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DEPRAVITY – Bestial Possession (2025)

(9.946) Olaf (8,5/10) Tech Death Metal


Label: Transcending Obscurity Records
VÖ: 21.11.2025
Stil: Technical Death Metal






Australischer Death Metal hat für mich immer so einen eigenen Geschmack: eine Mischung aus sengender Hitze, völliger Aussichtslosigkeit und dieser typisch trocken-knurrigen Attitüde, die sagt: „Na, haste gedacht, du bist abgehärtet? Halt mal mein Bier.“ DEPRAVITY gehören genau in diese Kategorie – und sind bei Zephyr’s Odem inzwischen so etwas wie Stammgäste im Premiumsegment. Jedes Mal, wenn aus Perth ein neues Lebenszeichen eintrudelt, wissen wir: Da kommt keine Durchschnittsware, da kommt Abriss. Fünf Jahre Funkstille nach Grand Malevolence haben die Spannung eher erhöht als gebremst. Und ja: Auch mit Bestial Possession kann ich direkt vorwegnehmen, dass die Australier wieder in der Region unterwegs sind, in der sonst nur Höchstnoten verteilt werden.

Wer DEPRAVITY schon länger verfolgt, weiß: Das ist kein Hype-Projekt, das nach einem guten Album in der Versenkung verschwindet, sondern eine Band mit konsequent sauberer Diskografie. Von Evil Upheaval über Grand Malevolence bis jetzt wirkt alles wie ein logisch weitergedachtes Gesamtwerk. Bestial Possession knüpft genau dort an, aber ohne plumpen Selbstklon. Dass die Truppe um Drummer Louis Rando, Bassist Ainsley Watkins und die Gitarrenfraktion Lynton Cessford / Jarrod Curley im identischen Line-up zurückkehrt, hört man sofort: Das hier ist kein zusammengewürfeltes Studio-Projekt, sondern eine eingespielte Einheit, die im Schlaf Übergänge, Breaks und Tempiwechsel aus dem Handgelenk schüttelt.

Stilistisch bleibt das Ganze klar im Death-Metal-Kern verankert: tiefer gestimmte Gewalt mit ordentlichem Thrash-Einschlag, aber angereichert mit einer Menge moderner Brutal- und Tech-Elemente. Wer mit Morbid Angel, Suffocation, Deicide, Hate Eternal, Cannibal Corpse, Nile und ähnlichem Besteck glücklich wird, wird sich hier sehr schnell zu Hause fühlen – mit dem Unterschied, dass DEPRAVITY diesen ganzen Einfluss-Stammbaum in einen sehr eigenen, australisch-stinkenden Sud verwandeln. Alte Schule ohne Retro-Patina, moderne Brutalität ohne sterile Kälte.

Dabei hilft die Produktion enorm. Das Album klingt groß, druckvoll und trotzdem nicht klinisch aufgeräumt. Die Kickdrums nageln, ohne nach Plastik zu klingen, die Gitarren sind fett, aber transparent genug, um die vielen Schichten an Riffs, Leads und harmonisierten Läufen auseinanderhalten zu können. Der Bass klebt nicht nur an der Gitarre, sondern schiebt mit eigener Kontur – und über allem thront Jamie Kay, der mir auf Bestial Possession endgültig die Kinnlade aushakt. Sein Spektrum reicht von tiefen, grollenden Growls über bissige Midrange-Shouts bis hin zu diesen ekelhaft verzerrten Brüllern, die klingen, als würde jemand in einer brennenden Kathedrale predigen. Kurz: Trotz der immensen Technik macht das Album tierisch Spaß, ist brutal fett produziert und Frontmann Jamie reißt mir komplett die Wurst vom Brot.

Songwriterisch fährt die Band wieder ihr gewohntes Hochgeschwindigkeits-Programm aus Blastbeats, vertracktem Riffing und beinahe schon übermenschlicher Präzision. Das Schöne: Je weiter das Album voranschreitet, desto deutlicher merkt man, dass DEPRAVITY inzwischen gelernt haben, ihre Virtuosität nicht nur als Dauerfeuer, sondern als Werkzeug einzusetzen. Es gibt nach wie vor Passagen, in denen man das Gefühl hat, das Riff-Karussell dreht noch eine halbe Umdrehung schneller, als das Hirn folgen kann – aber immer wieder brechen sie aus diesem Tech-Strudel aus und setzen auf klarere, strukturiertere Songformen. Und genau da packt mich Bestial Possession am stärksten.

Ein Paradebeispiel dafür ist Legacy. Der Song lebt zwar immer noch von filigranen Gitarrenlinien und flinken Drum-Fills, aber der Aufbau ist deutlich fokussierter, fast schon hymnisch im Rahmen dessen, was man in diesem Genre so „hymnisch“ nennen kann. Das Riffing arbeitet mit klaren Hooks, die man sich nach ein paar Durchläufen tatsächlich merken kann, statt nur ehrfürchtig mit dem Kopf zu nicken, weil man die Noten-Dichte anerkennt. Wenn das Hauptthema wieder einsetzt, wirkt das nicht wie „noch ein Part“, sondern wie eine konsequent wiederkehrende Leitlinie. So mag ich DEPRAVITY am liebsten: wenn sie nicht jeden verfügbaren Takt mit Gegniedel und abrupten Wendungen zukleistern, sondern ihre technische Klasse in geradlinigere Strukturen gießen.

Ähnlich stark knallt Rot in the Pit – schon der Titel ist ein Volltreffer. Hier regiert ein dreckig-groovendes Hauptmotiv, das eher an den fieseren US-Death der alten Schule erinnert, bevor das Tempo wieder hochtourig angezogen wird. Der Reiz liegt genau in diesem Wechsel zwischen schiebendem Midtempo und explodierenden Blastabschnitten. Da ist Druck, da ist Biss, aber eben auch ein roter Faden, der den Song im Kopf verankert. Wenn der Refrain – oder das, was in diesem Genre als Refrain durchgeht – erneut aufschlägt, spürt man, dass hier mit Wiedererkennungswert gearbeitet wurde, nicht nur mit Mathematik.

Natürlich fährt Bestial Possession ansonsten all das auf, was man von australischen Abrissbirnen dieses Kalibers erwartet: Engulfed in Agony und Awful Mangulation sind Lehrstücke darin, wie man maximale Aggression mit sauberer Struktur kombiniert. Die Drums schalten zwischen Kettenblasts, Doublebass-Gewittern und punktgenauen Akzenten hin und her, während die Gitarren mal sägende, mal fast schon „klassische“ Melodielinien einflechten, ohne jemals ins Melodic-Death-Fahrwasser abzurutschen. Aligned With Satan ist genau so böse, wie es klingt: ein herrlich finsteres Manifest aus Anti-Gottesdienst, Pech und Schwefel, das in der zweiten Albumhälfte dafür sorgt, dass die Intensität nicht abfällt. Catastrophic Contagion macht seinem Namen alle Ehre und schließt das Album wie eine letzte, giftige Welle ab, die über den Hörer schwappt.

Textlich gibt es keine Überraschungen – und das meine ich positiv. Schon die Songtitel sind sprechend genug: Agonie, Verstümmelung, Verwesung, Seuchen, satanische Ausrichtung… DEPRAVITY schreiben keine philosophischen Kopfgeburten, sondern aggressive, blasphemische Bilder, die zur Musik passen wie rostiger Stacheldraht auf eine Betonmauer. Man spürt, dass die Lyrics zwar innerhalb der Genre-Grenzen bleiben, aber mit ausreichend Fantasie und Wortschärfe gearbeitet wird, um nicht wie die x-te Copy&Paste-Version der immer gleichen Splatter-Phrasen zu wirken. Stattdessen entsteht ein zusammenhängendes, düsteres Panorama aus körperlicher Folter, spirituellem Zerfall und apokalyptischer Zerstörung – ein „Bestial Possession“-Universum, das das Artwork von Paolo Girardi perfekt spiegelt: chaotisch, überladen, aber mit einer klaren, bedrohlichen Aura.

Ein Wort noch zur Gesamtwirkung: Bestial Possession ist kein Album, das man im Vorbeigehen mitnimmt. Die Dichte an Riffs, Breaks und Details erfordert ein paar Durchläufe, bis sich die Konturen voll abzeichnen. Aber genau das liebe ich an dieser Band: Sie liefern keine Wegwerfware, sondern Platten, die wachsen. Und doch – bei aller Komplexität – ist hier immer noch genug unmittelbare Gewalt vorhanden, um dich beim ersten Hören schon an die Wand zu nageln. Wenn das Schlagzeug losstürmt, die Gitarren wie Rasierklingen durch den Mix schneiden und Jamie über allem brüllt, merkt man, wie gut diese Truppe als Einheit funktioniert.

Im Kontext unseres kleinen Magazins ist klar: DEPRAVITY sind ein gern gesehener Gast bei Zephyr’s Odem, der immer wieder mit Höchstnoten bedacht wurde. Bestial Possession reiht sich genau dort ein und zeigt erneut, was für eine bärenstarke Band die Australier sind. Ich mag sie am liebsten, wenn sie – wie auf Legacy und Rot in the Pit – nicht jeden Takt mit Frickelei überladen, sondern ihre Brutalität in strukturierte Bahnen leiten. Dann sind sie nicht nur beeindruckend, sondern auch nachhaltig einprägsam. Und von diesen Momenten gibt es auf der Scheibe genug, um das Ding weit oben in meinem Jahresranking zu verankern. Geiles Album.

Anspieltips:
💀Legacy
🔥Rot in the Pit
🎸Awful Mangulation


Bewertung: 8,7 von 10 Punkten





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