TRIBUNAL – In Penitence And Ruin (2025)
(9.493) Phillip (8,3/10) Gothic Doom Metal

Label: 20 Buck Spin
VÖ: 18.04.2025
Stil: Gothic Doom Metal
Diese, aus einem Duett erwachsene, Band habe ich vor einiger Zeit ganz zufällig entdeckt als mir eins ihrer Shirts in die Hände fiel. Da wir alle wissen, dass Menschen die Bandshirts tragen - diese Bands dann jedoch weder kennen noch hören oder mögen – auch Nutella ohne Streichfett drunter essen, ihren Döner ohne Zwiebeln und Knoblauch bestellen und in ihrer Freizeit gerne Hundewelpen erwürgen, musste ich in das Vorgängeralbum also unbedingt reinhören. Trotz der auf mich eher abschreckenden Genrebezeichnung versprach die Kombination mit dem Label dann doch eine Besonderheit. Spätestens der zweite Song, und alles danach, ließen mich damals fassungslos begeistert zurück – das Shirt habe ich mir also verdient.
Das vorliegende Zweitwerk mit dem etwas sperrigen Titel In Penitence And Ruin musste also gewisse Grunderwartungen erfüllen um überzeugen zu können. Also: Jalousien runter, Vorhänge zu, Kerzen entzündet, Tetrapack-Rotwein in den barocken Pokal gefüllt und hinein in den Abgrund! Incarnadine begrüßt mich bereits früh mit DEM tragenden Element des Albums, dem Cello, und stellt bereits mit den ersten Textzeilen klar, dass positive Gefühle hier eine eher untergeordnete Rolle spielen. Die nächste sofortige Auffälligkeit geht vom Gesang aus. Soren Mourne bietet diesen auf In Penitence And Ruin weitestgehend ohne die vom Vorgänger bekannten Effekte und Layerings dar so, dass die Songs weniger sakral klingen und eine andere, persönlichere, Ebene der Eindringlichkeit erreichen. Auch das zwar nach wie vor etwas kehlige Growling von Etienne Flinn hat merklich an Profil gewonnen und klingt in den besten Momenten wie ein sterbender Vampir beim Versuch seine letzten hasserfüllten Tiraden unter das Volk zu bringen. So zu hören in A Wound Unhealing, das, wie die anderen Stücke auch in mehrere Sätze, unterteilt ist. Hier dürfen Tribunal ihre Fähigkeiten an den klassischen Instrumenten völlig ausleben. Waren die drei weiteren Instrumentalistinnen auf dem Vorgängeralbum noch als Studiomusikerinnen geführt, wurden sie folgend als Livebegleitung etabliert und finden jetzt auch ihre Erwähnung als vollwertige Besetzung der nun fünfköpfigen Band.

Die daraus resultierende kreative Wirkung kommt Tribunal grandios zugute. Es wirkt alles geschliffener und zielstrebiger als auf dem Vorgänger und spätestens bei The Sword Of The Slain sehe ich das auch im weiblichen Gesang so. Zu Beginn fehlte mir dieses hymnisch-sakrale Element, doch mit zunehmender Spieldauer gewöhne ich mich an den direkteren Gesang, der auch deutlich besser zum gesamten Klangbild dieses Albums passt. Zumal so mehr Raum bleibt für eine wirklich mitreißende Orchestrierung, die in dem angesprochenen Stück ein kleines aber fulminantes Final findet, bevor das Instrumental Ruin die Weichen für die zweite Albumhälfte stellt.
Diese funktioniert nach der Devise „Mehr ist mehr!“ und bietet neben den bereits aus der ersten Hälfte bekannten Mustern auch großartige Parts zum Mitsingen und Mitleiden wie etwa in Armoured In Shadow in dem auch ein klitzekleines Tom G. Warrior-eskes „UGH“ versteckt ist. Das große Finale kommt mit Between the Sea and Stars dann epochal um die Ecke, die komplette Klaviatur der Emotionen wird hier bedient und sollte mit seiner eingängigen Ergriffenheit jeden Stein zum Schmelzen bringen können. Tribunal haben es also wieder geschafft mich zu überraschen und auch wieder fast durchweg positiv. Die wenigen Kritikpunkte sehe ich im, grade in längeren Passagen, eintönigen Growling und der doch manchmal zu Tage tretenden Ziellosigkeit der Instrumente. Letzteres passiert sehr selten, zugegeben. Im Großen und Ganzen werden Tribunal den in sie gesetzten Erwartungen im Übermaß gerecht und liefern ein noch stärkeres Zweitwerk ab das, dieser Logik folgend, ein absolutes Meisterwerk mit dem dritten Album verspricht. Aber dafür bleibt noch genügend Zeit um In Penitence And Ruin noch ein paar Mal zu hören.
Anspieltipps: „Incarnadine“, „The Sword Of The Slain“, „Between the Sea and Stars“
Bewertung: 8,3 von 10 Punkten
TRACKLIST
1. Incarnadine
2. A Wound Unhealing
3. Angel of Mercy
4. The Sword of the Slain
5. Ruin
6. The Penitent
7. Armoured in Shadow
8. ...And the Thorn-Choked Flowers Grow
9. Between the Sea and Stars