GAAHLS WYRD – Braiding the Stories (2025)
(9.640) Schaacki (8,4/10) Experimental Black Metal

Label: Season of Mist
VÖ: 06.06.2025
Stil: Experimental Black Metal
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Vier Jahre sind vergangen, da meldet sich Ausnahmekünstler Gaahl mit einem neuen Produkt zurück, das die Ideen und künstlerischen Machenschaften von ihm und auch seinen Kollegen – insbesondere seines Gitarristen Ole – vereint. Wie in der Vergangenheit bedeutet das ein großes Spektrum und hohe Vielseitigkeit. Wo also fängt man an, das neue Werk „Braiding the Stories“ zu beschreiben?
Es in eine stilistische Schublade zu stecken, wäre offenkundig schon mal der falsche Ansatz. Denn wer bei Gaahl noch immer an klassischen Black Metal der zweiten Welle denkt, hat bisher eindeutig noch keine Berührung mit Gaahls Wyrd erfahren. Versatzweise mag dieses musikalische Subgenre zwar durchblitzen, doch war und ist es definitiv nicht der Kern des Geschehens. Auch im Jahre 2025 ändert sich daran nichts, im Gegenteil: Die Songs von „Braiding the Stories“ sind noch experimentierfreudiger geworden und haben vereinzelt sogar nicht mal mehr viel mit Metal im Allgemeinen zu tun – und doch sind sie für einen Schwarzmetallfanatiker wie mich mehr als nur interessant.
Schon möglich, dass Gaahl noch immer bei einigen Anhängern früherer Tage einen tiefschwarzen Stein im Brett hat und deswegen ein paar Sonderrechte genießt; und wahrscheinlich trifft das auch auf mich zu. Praktischerweise lässt sich der Fan dadurch auch auf etwas eher ungewohnte Töne ein und erweitert seinen Horizont. Denn dieser darf nicht zu eng sein, um sich auf „Braiding the Stories“ einlassen zu können. Häufig bewegen sich die Kompositionen im Ambient Sektor und atmen viel gotische Luft. Auch postig und progressiv rockende Elemente finden hier Raum.
Doch wer fürchtet, nun gar keine sägenden Gitarren oder hämmernden Drums zu finden, der irrt. Auch wenn der Titeltrack schon sehr in Richtung Goth Rock geht, so liefert ein Song wie „Time and Timeless Timeline“ auch ordentlich Schub nach vorn. Auch „Visions and Time“ und „Root the Will“ bringen eine gewisse Härte mit sich, ohne es mit dieser aber zu übertreiben. Was dabei auffällt, ist, dass Gaahl auch bei erhöhtem Aggressionsanteil in der Musik stets Contenance bewahrt und nicht ins Screaming verfällt.

Auch wenn mir sein unnachahmliches, fieses Keifen ein wenig fehlt – und ich keinen Zweifel daran habe, dass der Altmeister es noch beherrscht – so bietet er eine so enorme Auswahl an Gesangsstilen, dass ich vor lauter Vielseitigkeit reichlich zu entdecken und genießen habe. Da dieser Abwechslungsreichtum ja auch auf die Musik zutrifft, ergänzt sich also alles zu einem befriedigenden Gesamtbild.
Und das ist wohl auch das Fazit zum Album: „Braiding the Stories“ ist ein besonderes, kleines Kunstwerk voller Vielschichtigkeit sowohl in musikalischer als auch gesanglicher Auslegung. Es eint viele Ausrichtungen dunkler Musik und veredelt diese mit einem Ausnahmesänger. Gekürt wird das Werk am Ende noch mit dem etwas poppigen, aber ebenso starken Titel „Flowing Starlight“, der sowohl einen gelungen Abschluss als auch ein echtes Highlight darstellt.
Somit ist das neue Album von Gaahls Wyrd an sich eine runde Sache, jedoch auch bestimmt für eine gewisse Nische von Hörern: den Blackis wahrscheinlich zu soft und den Freunden esoterischer Ambientklänge zwischenzeitlich dann wieder zu hart und wild. Wer sich aber in der Schnittmenge wiederfindet und beidem etwas abverlangen kann, der wird garantiert seine Freude an „Braiding the Stories“ haben.
Anspieltipps: „Time and Timeless Timeline“ und „Flowing Starlight“
Bewertung: 8,4 von 10 Punkten
TRACKLIST
1. The Dream
2. Braiding the Stories
3. Voices in My Head
4. Time and Timeless Timeline
5. And the Now
6. Through the Veil
7. Visions and Time
8. Root the Will
9. Flowing Starlight