hören das Gesicht zu verziehen, als hätte man auf einer Festivaltoilette aus Versehen das falsche Tütchen erwischt. So ungefähr ging es mir mit dem neuen Werk der belgischen Goregrind-Kapelle BRUTAL SPHINCTER, die ich bisher für ihre enthemmte Rotzfrechheit, ihren abgründigen Humor und ihre knackigen Party-Grooves geliebt habe. Mein Shirt hängt im Schrank, meine Erinnerungen an verschwitzte Clubshows und den großartigen Auftritt beim Party San anno Dutt sind frisch – und doch muss ich nach mehreren Durchläufen sagen: Sphinct Earth Society lässt mich kalt wie das Buffet nach einem Stromausfall.

Dabei fing alles so vielversprechend an: Seit ihrer Gründung am 1. April 2013 – man konnte sich kaum ein passenderes Datum für eine solche Band aussuchen – haben sich BRUTAL SPHINCTER nicht nur mit politischem Goregrind („POOlitical Goregrind“, wie sie es liebevoll nennen) einen Namen gemacht, sondern auch mit grandiosen Festivalauftritten von Hellfest bis Obscene Extreme. Zwischen Tanzfläche und Tötungsmaschine, Satire und Sägemehl war die Band stets ein Garant für grotesk-geniale Unterhaltung mit Haltung. Keine dumpfen Schenkelklopfer, sondern bissige Kommentare im Gewand von Schweineriffs und Blastbeats. Was konnte da schon schiefgehen?

Offenbar einiges, wenn man es zu gut meint. Denn Sphinct Earth Society klingt leider wie der Versuch, den brachialen Spaß vergangener Werke technisch aufzupolieren – und verliert dabei genau das, was BRUTAL SPHINCTER so besonders machte. Statt schmutziger Grooves und absurder Absurditäten gibt’s klinisch sauber produzierten, beinahe durchkalkuliert wirkenden Goregrind, der zwar handwerklich beeindruckt, aber emotional verhungert. Wo früher Pogo war, ist heute Präzision. Und wer je versucht hat, zu chirurgischer Exaktheit zu feiern, weiß, wie absurd das enden kann.

Nur in wenigen Momenten blitzt der alte Wahnsinn auf – da wird geschreddert, gegrunzt, gegroovt, dass man kurz wieder daran glaubt, man stehe mitten im Circle Pit bei Crusta-Colada oder Persona Non-Greta. Diese Songs atmen noch den anarchischen Esprit der Belgier, jenen Wahnsinn, bei dem man am liebsten nackt in ein Schlammloch springen und den Kapitalismus ins Klo drücken würde. Doch leider sind das Ausnahmen auf einem Album, das mehr will, als es sollte.

Vielleicht liegt es an der zu sauberen Produktion, die jede Kante rund poliert. Vielleicht auch an einem gewissen Willen zur Weiterentwicklung, der hier leider zur Selbstverleugnung mutiert. Oder an mir, weil ich einfach erwartet habe, dass eine Band mit dem Namen BRUTAL SPHINCTER niemals in Richtung Hochglanz abdriftet. So oder so: Sphinct Earth Society ist für mich kein Goregrind-Album, sondern eine Entfremdung – technisch kompetent, aber emotional leer. Da hilft auch kein satirischer Songtitel mehr.

Wenn eine Band, die sich einst als tanzbarer Totalausfall im besten Sinne ins Herz der Szene gespielt hat, plötzlich klingt, als wolle sie in der Goregrind-Elite als Akademiker durchgehen, ist das ungefähr so traurig wie eine verwaiste Dixi-Kabine auf einem ausverkauften Festival. Sphinct Earth Society ist nicht schlecht – aber eben auch nicht das, was ich mir als Fan gewünscht habe. Statt Ekstase gibt’s Exaktheit, statt Schweinerock lieber Studioklima. Ich trage das Shirt weiter mit Stolz – aber das Album bleibt wohl im Regal. Vielleicht ist das nächste wieder so scheiße, dass es richtig geil wird.


Bewertung: 6,0 von 10 Punkten


TRACKLIST

01. The Prolapse of Society
02. Tony Hawk’s Pro-Choice 2022
03. Crusta-Colada (Crack’n’Kofola)
04. Unvaxxed Lives matter
05. Beatdown Syndrome
06. Name three Songs
07. Sphinct-Earth Society
08. The Juice did it
09. Persona Non-Greta
10. Abolish Frontex 



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