GRACELESS – Icon of Ruins (2025)
(9.571) Olaf (9,3/10) Death Metal

Label: Listenable Records
VÖ: 30.05.2025
Stil: Death Metal
Es gibt Bands, bei denen reicht ein verschwitztes Bühnenshirt, um ein Leben lang Sympathien zu sichern. So geschehen auf der 70.000 Tons of Hell 2024, als mir GRACELESS-Gitarrist Björn nach dem Set sein durchtränktes Leibchen überließ – ein Andenken, das mittlerweile wahrscheinlich härter riecht als das Riffing auf dieser Platte. Und genau deshalb: Herz gewonnen, Herz verschenkt, Herz in Schutt und Asche gelegt. Ein Jahr später halte ich nun Icon of Ruins in Händen, habe mir bereits einen Monat vor Veröffentlichung ein Shirt gekauft (natürlich frisch) und blicke auf das Album, das mir zeigt: GRACELESS waren noch nie so brutal, so fett, so schmerzhaft schön.
Die Niederlande sind bekannt für Gouda, Holzschuhe und Death Metal, der klingt, als würden Bulldozer in Zeitlupe durch Friedhöfe rollen. Seit ihrer Gründung 2016 hat sich GRACELESS mit einer stabilen Besetzung durch das Underground-Morast geboxt – ohne Schnickschnack, ohne Firlefanz. Und nun, neun Jahre später, veröffentlichen sie über Listenable Records ihr viertes Album Icon of Ruins. Was als Geheimtipp begann, ist mittlerweile eine der Speerspitzen niederländischer Todesblei-Kunst – und dieses Album der eiserne Beweis.
Schon das Cover – ein Gemälde aus Wahnsinn, Verzweiflung und herrlich morbider Symbolik – schreit nach Vinyl-Größe. Es ist eine Einladung, sich an den Abgrund zu setzen, die Beine baumeln zu lassen und dem Untergang zuzusehen. Die Musik? Eine Lava-Lawine aus schleppendem Groove, mächtigem Riff-Donner und hymnischen Momenten, die sich mit apokalyptischer Gewalt in den Schädel fräsen. Der Sound ist dabei so fett wie Omas Hühnersuppe – nahrhaft, heilend und trotzdem schwer verdaulich, wenn man zu viel auf einmal nimmt.

Textlich zieht das Album blank: God Shines in Absence lässt keinen Zweifel daran, wie es um den Glauben bestellt ist – und zwar dunkel, nihilistisch und mit dem Zorn eines Gottes, der nie da war. Sanctified Slaughter erzählt vom Klerus, der auf Abwegen blutig seine Bibel vergisst, und Lash Me to My Painful Death ist ein düsterer Liebesbrief an den Schmerz, der wie eine Mischung aus Poe und Pestilence klingt. Das alles ist inszeniert mit der Wucht einer Guillotine, die langsam, aber sicher fällt.
Und dann ist da Hardening of the Heart. Ein Song wie aus einer anderen Sphäre. Melancholisch, brutal, erhaben. Ein monumentaler Brocken aus Doom und Death, ein Abgesang auf Hoffnung und ein Paradebeispiel für die Tiefe, zu der GRACELESS mittlerweile fähig sind. Es ist – ohne Übertreibung – der beste Song, den diese Band je geschrieben hat. Ein Gänsehautmoment in einem Album voller Schläge auf die emotionale Schädeldecke.
Das ganze Werk schreit nach Live-Darbietung, nach verschwitzten Clubs und offenen Bühnen, wo diese Songs nicht nur gespielt, sondern zelebriert werden. Und wer die Band live gesehen hat – sei es auf hoher See oder in dunklen Hallen – weiß, dass sie keine halben Sachen machen. Der Dampfwalzenfaktor ist garantiert.
Mit Icon of Ruins haben GRACELESS ein Album geschaffen, das alles pulverisiert, was ihnen bisher im Weg stand – inklusive ihrer eigenen Diskografie. Das ist nicht einfach nur ein weiteres Stück niederländischer Death-Metal-Kunst, das ist das bisher beste, brutalste und erdigste Werk der Band. Wer nach Innovation sucht, ist hier falsch – wer aber ehrlichen, langsam mahlenden, bis ins Mark treffenden Todesblei liebt, der findet in diesem Album einen dunklen Schatz. Der Sound ist massig, die Texte bitter, die Produktion kompromisslos. Es ist, als würde man in einer Kathedrale aus Blut zur Hölle beten – und endlich Antwort bekommen.
Anspieltipps:
💀Hardening of the Heart
🔥God Shines in Absence
🎸Sanctified Slaughter
Bewertung: 9,3 von 10 Punkten
TRACKLIST
01. God shines in abscence
02. Sanctified Slaughter
03. Lash me down to my painful Death
04. Night of the Slain
05. Hardening of the Heart
06. Ungodliness
07. Rise of the blackest Sun
08. A King in the Filth
09. Beneath starless Skies
10. Resurrection of the Graveless