EPIDEMIC SCORN – A call for Freedom (2025)
(9.576) Olaf (ohne Bewertung) Death Metal

Label: DIY
VÖ: 16.05.2025
Stil: Death Metal
Eigentlich halte ich mich ja von Singles fern – musikalisch, nicht menschlich. Drei Songs? Das ist ein Viertelalbum, kein Review. Aber dann kam EPIDEMIC SCORN mit A Call for Freedom um die Ecke, warf mir knapp vierzehn Minuten kompromisslose, durchproduzierte Wucht entgegen – und ich stand da wie festgenagelt im Klangsturm. Sprachlos, fasziniert und mit dem Gedanken: „Warum zum Teufel hat diese Band eigentlich noch keinen Labeldeal?!“ Und außerdem haben manche Grindbands Alben mit 22 Songs bei 12 Minuten Spielzeit…ergo?
EPIDEMIC SCORN stammen aus Sachsen – einem Bundesland, das musikalisch oft unterschätzt wird, aber regelmäßig große Töne anschlägt. Und die sind hier mehr als berechtigt. Was auf dieser Single passiert, ist musikalisch das Beste, was die Band bislang veröffentlicht hat: technisch präzise, stilistisch durchdacht und emotional aufgeladen. Und der Gesang? Da darf Frontmann Osher ruhig mal aufdrehen – mit dieser Leistung hat er sich jede Geste des Selbstbewusstseins redlich verdient. Siehe das ältere Bandbild, auf dem der Frontmann die Muskeln spielen lässt.
Call for Freedom eröffnet schleppend, schwer und mit einer Atmosphäre, die zwischen Endzeitvision und Realitätsbeschreibung pendelt. „No leaders, no followers / No faith, no trust / No end in sight / But fratricide and disgust.“ – das ist keine Pose, sondern eine bittere Reflexion unserer Zeit. Musikalisch packt der Song tief in die Groove-Kiste und lässt trotzdem genügend Raum für Melodie und Aussage.
Mit Broken Dreams folgt ein sozialkritischer Schlag in die Magengrube. Die Lyrics verhandeln Themen wie Menschenhandel, Ausbeutung und psychische Abgründe – düster, klug getextet und mit Zeilen wie „forced to get traded – forced to get shattered“ so eindringlich, dass einem das Lächeln kurz im Hals stecken bleibt. Dass der Song dabei groovt wie ein Maschinenraum voller Wut, macht ihn umso wirkungsvoller.

Der Abschluss Inner Demons wurde bereits 2024 veröffentlicht, fügt sich aber perfekt ein. Er thematisiert den inneren Kampf gegen die eigene Dunkelheit – mit starken Bildern, treibendem Rhythmus und einem Wechselspiel aus Aggression und Reflexion. Zeilen wie „Empty days and sleepless nights / silent cries and bloodshot eyes“ treffen nicht nur ins Ohr, sondern ins Nervenzentrum.
Die Produktion ist ein echtes Pfund. Modern, fett, aber nicht totproduziert. Alles sitzt genau da, wo es hingehört – Gitarren mit Biss, Drums mit Wucht, Bass mit Substanz, Vocals mit Präsenz. Man merkt sofort: Hier wurde nicht einfach irgendwas aufgenommen – hier wurde gestaltet, geschliffen, geschwitzt.
Diese Single ist kein Appetithäppchen – sie ist ein musikalisches Statement. Ein wütender, reflektierter, durchdachter Schlag in die Magengrube unserer Komfortzone. Keine Sekunde wirkt überflüssig, kein Riff beliebig, kein Text hohl. Wenn EPIDEMIC SCORN auf diesem Niveau weitermachen, dann stehen ihnen alle Türen offen – hoffentlich bald auch die eines passenden Labels.
Kaufempfehlung? Aber sowas von. Und zwar nicht nur für Fans extremer Klänge, sondern für alle, die Musik auch als Haltung verstehen.
Bewertung: ohne
TRACKLIST
01. Call for Freedom
02. Broken Dreams
03. Inner Demons