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Unsere neue Rubrik „Backstage“ startet heute mit einem Mann, der sich in den letzten Jahren immer mehr mit seinen hervorragenden Produktionen ins Rampenlicht produziert hat und für einige der besten Thrash und Death Metal Scheiben der letzten Jahre verantwortlich ist. Die Rede ist von Jörg Uken, der mit Arbeiten für Dew-Scented, Suicidal Angels, Weak aside, God Dethroned, Sinister und vielen anderen seine Klasse an den Reglern mehrfach unter Beweis gestellt hat. Doch was trieb den Ostfriesen dazu, diesen Weg einzuschlagen? Was hat Ihn beeinflusst? Was könnte er besser machen. All diese Fragen hat mir der sympathische Knöpfchendreher umgehend beantwortet.

Jörg, schön, dass Du Dir die Zeit nimmst, um uns einen kleinen Blick aus Deiner Sicht zu gewähren. Mit welchem Album wurde Deine Leidenschaft für den Heavy Metal geweckt?

Da gibt es mehrere. Zum einen hat uns unser Musiklehrer in der 5. Klasse Deep Purple´s „In Rock“ bzw. „Child in Time“ vorgespielt (im Vergleich zum klassischen Bolero von Ravel) Da meine Schwester die Platte auch im Schrank stehen hatte, musste ich mir die direkt „ausleihen“ (bis heute, hahaha!) Meine erste selbstgekaufte Platte war kurioserweise Gene Simmons Soloalbum und richtig bewusst angefixt wurde ich durch „Creatures of the Night“ von Kiss und „The number of the beast“ von Maiden. Meine meistgehörte Scheibe wird aber für immer „Live after Death“ von Maiden bleiben (grinst).

Welches Konzert hast Du als erstes besucht und welche Erinnerungen hast Du daran noch?

Kiss
/ Helix – Essen, Grugahalle November 1983. Kann mich an Vieles erinnern! Da gab´s ja noch kein Bierchen (lacht). Sogar an den Sound der Toms. Es war so laut und meine Ohren so jungfräulich, dass ich eine Woche lang Rauschen und Piepen im Ohr hatte.

Wann stand für Dich fest, dass Du selbst mit Musik arbeiten willst und wie waren da Deine ersten Schritte?

Naja, erstmal wollte ich natürlich Rockstar werden, hahaha!!! Was ja damals theoretisch sogar noch möglich war. Natürlich war ich total naiv und bin sogar mal Hals über Kopf nach Amiland ausgewandert, weil es so einfach war meine ganzen „Helden“ im Rainbow kennenzulernen. Hab dann aber erstmal Kunsttherapie studiert, weil ich auf die ganze theoretische Seite der Musik kein Bock hatte. Während des Studiums habe ich dann mit ein paar Freunden angefangen ein Studio aufzubauen. Nachdem es in dem Bunker in Emden gebrannt hatte, hatte sich das Thema erstmal wieder erledigt. 1997 habe ich dann im Haus meiner Mutter angefangen, Bands aufzunehmen. Das lief spätestens 1999 so gut, das ich das von da an offiziell machen musste. Zum Glück lief es dann Jahr für Jahr besser und ich musste nie als Kunsttherapeut arbeiten, hahaha! Nur als Musiker von der Musik leben zu können, war schwer bis utopisch. Wäre ich nicht relativ früh Vater geworden, hätte ich wahrscheinlich noch länger das Musiker - Lotterleben ausgelebt.

Gibt es für Dich als Produzent eigentlich irgendwelche Vorbilder?

Klar! Ich mag eher die etwas „unkonventionelleren“ Producer wie Kevin Shirley oder Tue Madsen. Bei denen habe ich das Gefühl, sie arbeiten „aus dem Bauch heraus“ und es gibt keine ellenlangen Seiten mit Equipmentlisten oder aber totalen Plastiksound. Man kann die Band noch raushören…. Unbewusst waren Martin Birch (Maiden) Bob Rock (Mötley Crüe, Metallica), Tom Allom (Priest), oder Eddie Kramer (Kiss) bestimmt große Einflüsse. Heute gibt es so viele gute Produktionen, das ist schon frustrierend teilweise (lacht). Zeuss macht fette Sachen, Logan Mader, Jens Bogren, Andy Sneap, Brendon O´ Brien, Nick Raskulinecz …. In den Neunzigern: Terry Date, Colin Richardson, Scott Burns, etc...Bevor ich angefangen bin, war das Morrisound ein großes Vorbild. 1994 habe ich dort mit meiner damaligen Band „Rumble Militia“ aufgenommen und war mega begeistert von der professionellen Arbeitsweise. Das hat mich nachhaltig inspiriert.

In den letzten Jahren warst Du ja extrem fleißig und hast eine Menge an Bands produziert. Welche CDs sind Dir dabei besonders in Erinnerung geblieben und warum?

Besonders in Erinnerung bleiben die eigenen „Meilensteine“, bei denen man ein neues Level erreicht hat oder meint erreicht zu haben (lacht). Als erstens die „Intense“ von Obscenity, meine erste Labelproduktion (Ende 1999), dann z.B. Toxocara, eine der ersten Bands aus Holland, so um 2004/5, wegen denen u.a. God Dethroned zu mir gekommen sind. 2006 dann die „Toxic Touch“ von God Dethroned, mit dem bis dato besten Trommler der je bei mir aufgenommen hat (Arjen Van Weesenbeek; jetzt bei Epica), die „Incinerate“ von Dew-Scented, 2007 (gemixt von Andy Sneap). Oder auch die beiden Scheiben von den Suicidal Angels aus Griechenland, da ich selber sehr auf Thrash stehe! Besonders skurrile Produktionen wie lokale Shantychöre oder christliche Gitarrenchöre bleiben natürlich auch hängen, hahaha.

Gab es dabei irgendwelche Produktionen, die Du im Nachhinein hättest besser machen können oder die später Deinen Unmut erregt haben?

Naja.100 % zufrieden is man nie. Dann könnte man ja auch aufhören. Von meinen 450 Produktionen kann ich mir vielleicht 10 anhören bei denen ich denke: „War doch nicht alles Scheiße“ (lacht). Man muss immer nach vorne gucken und versuchen es nächstes Mal, anders oder besser zu machen. Im Rückblick findet man immer was.... Ich glaube aber auch an gewisse Unzulänglichkeiten oder den kleinen Makel, der ein Album zu was Besonderem macht. Die perfekte Produktion gibt’s eh nicht und wenn, dann ist sie langweilig.

Welche Grundvoraussetzung muss eine Band für Dich erfüllen, damit Du Dich ihrer annimmst? Ich meine, Geld ist ja nicht alles…

Ich bin nicht in der Lage, mir aussuchen zu können mit wem ich arbeiten will und mit wem nicht! Und das macht auch nix. Ich fühle mich pudelwohl im Untergrund und muss nicht unbedingt nur Major Bands produzieren. Ich finde es arrogant zu sagen, man würde keine Demo Bands mehr produzieren. Es ist natürlich von Vorteil, wenn man Songs schreibt die man auch spielen kann, hahaha. In 20 Jahren hab ich aber nur ein einziges Mal die Notbremse gezogen und die „Band“ nach Hause geschickt.

Dein Soundlodge Studio liegt ja in Rhauderfehn, nicht gerade der Nabel der Welt. Ist es nicht ein geographischer Nachteil, soweit draußen zu agieren?

Überhaupt nicht. Viele Studios liegen nicht gerade am Nabel der Welt. Ich habe das Gefühl, es ist immer von Vorteil für die Musiker aus ihrem normalen Umfeld rauszukommen, egal wohin. Allein das „zusammen abhängen“ in einer anderen Umgebung kann beflügeln und sich positiv auf die Band auswirken. Es sind schon Griechen mit einem Suzuki Swift zum Soundlodge gefahren und viele Alben mische ich ja auch nur. Da habe ich die Band noch nie persönlich getroffen. Für Requiem Laus aus Madeira hab ich schon diverse Songs eingetrommelt und abgemischt ohne sie je getroffen zu haben

Dein Haus liegt ja gleich nebenan. Ist diese Nähe vom Geschäft zum Privatleben wichtig? Gibt es da nicht auch mal die Gefahr, von der eigentlichen Arbeit abgelenkt zu werden?

Ja, das ist in der Tat „Fluch und Segen“ gleichzeitig. Manchmal wünsche ich mir morgens aus dem Haus zu gehen und erst wieder zu kommen, wenn die Produktion fertig ist. Ich bin zuhause immer greifbar und einige Bands denken vielleicht auch manchmal, ich habe zu viel Familie um die Ohren (grinst).

Du bist ja auch bei einigen Bands für den Livesound zuständig. Was ist für Dich da spannender? Live oder Die Arbeit im Studio?

Das Live Mischen wurde in letzter Zeit immer weniger, weil das Studio immer vorgeht. Ich habe das eh nur gemacht, um mal aus dem Studiokerker herauszukommen und um am Ball zu bleiben, falls es im Studio mal nicht mehr so gut läuft. Ich mische gern live weil man hinterher nicht 2 Wochen über den Mix diskutieren muss, hahaha! Außerdem liebe ich es, rumzukommen und die Welt zu sehen.

Du selbst bist ja auch noch Schlagzeuger bei Stormwarrior (Power Metal) und Drugstop (Hardcore Punkrock), produzierst aber hauptsächlich Death und Thrash Alben. Würdest Du gerne mal selber solch eine Mucke spielen?

Ehrlich gesagt bin ich gar nicht so der Death Metal Freak. Es gibt nur ein paar Acts die ich wirklich gut finde. Im Studio arbeite ich gern mit Death Metal Bands aber selber spielen muss nicht sein. Ich bin alles andere als ein Blastbeat King, hahaha…. Bei Nightfall geht’s ja ab und zu etwas in die Richtung - das reicht. Ne schöne old school Thrash Band wäre schon geil, aber da Leute zu finden ist extrem schwierig. Punkrock is absolut mein Ding, allein schon von der Attitüde her. Metal nimmt sich oft zu wichtig. Mit Stormwarrior versuchen wir auch betont old schoolig und rotzig zu bleiben und nicht so zu enden wie viele Kollegen, wo die Hälfte vom Band kommt.

Welche Schlagzeuger haben Dich am meisten beeinflusst? Ich tippe mal frech auf Nicko McBrain…

Ja, der auf jeden Fall, aber auch Clive Burr! Zudem Eric Carr, Dave Lombardo, Tommy Lee, Randy Castillo, Neil Peart, Ian Paice oder Vinnie Paul. Übermäßig technisches Getrommel hat mich irgendwie noch nie sonderlich beeindruckt. Cool, wenn es kurz aufblitzt, aber nicht um seiner selbst willen...

Wenn Du die freie Auswahl hättest, eine Band zu produzieren, welche wäre das?

Puh, das ist schwierig. Ich mag Bands, die wissen wo sie stehen und was sie wollen. Egal wie groß. Am Ende des Tages ist es „nur“ Musik und es geht nicht um Leben und Tod. Übertriebene Ansprüche oder Profit-orientiertes Denken killen viel Kreativität. Metallica könnten zum Beispiel mal wieder einen Produzenten gebrauchen, der absolut das Sagen hat. Aber seit sie die Chefs im Ring sind, hört man das auch an den Produktionen. Auf dem neuen Album nicht ganz so schlimm wie vorher, aber man hört das Ego vom kleinen Mann aus Dänemark immer noch zu gut, hahaha. Aus nostalgischem Egoismus müsste ich aber sagen: Iron Maiden oder Kiss!

Welche Platte, die Du nicht produziert hast, findest Du persönlich besonders geil, würdest sie aber gerne noch einmal selbst neu produzieren und warum?

Ich bilde mir bestimmt nicht ein, ich würde einen besseren Job machen als derjenige der sie gemacht hat. Diese ganzen Re Recordings finde ich bis auf wenige Ausnahmen furchtbar. Sollen sie doch ein Live Album machen. Jede Platte hat ihre eigene Seele und Magie und lässt sich nicht durch vermeintlich besseren Sound aufwerten. Die Bands selber haben teilweise keine Ahnung was die Fans an einem bestimmten Album lieben…. Man verbindet ja persönlich immer etwas mit einem bestimmten Sound zu einer bestimmten Zeit.

Was würdest Du jemanden raten der sich mit dem Gedanken trägt, Produzent zu werden?

Studiere was Vernünftiges!!! Hahaha Ich glaube nicht, das ich heute nochmal denselben Weg einschlagen würde. Es gibt einfach zu Viele. Ich habe den Vorteil, dass ich schon 20 Jahre dabei bin. Heute ist alles so furchtbar professionell aber nicht unbedingt besser.

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