PROTECTOR – Excessive Outburst Of Depravity (2022)
(7.810) Maik (10/10) Thrash Metal
Label: High Roller Records
VÖ: 01.07.2022
Stil: Thrash Metal
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Alter! Spinn ich jetzt? Was habe ich mich auf dieses Album gefreut wie ein Bekloppter! Und was machen PROTECTOR? Sie übererfüllen meine Erwartungen doch glatt. Was für eine Granate! Und eigentlich müsste ich dieser Bande ja nun etwas böse sein, da sie mich ja offensichtlich kaltschnäuzig Lügen straft. Hatte meinereiner doch das letzte Album „Summon The Hordes“ doch mit glatten 10/10 Punkten heimgeschickt. Und volle Punktzahl heißt ja wohl indirekt: ‘das ist nicht zu toppen!‘.
Und dann machen PROTECTOR genau das! Die Platte hat mit „Excessive Outburst Of Depravity“ zwar einen zunächst etwas sperrig anmutenden Titel, dafür flutscht die Mucke wie ein glühender Lavastrom in die Gehörgänge, dass es eitel Freud ist. Schon der Opener „Last Stand Hill“ brennt ordentliche old school- Thrash- Riffs ins Gelände. Und wenn ich old school sage, meine ich spätestens Mitte der 80er. Drumming, Riffing…alles atmet den Spirit des frühen deutschen Thrashs.
Teilweise erinnern die Riffs vom Drive etwas an DESTRUCTIONs „Infernal Overkill“, allerdings mit dem typischen PROTECTOR-Druck. Martin Missys charakteristische Vocals machen das Ganze dann komplett. Möchte wissen, wie der das macht, heute immer noch so fett brutal singen zu können wie vor 35 Jahren. Wahrscheinlich zieht er sich den Surströmming rein und gurgelt dann mit in Absolut-Wodka aufgelösten Reißnägeln. (Warte mal auf das Interview, höhö-Olaf)
Mit „Pandemic Misery“ greifen PROTECTOR dann ziemlich in die Tradition amerikanischen Speed Metals der Anfangsjahre. Das Riffing zu Beginn könnte glatt von „Show No Mercy“ stammen. Mann, ist das endgeil! Mir brät gerade die Frühsommersonne von hinten den Buckel knusprig, aber mich überläuft trotzdem eine Gänsehaut. Hammer! Aber nicht, dass PROTECTOR jetzt Ruhe geben. „Referat IV B4“, welcher ein extrem unrühmliches Kapitel deutscher Geschichte behandelt, legt tempomäßig noch mal ein paar Kohlen drauf. Jetzt rasen die Knaben ungebremst durch die schwedischen Wälder, wodurch schon die ersten Elch-Flüchtlingsströme an den Grenzen zu Finnland aufgetaucht sind. Und da es jetzt kaum noch schneller geht, besteigen PROTECTOR das Drachenboot und segeln gemütlich mit den Wikingern durch „Open Skies And Endless Seas“. Hier hört man dann auch wieder den typisch körnigen Gitarrensound, den die Wolfsburger Urversion der Band auf „Golem“ und „Urm The Mad“ kultiviert hat. Nur eben dank moderner Aufnahmetechnik um einiges druckvoller.
Auch die restlichen Songs lassen mir die Kinnlade ständig auf Kniehöhe sacken. Kaum eine Band schafft es, den ursprünglichen Sound der Anfangstage so authentisch, frisch, und ungebremst zu reproduzieren, noch dazu, wenn man bedenkt, dass drei Viertel der Combo damals noch nicht einmal dabei waren. Ja, ich gebe zu, ich bin PROTECTOR- Fan der ersten Stunde. Das will ich auch gar nicht leugnen. Trotzdem ist es heute schon eine Leistung, wenn einen ein Album schon beim ersten Durchlauf, ach was sag ich, bei den ersten Takten dermaßen abholt, dass einem der Kalk von den Synapsen bröckelt. Und welche der anderen Idolbands kann schon heute noch die alte Leistung derart fett abrufen?
Auch coverartmäßig ist wieder alles im grünen Bereich. Oder wohl eher im Gelben. Denn hatte der „…Humunkulus“ noch in Blautönen geschwelgt, das Nachfolgealbum war dann eher grünlich, „Summon The Hordes“ stark in Rottönen gehalten, schimmert bei „Excessive Outburst Of Depravity“ dann eher ein Gelbton durch. Ich hatte schon beim letzten Album den Verdacht, dass sich PROTECTOR so langsam durch die Farbenlehre arbeiten. Das lässt auf viele weiter geile Scheiben hoffen, denn der Farben gibt es etliche.
Doch am wichtigsten ist natürlich, dass die Mucke stimmt. Und da besteht hier nicht der geringste Zweifel. Und da ich dem Vorgängeralbum schon 10/10 Punkten verpasst habe, stehe ich nun vor einem kleinen Problem. Denn ich bezweifle, dass mir Olaf die Genehmigung erteilt, unseren Bewertungsrahmen zu sprengen. Deshalb müssen sich PROTECTOR wohl oder übel mit dem Zehner abfinden. Sorry Jungs, so isses nun mal. (ooch, wir hatten auch schon mal eine 10,1 – Olaf)
Jedoch genug des Geschwafels! „Excessive Outburst Of Depravity“ ist ein absoluter Killer. Klassischer Thrash mit Anklängen an den Speed Metal, im klassischen, altbekannten PROTECTOR- Klanggewand. Ein absolutes Meisterwerk, mit der sich eine von mir eh schon verehrte Band erneut in mein pechschwarzes Metallerherz gespielt hat. Für mich die Thrashveröffentlichung des Jahres bisher, und definitiv ein Anwärter auf meinen persönlichen Jahrespoll. Egal, was die zweite Jahreshälfte noch bringen mag.
Und die anderen deutschen Alt-Thrash-Ikonen müssen sich langsam mit dem Gedanken anfreunden, dass die beste Teutonen-Thrash-Combo mittlerweile aus Schweden kommt.
Anspieltipp: „Last Stand Hill“ und „Pandemic Misery“ und, naja, eigentlich alles
Bewertung: 10 von 10 Punkten
TRACKLIST
01. Last Stand Hill
02. Pandemic Misery
03. Referat IV B4
04. Open Skies And Endless Seas
05. Infinite Tyranny
06. Perpetual Blood Oath
07. Thirty Years Of Perdition
08. Cleithrophobia
09. Toiling In Sheol
10. Shackled By Total Control
11. Morse mania