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GOTTHARD – Stereo Crush (2025)

(9.453) Olaf (5,5/10) Hard Rock


Label: RPM
VÖ: 21.03.2025
Stil: Hard Rock






Früher war ich Fan. Und nicht irgendeiner, sondern ein richtiger, mit Herz und Vinyl. Ich kannte Homerun auswendig, habe Lipservice im Auto mitgesungen, bis mir die Stimme versagte – und ja, auch Firebirth verteidigt, als man begann, sie wegen des leider notwendig gewordenen Sängerwechsels zu belächeln. Doch was einst ein leidenschaftlicher Höhenflug zwischen den Walliser Alpen und dem Rock-Olymp war, ist mittlerweile zum Inlandsflug der Kategorie „Swissair Economy“ geworden: pünktlich, sauber – aber emotionslos.

GOTTHARD, benannt nach einem der majestätischsten Berge der Eidgenossenschaft, waren einst ebenso monumental. Seit 1992 pflastern goldene und platinbeschichtete Erfolge ihren Weg – eine Karriere, auf die man neidlos mit Respekt blicken muss. Doch Erfolg ist bekanntlich ein schlechter Ratgeber, wenn es darum geht, künstlerisch mutig zu bleiben. Und genau hier setzt Stereo Crush an – oder besser gesagt: Es stolpert los.

Schon der Opener AI & I macht klar, wo die Reise hingeht: In eine glattpolierte, antiseptisch produzierte Welt, in der jedes Gitarrenriff klinisch desinfiziert wurde. Statt mit Drive und Feuer klingt der Song wie der müde Versuch, die Digitalisierung musikalisch zu kommentieren, ohne dabei selbst digital unterzugehen. Sänger Nic Maeder wirkt stellenweise so, als hätte er beim Einsingen parallel eine Steuererklärung ausgefüllt. Wo einst Pathos und Schweiß tropften, regiert heute gepflegte Langeweile.

Und das zieht sich wie zäher Käse durch den Großteil des Albums. Thunder & Lightning wäre gerne der neue Stadionhit – was ihm immerhin gelingt, wenn man sich ein leeres Stadion dazu denkt. Rusty Rose schielt auf emotionale Tiefe, bleibt aber textlich wie musikalisch an der Oberfläche hängen wie ein verblasstes Tattoo. Besonders schmerzlich: Drive My Car, eine Beatles-Coverversion, bei der ich ernsthaft glaube, dass nicht nur Paul McCartney, sondern selbst der sonst so friedliebende Ringo ein Fass aufmachen würde. Wer hat diesen Song abgenickt? Und vor allem: Warum?

Auch die Zusammenarbeit mit Alt-Mitstreiter Chris von Rohr bei Liverpool mag auf dem Papier nostalgisch prickeln – in der Praxis bleibt der Song jedoch ein austauschbarer Uptempo-Rocker, der sich so vehement ins Gehör bohren will, dass man ihn nach dreimal Hören garantiert nicht mehr freiwillig auflegt.

Ja, Stereo Crush hat auch seine Momente. Und die verstecken sich – wie ein gut gereifter Sbrinz – ganz am Ende. Devil in the Moonlight schiebt düster, trägt erstmals so etwas wie Atmosphäre in sich. Ein Song mit echtem Spannungsbogen, wohl komponiert und tatsächlich mitreißend gesungen. Und auch Dig a Little Deeper kratzt an alten Glanzzeiten, mit einem Refrain, der tatsächlich hängen bleibt, ohne dass man sich dafür schämen muss.

Diese beiden Tracks retten das Album davor, in die bleierne Mittelmäßigkeit hinabzusinken, und lassen aufblitzen, was GOTTHARD einst ausmachte: Gefühl, Power und diese ganz spezielle Swissness zwischen Weltoffenheit und Bodenständigkeit. Doch der Rest? Wieder nur Business as usual. Man hört die handwerkliche Perfektion, die tausenden Studio-Stunden, die Latte-Macchiato-Pausen mit Produzent Charlie Bauerfeind – aber man spürt wenig davon. Das hier ist Rockmusik mit TÜV-Zertifikat, fehlerfrei, aber seelenlos.

Stereo Crush ist wie eine Edel-Luxusuhr aus Genf – hochpräzise, unkaputtbar, aber leider auch völlig frei von Überraschung. Die Band hat hörbar viel Schweiß in die Produktion gesteckt, was man ihr hoch anrechnen muss. Doch während sich GOTTHARD noch immer als Speerspitze des Schweizer Hard Rocks inszenieren, empfinde ich bei diesem Album vor allem eines: Gleichgültigkeit. Vielleicht reicht das ja, um die Charts zu erklimmen und sich den nächsten Aperol Spritz in Davos zu gönnen. Für mich bleibt Stereo Crush jedoch eine leere Hülle – perfekt geformt, aber ohne Inhalt. Und das tut weh, besonders, wenn man sich noch an die Tage erinnert, als diese Band mein Herz im Sturm eroberte. Heute bläst nur noch ein laues Lüftchen. Aber immerhin riecht es noch nach Rock.

Anspieltipps:
🔥Devil in the Moonlight
🔥Dig a Little Deeper 


Bewertung: 5,5 von 10 Punkten


TRACKLIST

01. AI & I
02. Thunder & Lightning
03. Rusty Rose
04. Burning Bridges
05. Drive my Car
06. Boom Boom
07. Life
08. Liverpool
09. Shake Shake
10. Devil in the Moonlight
11. Dig a little deeper
12. These are the Days 




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