PHANTOM SPELL – Heather & Hearth (2025)
(9.674) Maik (9,5/10) Prog Rock

Label: Cruz Del Sur
VÖ: 18.07.2025
Stil: Progressive Rock
Da mich das Debütalbum von PHANTOM SPELL schon sehr begeistert hatte, war ich natürlich sehr gespannt auf das zweite Album der Briten. Selbiges kommt nun auf den Markt und hört auf den Titel „Heather & Hearth“. Das Projekt um den SEVEN SISTERS- Sänger und Gitarristen Kyle Mc Neill hatte mit „Immortal’s Requiem“ einen starken Bezug zu 70er Progressive Rock vermittelt, und ich kann vorweg sagen, dass PHANTOM SPELL diesen Weg unbeirrt weitergehen.
Die Bezüge zum frühen Progressive Rock und gar Art Rock sind teilweise noch viel stärker vorhanden, auch ruhigere Momente stellen sich öfter ein. Jedoch wird durch die wuchtige Gitarrenarbeit auch ordentlich Power vermittelt. Die Songs sind wieder sehr vielseitig aufgebaut, teilweise fast noch verspielter als auf dem Debütalbum. Die Komplexität und der Abwechslungsreichtum lassen die Songs dafür auch nicht langweilig werden.
Ein Album mit einem Song anzufangen, der fast zwölf Minuten lang ist, spricht erstens für ein gewisses Selbstvertrauen - eine Hypothek, welche PHANTOM SPELL auch einlösen-, und gibt zweitens ein deutliches Zeichen an den potentiellen Hörer, dass dies hier kein Album ist, welches man so nebenher beim Kartoffeln putzen oder Fenster schälen hört. Und so zeigt der Opener „The Autumn Citadel“ auch gleich, wo es langgeht. Progressiv, aber nicht verfrickelt; rockig, aber nicht aggressiv; melodisch, aber nicht einlullend. Der Song scheint sich in verschiedene Akte aufzugliedern, bietet aber immer ein ganzes Bild. Und wenn ich eine DEEP PURPLE-mäßige Hammond-Orgel rödeln höre, bin ich sowieso begeistert. Und Mister McNeill hat auch die passende Voice für derartige Mucke.
Epische Momente, progressive Momente, folkmäßige Momente – da denkt man irgendwie an JETHRO TULL. Das liegt nicht allzu fern, trifft es aber nur bedingt. In den ruhigen Momenten erinnert die Musik auf „Heather & Hearth“ schon etwas an Platten wie „Songs From The Wood“. Wird es epischer, erinnert man sich an „The Broadsword And The Beast“. Doch PHANTOM SPELL ziehen trotz aller Verspieltheit doch immer wieder den Bogen zum Hard Rock und werden auch nie so schwer nachvollziehbar, wie es TULL zum Beispiel auf Alben wie zum Beispiel „A Passion Play“ gewesen sind.
Gerade Songs wie „Siren Song“ haben einen starken Hang zum Epic Metal. Doch hauptsächlich schauen PHANTOM SPELL in die Siebziger Jahre, und dort eben auch auf Bands wie URIAH HEEP, BLUE ÖYSTER CULT oder STYX. Natürlich auch oben erwähnte JETHRO TULL und DEEP PURPLE. Das ruhig beginnende Titelstück hat anfangs sogar etwas von LED ZEPPELIN, bis es dann ab der Mitte rockiger wird. Dabei schafft es die Band allerdings, diese großen Namen nicht zu kopieren, sondern daraus einen Extrakt zu brauen, der eine eigene Identität aufbaut.

Das allein mit Akustikgitarren unterlegte, mehrstimmige Gesangsstück am Ende der Platte, „Old Pendle“, hat mir doch fast etwas Augenpipi verursacht. Dieser Song hat eine Ausstrahlung, den alle Folk/Pagan Bands dieser Welt nicht erreichen. Gerade was die Eigenständigkeit angeht, haben PHANTOM SPELL mit „Heather & Hearth“ die Weichen nun noch eindeutiger als auf dem Debütalbum gestellt. Mit dem zweiten Album geht es mehr in Richtung epische Erzählung, alles greift ineinander. Ruhige Momente und rockige Parts wechseln nur anfangs überraschend ineinander über, insgesamt passt das alles aber perfekt zusammen.
Und das liegt wohl vor allem daran, Dass Mastermind Kyle McNeill die Siebziger Rock-Ära nicht nur verehrt und ihr nachstrebt, sondern dass er diese Musizierart lebt und fühlt. „Heather & Hearth“ ist insgesamt weniger direkt als der Albumvorgänger, in Sachen Komplexität und Theatralik aber um ein Vieles beeindruckender. Wer die oben genannten Bands aus den Siebzigern gern hört, sollte sich unbedingt „Heather & Hearth“ zu Gemüte führen.
Das Album wirkt wie eine epische Erzählung, mit Momenten der Ruhe und schweren Gedanken, mit Szenen des Kampfes und Entbehrungen, mit ausgelassener Fröhlichkeit und pathetischen Momenten und endet mit besinnlichem Ausklang am Lagerfeuer, wo man die besingt, die nicht mehr unter uns weilen. Das hat fast literarische Größe, und das sage ich, wo ich die Lyrics noch nicht mal gelesen habe. PHANTOM SPELL erschaffen diese Stimmungen allein mittels ihrer Musik.
Anspieltipp: „Siren Song“ und „Heather And Hearth“
Bewertung: 9,5 von 10 Punkten
TRACKLIST
01. The Autumn Citadel
02. Siren Song
03. Evil Hand
04. A Distant Shore
05. Heather & Hearth
06. Old Pendle