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KANONENFIEBER – Live in Oberhausen (2025)

(9.587) Schaacki (10/10) Blackened Death Metal


Label: Century Media Records
VÖ: 25.04.2025
Stil: Blackened Death Metal






Eine Rezension zu einem neuen Album zu schreiben, ist immer eine nette Aufgabe – vor allem, wenn ich die Band mag. Einen Live-Bericht zu verfassen, macht oft sogar noch mehr Spaß. Doch was, wenn man das Vergnügen hat, eine Live-Aufnahme zu beschreiben – und zwar nicht nur auditiv, sondern auch visuell?! Zugegeben: Ich bin mit meinem Text zur jüngsten Veröffentlichung aus dem Hause Kanonenfieber etwas spät dran – war der Release doch bereits am 25. April –, angesehen und -gehört habe ich die Aufzeichnung aus Oberhausen jedoch bereits davor.

Dass es zum Schreiben jetzt erst kam, liegt mit absoluter Sicherheit nicht daran, dass ich nichts dazu zu sagen hätte. Im Gegenteil – bei so viel Input benötigt es einfach manchmal mehr Zeit. Denn die Darbietung des Sturmtrupps aus Bamberg ist voll von Leidenschaft und Liebe fürs Detail. Und mit zwölf vollwertigen Titeln plus Intro und Interlude ergeben sich rund 75 Minuten Spielzeit. Ja, für die bisher größte Headliner-Show schöpfen Noise und seine Mannen aus den Vollen. Hinzu kommt natürlich ein stimmungsvolles, themenbezogenes Bühnenbild, wie man es von der Truppe gewohnt ist: riesiges Zeppelin-Backdrop, Sandsäcke en masse, etliche Meter Stacheldraht und sogar zwei Artilleriegeschütze.

Das erwähnte Intro ist Großmachtfantasie – das Stück, das das letzte sowie nun also auch das neue Live-Album einläutet. Darauf folgt ein Knall, und Kanonenfieber drehen das Publikum durch die Menschenmühle. Die Schlacht ist nun eröffnet, und Band sowie Publikum stürzen sich umgehend in den Kampf. Die ersten Schützengräben… äh, Reihen zeigen sich textsicher und sangesfreudig. Noise greift sich das Auditorium und vereidigt es in seinem Sturmtrupp. Dazu gestikuliert und dirigiert er fast pausenlos. Stillstand kennt der Mann nicht. Auch seine Mitstreiter auf der Bühne stehen nur selten still – lediglich dann, wenn sie mit gezielt gesetzten und wirkungsvollen Backing Vocals ihren Kommandanten unterstützen.

Dann wird es Winter im April: Mit neuen Uniformen und Schneekanone kehren die Musiker nach einer kurzen Pause auf die Bühne zurück. Ja, nun schneit es in der Turbinenhalle. Auch im Publikum liegen sich wärmend uniformierte Männer in den Armen. Nachvollziehbar, denn die Geschichte des Füsilier I, die nun erzählt wird, ist emotional aufgeladen – vor allem bei so einer Kulisse. Da nimmt man gern seinen Freund kameradschaftlich in den Arm. Die Grabenlieder knüpfen an dieses Szenario perfekt an. Das Publikum fühlt, leidet und singt mit der Band mit. Der Break, in dem Noise kurzerhand sein Mikrofon in ein Maschinengewehr verwandelt, ist auch vor dem heimischen Bildschirm noch immer beeindruckend. Schon jetzt weist das Set enorme Hitdichte auf – gehören diese zwei Titel augenscheinlich nicht nur zu meinen Kanonenfieber-Favoriten…

Der nächste Szenenwechsel steht an. Der Winter verzieht sich langsam, und der Weg der Konzertbesucher beziehungsweise Zuschauer führt vom Schnee unter die Erde. Genau, es ruft Der Maulwurf. Mit Spaten und Karbidlampe ausgestattet betritt Noise die Bühne, performt auf einem Hocker sitzend und macht den Songtext zum Schauspiel. Zum Refrain erhebt er sich und streckt den Spaten in die Luft – Rauch- und Feuersäulen begleiten ihn, und ein wirklich martialisches Bild bietet sich. Dazu brüllen die Fans die Zeilen aus voller Kehle mit. Das dramatische Ende der Story wird bildhaft passend inszeniert – aber schaut einfach selbst. Wieder an der Oberfläche angekommen, wartet schon der Panzerhenker auf seine Aufgabe. Dieser – beziehungsweise dieser Song – zielt eindeutig darauf ab, für Bewegung zu sorgen. Zumindest tut er das wie bisher kein anderer Track des Sets, indem er einen anständigen Pit kreiert.

In Marineuniform gekleidet, geht es in Kampf und Sturm anschließend zu Wasser weiter. Die Illusion des Kampfes auf See wird durch die Outfits und den Einsatz von vornehmlich blauem Licht herrlich dargestellt. Das Publikum geht an Bord und zieht mit. Auch Die Havarie sorgt für Begeisterung – die Menge bewegt sich, singt, brüllt und mimt die Gesten von Kapitän Noise nach. Die „Ahoi“-Rufe am Ende werden ausgedehnt und entwickeln sich zu einem „sing together“-Part, bevor die Luke sich ein letztes Mal mit einem lauten Knall schließt.

Nach der nächsten kleinen Umbau- oder eher Umziehpause geht es mit Die Feuertaufe zurück an die Anfangstage von Kanonenfieber. Auch der vergleichsweise alte Song vom Debüt wird frenetisch abgefeiert und sorgt für reichlich Bewegung in der Masse und großen Zuspruch. Nun hat Noise das Publikum genau da, wo er es haben will – und dem Aufruf zum Circle Pit beim Beginn von Lviv zu Lemberg wird ohne Widerwort Folge geleistet. Auch der Angriffsplan, der mit Bassist Gunnar geschmiedet wird und eine Wall of Death nach sich zieht, geht auf. Egal, was Noise und seine Kameraden dem Publikum abverlangen – es wird befolgt. Das ist schon echt beeindruckend.

Als die ersten Töne von Waffenbrüder erklingen, stehen auch genau diese zwei Herren Schulter an Schulter und teilen sich nicht nur die Aufmerksamkeit des Publikums, sondern auch viele Gesangspassagen. Der Zuschauer bekommt also die emotionale Geschichte der beiden Freunde noch drastischer dargestellt. Ein besonderer Moment, der beweist, dass extremer Metal ans Herz gehen kann. Am Ende wird der Text dann auch noch abgewandelt, und plötzlich heißt es dann in Richtung Publikum: „IHR, ihr wart Waffenbrüder.“ So schaffst du eine Verbindung zu deinen Fans.

Auch das Finale rührt noch einmal die Gefühlswelt auf. Denn es sind nicht, wie so oft in der Vergangenheit, die Yankee-Divisionen, die das Ende einer Kanonenfieber-Show einläuten. Nein, es sind das Interlude Verdun und die Ausblutungsschlacht, die die Turbinenhalle Oberhausen zum Ausklang dieses Konzerts beschallen sollen. Somit geht es nochmal in die Vollen – und von Schädelmaske und Flammenwerfer über die vielen Facetten dieses dramatischen Stücks wird das ganze breite Spektrum der Band abgerufen. Es ist kein Partysong, der dieses Set beendet, sondern der vielleicht bedrückendste der Band. Und ich finde ihn vielleicht etwas mutig, aber eigentlich auch perfekt gewählt.

Kanonenfieber sind eine Band, die den Krieg nicht glorifiziert, sondern über die Schrecken und den Wahnsinn dessen berichtet. Sie setzen viel auf Show und sind bildgewaltig. Sie erzählen Geschichten beziehungsweise aus der Geschichte – und sind dabei größtenteils historisch exakt. Warum sollte da also ein Happy End so einen Auftritt besiegeln?!

Wer sich für das Thema I. Weltkrieg interessiert, auf Metal steht, eine Show mit großer Inszenierung schätzt und Wert auf Qualität in Sachen Bild und Ton legt, der wird an Live in Oberhausen einfach nichts Schlechtes finden. Die Songauswahl ist super und sollte bei Fans der ersten bis zur jüngsten Stunde keine Wünsche offenlassen. Und wer an dieser Veröffentlichung etwas aussetzen möchte – dann nur, weil er es unbedingt will. Dieses Konzert ist eine völlig runde Sache, und wer es hin und wieder genießt, sich vor den heimischen Geräten so etwas reinzuziehen, wird voll bedient werden.

Anspieltipps: Gibt’s nicht – einfach das Konzert im Ganzen ansehen!


Bewertung: 10 Punkte


TRACKLIST

01. Großmachtfantasie 
02. Menschenmühle 
03. Sturmtrupp 
04. Der Füsilier I 
05. Grabenlieder      
06. Der Maulwurf 
07. Panzerhenker 
08. Kampf und Sturm 
09. Die Havarie 
10. Die Feuertaufe 
11. Lviv zu Lemberg 
12. Waffenbrüder 
13. Verdun 
14. Ausblutungsschlacht



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