Ich fühle mich wie ein kleines Kind
3.298…in Worten…Drteitausendzweihundertachtundneunzig…so viele “likes” hat Janos Review zum aktuellen Album "Meliora" der geheimnisumwitterten Ghost erhalten. Kein Wunder, dass unser Redakteur seit Wochen, ziemlich atypisch für seine sonstige Funktion als Frontmann der Zombie-Deather Xicution, mit einem fetten Grinsen durch E-Bass Walde (oder Eberswalde) stapft. Völlig zurecht im Übrigen, denn das dritte Album der Schwedischen Rocker drehte nicht nur in unserer Redaktion viele Runden im Player, sondern bescherte den Okult-Rockern auch einen ungeahnten Erfolg weltweit. Daher ergriff ich auch sofort die Gelegenheit, um mit einem der nameless Ghouls ein Interview zu führen, welches allerdings ziemlich penibel seitens der Plattenfirma auf 20 Minuten begrenzt war und somit bei weitem nicht alle Fragen beantwortet werden konnten, entpuppte sich doch Unbekannter Nummer 1 dazu noch als ziemlich gesprächig.
Heyho…schön Dich am Telefon zu haben.
Hallo Olaf. Ja, ich freue mich auch und ich hoffe, Dir geht es genauso gut wie mir momentan.
Auf jeden Fall…vor allem wenn ich sehe, dass Ihr so freundlich wart, unser Review bei Euch zu posten und uns somit unfassbare Klickzahlen beschert habt…
Hahaha…gerne. Ich erinnere mich auch gut an das Review und bitte richte Jano dafür noch einmal unseren besten Dank aus.
Hiermit geschehen. Ist es für Euch nicht auch zeitweise unfassbar, dass es weltweit so viele Menschen gibt, die Ghost hören? Das war doch bei Start der Band nicht unbedingt vorhersehbar…
Richtig und zuweilen macht mich das heute noch sprachlos. Wir sind darüber sehr stolz und glücklich, so viele Menschen mit unserer Musik zu erreichen. Wenn man sich dazu entschließt, etwas Künstlerisches auf die Beine zu stellen, macht man dies natürlich in der Absicht, viele Leute dazu zu bewegen, es sich anzuhören. Wir sind sehr dankbar für jeden Fan, der unsere Musik mag und zu unseren Konzerten kommt.
Als Ihr Ghost 2008 aus der Taufe gehoben habt, konntet Ihr Euch in Euren kühnsten Träumen überhaupt vorstellen, einmal solch einen großen und vor allem weltweiten Erfolg zu haben?
Nein und es ist für uns ein Traum wahr geworden, denn damit hatten wir nie und nimmer gerechnet. Als wir 2008 angefangen haben mit Ghost Musik zu machen, wollten wir was theatralisches, was außergewöhnliches erschaffen und haben uns keine Gedanken darüber gemacht, ob die damals als Projekt gestartete Band jemals kommerziellen Erfolg haben würde. Diese Theatralische wollten wir natürlich auch live darbieten, was natürlich anfangs mit einem kleinen Budget kaum möglich war. Uns war erst einmal wichtig, genügend Songs zu schreiben, ein Album aufzunehmen und ein Label zu finden, welches uns veröffentlichen würde. Es war niemals unsere Intention, mit Ghost einen kommerziellen Erfolg zu erzielen, doch unglücklich sind wir darüber natürlich nicht (lacht).
Wir haben mit Rise above Records einen Weg begonnen, den wir mit Roadrunner fortgeführt haben und alleine am Label erkennt man, wie weit wir in einer solch relativ kurzen Zeit gekommen sind. Erst mit dem zweiten Album begann so ein bisschen der Kommerzielle Einzug zu halten, worauf wir allerdings nie gezielt hingearbeitet haben. Wir haben eine Chance erhalten, die heutzutage nicht viele bekommen und haben, glaube ich, das Beste draus gemacht. Du kannst die Zeichen deuten, es dabei bewenden lassen, oder die Chance beim Schopfe packen, was wir dann natürlich sofort gemacht haben (lacht).
Wir haben uns dazu entschieden, diesen Weg mitzugehen und sind jedes Jahr aufs Neue begeistert und überrascht, dass es im folgenden Jahr immer besser wird als im letzten. Vielleicht ist es eines Tages schneller vorbei als man denkt, doch dann können wir uns voller Stolz selber sagen, dass wir alles mitgenommen haben. Momentan sind wir alle total enthusiastisch, dass viele unserer Träume in Erfüllung gegangen sind, die wir uns so niemals erwartet hätten. Als ich 19 war, wollte ich dorthin. Mit 25 war ich etwas desillusioniert, doch nun mit 34 habe ich ein Teil meiner Ziele und Wünsche erreicht und begegne dem voller Demut und Dankbarkeit.
Es gibt natürlich immer noch so einige kleine Dinge, die ich mir mit der Band erfüllen möchte doch ich bin voller Zuversicht, diese auch noch zu erreichen. Das ist ein großartiges Gefühl und momentan ist der Enthusiasmus mit dem neuen Album riesengroß. Dann noch die anstehende Tour…ich fühle mich da wie ein kleines Kind…oder wie der von mir skizzierte 19jährige (lacht).
Deinem Redefluss zu urteilen bist Du auf jeden Fall sehr zufrieden mit „Meliora“ und dem aktuell Erreichten…
In der gesamten Band und allen involvierten Organisationen gibt es einen riesigen Enthusiasmus und alle Leute, die in irgendeiner gearteten Form mit dem Release was zu tun haben, sind voll bei der Sache und unterstützen uns, wo es nur geht. Das Album hat fast überall auf der Welt einen Vertrieb, so dass wir eine Menge mehr Länder erreichen können als zuvor, doch wir haben schon im Vorfeld penibel darauf geachtet, dass es auch die richtigen Labels sind.
Unglücklicherweise war es in der Vergangenheit so, dass wir nicht in allen Ländern auftreten können, in denen die Scheibe veröffentlicht wurde, denn das Booking ging immer noch über die Band und die einzelnen Vertriebsfirmen hatten da keinerlei Einfluss drauf. Das ist diesmal komplett anders und wir haben uns die richtigen Partner ausgesucht bei denen es klar ist, dass wir in den jeweiligen Ländern auch spielen werden.
Wir haben, kurz zusammengefasst, nunmehr ein besseres Album am Start, bessere Vertriebspartner und eine Menge neuer Fans, denen wir uns auch präsentieren wollen und wir sind voller Tatendrang, das kann ich Dir versichern. Wir haben noch 3 Festivals und dann unsere Headliner Tour, auf denen wir uns ausgedehnt unseren Fans präsentieren werden, die uns zum Teil seit 5 Jahren unfassbar supporten, uns aber tatsächlich noch nie live gesehen haben. Es ist doch schon ein Unterschied, ob du eine Band die du magst auf einem Festival, als Support oder als Headliner mit der vollen Produktion siehst. Wir werden natürlich nicht überall spielen können, doch wir versuchen, allen unseren Fans gerecht zu werden…
Doof ist da nur, dass Berlin nicht dabei sein wird…
Ich weiß und es ist eine Katastrophe (grinst hörbar). Glaub mir, wir wollten unbedingt in Berlin spielen, doch gerade zu diesem Zeitpunkt, im anstehenden Herbst und Winter, tourt jede verdammte Band auf diesem Erdball und in Berlin war einfach nichts Geeignetes für uns frei. Das ist das Problem in den Großstädten wie Berlin, dass da jeden Tag drei bis vier Konzerte sind, die Lokalitäten ausgebucht sind und es ein Überangebot an großartigen Veranstaltungen gibt. Das Problem gab es auch in einer anderen deutschen Großstadt, wo an dem von uns avisierten Tag insgesamt 5 Konzerte stattfinden werden und wir dort einfach nicht mehr reinpassten. Wir sind halt keine Arena Band, die es sich leisten kann, in solch eine Konkurrenz zu treten und von daher mussten wir leider Abstriche machen.
Erkläre mir doch mal bitte Euren Albumtitel „Meliora“. Als ich recherchierte stieß ich auf einen lateinischen Mädchennamen oder den Begriff „besser“...
Erkläre mir doch mal bitte Euren Albumtitel „Meliora“. Als ich recherchierte stieß ich auf einen lateinischen Mädchennamen oder den Begriff „besser“...
Es war ursprünglich als kleiner Witz gedacht, denn die Übersetzung „besser“ trifft es schon ganz gut, da jede Band ja immer von sich behauptet, dass das neue Album natürlich besser sei, als das vorangegangene (lacht). Mittlerweile sehen wir „Meliora“ in Zusammenhang mit dem Cover als sozialen Kommentar, denn wir müssen irgendwann mal wieder in einer besseren Welt leben. Die sogenannte „brave new world“ existiert in meinen Augen nicht. Wir bauen Megacities in einer babylonischen Weise und achten nicht mehr auf das Miteinander, sondern wollen immer höher hinaus, was meines Erachtens irgendwann im Chaos enden wird. Wir lassen uns doch selbst nicht mehr genügend Platz zum Leben. Es ist ironisch, dass wir in einer Welt leben, in der wir die Raumfahrt entdeckt, Bitcoins erfunden haben, also all so ein Scheiß, den wir gar nicht wirklich brauchen…und leben wir dadurch glücklicher?
Es gibt so viele Menschen, die Medikamente schlucken, nur um glücklich zu sein und genau diese haben bei Facebook 2.000 Freunde, nur um ein klein wenig glücklicher zu sein. Das ist krank. „Meliora“ ist von daher wirklich ironisch zu verstehen, da wir immer versuchen, besser zu sein, anstatt das Hier und Jetzt zu genießen.
Wenn ich „Meliora“ mit "Infestissumam" vergleiche fällt mir sofort auf, dass der Sound auf Eurer neuen Scheibe um ein Vielfaches druckvoller, heavier ist, als auf dem ebenso grandiosen Vorgänger. Ebenso sind die Songs rifflastiger geworden. Wie kam dieser Wechsel zustande?
Das hat natürlich in erster Linie was mit den Gitarren zu tun, hahaha. Die Antwort hast Du wahrscheinlich jetzt nicht erwartet. Die Strukturen der Songs gaben es einfach her, diesmal etwas stärker auf das Riffing zu setzen. Doch die größte Entwicklung von Album 1 über 2 bis hin zu „Meliora“ sind die Drums, die wir stetig straighter und härter gemacht haben. Als wir mit dem Songwriting begonnen haben, bestanden die Grundgerüste hauptsächlich aus dem Drums und als ich und die anderen in den Prozess einstiegen sagten wir sofort: Belasse bitte die Drums so, wie sie auf den ersten Demos klingen. Es hatte einen gewissen Swing, klang einfach cool und es hatte ein gewisses Livefeeling, was wir diesmal unbedingt einfangen wollten.
Wir beschlossen ziemlich schnell, die Drums in den Fokus zu rücken und nahmen uns ganze zwei Wochen Zeit, sie aufzunehmen auch um sicher zu gehen, dass sie so organisch klingen, wie sie es jetzt tun. Allerdings klang das beim ersten Take dann doch nicht so, wie wir uns das vorgestellt hatten und so probierten wir rum…und plötzlich saß jeder Take und da wussten wir: Wir haben das von uns gewollte Livefeeling. Alles andere haben wir Drumherum aufgebaut und zeitweise ziemlich spontan komponiert und zuweilen war es schon ziemlich hart und aufwendig, dass dann im Endeffekt aufzunehmen. Die Gitarren haben wir ganze vier Mal aufgenommen, um sie dann im Endeffekt genauso zu spielen, wie bei der ersten Aufnahme. Das war schon crazy.
Ich war bei „Infestissumam“ etwas verwirrt, dass das Album unter dem Banner Ghost B.C. veröffentlicht wurde. Wie kam denn dieser Zusatz zustande?
Das war eines der Probleme, welches wir mit unserem Hauptlabel hatten und glaube mit, gerade in Skandinavien waren viele Verantwortliche sehr verwirrt darüber, dass plötzlich dieser Zusatz in unserem Bandnamen auftauchte, denn dort wurden alle unsere Platten einzig und alleine unter dem Namen Ghost veröffentlicht. Irgendwie ist dann die falsche A&R Maschinerie innerhalb der Universal angelaufen und dort hat man festgestellt, dass das Wort „Ghost“ in irgendeiner Form urheberrechtlich geschützt sei. Hey, so ein Blödsinn, denn jedes noch so kleine Wort hat irgendwo ein Copyright, doch uns hat es dann in den Staaten halt getroffen. So haben wir uns dann hingesetzt und uns das kürzeste überlegt, was man da eventuell hinmachen könnte und kamen auf B.C. was so viel bedeutet wie „before christ“…oder „becuase of copyright“, hahaha.