GHOSTSEEKER – Divergence (2025)
(9.538) Phillip (5,5/10) Modern Metal

Label: ROAR
VÖ: 25.04.2025
Stil: Modern Metal
Ein Blick auf die Genrebezeichnung lässt Schlimmes erahnen. Vorsorglich hole ich den Objektivitätshelm aus dem Schrank und setze ihn mir auf den Kopf. Vorher überprüfe ich alle Einstellungen und den Akkustand, um sicherzustellen, dass das hier möglichst unvoreingenommen wird. GhostSeeker heißt diese Truppe aus Australien, die neben den oben aufgeführten Links auch noch alle gängigen Social-Media-Kanäle bespielt, weil man das heute anscheinend machen muss, um Interesse zu erzeugen und relevant zu werden oder bleiben.
Mein Interesse ist jedenfalls mit dem brachialen Einstieg von Internment geweckt, der Objektivitätshelm scheint zu funktionieren. Ja, die Gitarren klingen sehr modern, allerdings als Gitarren erkennbar, wenn man sie durch das vordergründig abgemischte, dominante und (zu) laute Drumset durchhört. Dieses, gepaart mit einer riesigen Menge an elektronischen Sperenzchen, erzeugt den hauptsächlichen instrumentalen Druck – super nachzuvollziehen in Wake Up (Imposter).
Gesanglich wird auf das bewährte Wechselspiel „Wütendes Brülläffchen“ und „Traumfee“ gesetzt, allerdings mit einem geschickten Twist. Daniel Breen und Celeste Bojczuk teilen sich, wie etwa in Metempsychosis, die Strophen gekonnt auf. Das altbekannte Spiel mit der bösen Strophe und dem glockenhellen Refrain findet hier in diesem Schema jedenfalls nicht statt. Alle Songs sind stimmlich unterschiedlich aufgeteilt, so wie es dienlich ist. Die beiden bringen durch ihren enorm abwechslungsreichen Gesang den melodischen Schwung in die rhythmusbetonten Stücke. Ob Daniel Breen dabei rappt, shoutet oder growlt, ist ziemlich egal – lehrbuchmäßig hat er alles verinnerlicht, was er dafür braucht. Für die vielen eingängigen Melodien ist dann Celeste Bojczuk zuständig, und bei ihr hätten es eine Spur weniger Effekte auch getan, denn das Potenzial hat sie allemal – zu hören in Dissension etwa.

In Beta War begrüßt uns zur Eröffnung ein Keyboard-Thema, das sich sehr gut durch den Song durchzieht und diesen zum Metalcore-Highlight werden lässt, weil er eben doch einen Tick anders klingt als der Rest. The Prototype schlägt in eine ähnliche Kerbe! Und hier sehe ich den größten Kritikpunkt: die Gleichförmigkeit im Sound. Bis auf die letzten beiden Songs bleibt bei mir kaum etwas hängen. Zwar ist alles extrem wuchtig, zum Teil auch etwas drüber produziert, aber wenn du das in jedem Song machst, fehlt irgendwann dieser Effekt und die Power verkommt zur Normalität. Jede Strophe klingt ähnlich, und man muss sich auch keine Übergänge in andere Songpassagen überlegen, wenn man einfach permanent alle Regler hochknallt und bei maximaler Lautstärke reindrischt. Fans dieses Genres mögen es mir nachsehen – aber das ist unheimlich langweilig. Glücklicherweise schienen das auch GhostSeeker so gesehen zu haben, und so haben sie in der Mitte des Albums noch ein paar, fast schon balladeske, ruhigere Songs positioniert, die dann aber auch nicht ohne böllernden Abschluss auskommen.
Meinen üblichen Hörgewohnheiten entspricht das jedenfalls nicht, und das wird auch so schnell nicht passieren. Das liegt hauptsächlich an der sehr modernen Produktion – Fans der jüngeren Generation stehen anscheinend auf so etwas. In meinem, am Ende subjektiven, Urteil spielt der starke Gesang die Hauptrolle – da muss ich alle Objektivität mal zur Seite nehmen. Das sollte aber niemanden abschrecken, bei einer Vorliebe für Modern Metal oder modernen Metalcore hier unbedingt mal die Ohren zu spitzen. Um es mit Kollegin Stephanie zu sagen: Ich bin nicht die Zielgruppe.
Anspieltipps:
🔥Beta War
🎸The Prototype
Bewertung: 5,5 von 10 Punkten
TRACKLIST
01. Internment
02. The Looking Glass
03. Wake Up (Imposter)
04. Metempsychoses
05. Cursed till the End
06. Glow in Decay ft. Ionei Heckenberg
07. Dissension
08. A Revery in Atonement
09. Beta War
10. The Prototype