Alben des Jahres 2023

DIE Alben DES MONATS (02/24)

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Gut dass Du das ansprichst, denn da ist irgendwas mal verdreht worden…ich bin gar keiner…

Wie schreibt man eine Einleitung über einen Musiker, über den schon fast alles geschrieben, gesagt und gepostet wurde? Schwer, aber nicht unmöglich, denn Devin Townsendist einfach mehr als ein ordinärer Songschreiber oder Gitarrist, vielmehr ist der glatzköpfige Schlacks ein Ausbund an schier unbändiger Kreativität, der fast halbjährlich Alben veröffentlicht, die sich niemals gleichen, sondern vielmehr immer wieder Neues und Vielschichtiges an den Tag fördert. Woher nimmt dieser irrwitzige Tonkünstler nur seine Inspiration? Sein neustes Werk „Epicloud“, von mir fast fahrlässig lediglich mit 9,5 Punkten bedacht, ist ein erneutes Zeugnis für gut gemachte, harte, partiell melancholische, teilweise witzige Musik, die sofort ins Ohr, Bein und sämtliche andere Gliedmaßen fährt. Daher freute ich mich irrsinning a) endlich Devin nach 1997 mal wieder live zu sehen und b) mit diesem grandiosen Komponisten ein nettes Gespräch zu führen.

Hey, ich mag Dein Telefon. Es ist erfrischend, mal kein IPhone zu sehen…

Danke. Geht mir genauso. Nimmt mir jetzt etwas die Nervosität…

Dabei brauchst Du gar nicht nervös zu sein. Ich beiße nicht.

Dennoch ist es mir eine Ehre und ein Vergnügen, mal mit Dir zu sprechen und ich bedanke mich dafür, dass Du Dir die Zeit genommen hast, mir ein paar Fragen zu beantworten, was bei Musikern Deines Standes nicht immer selbstverständlich ist. Wie läuft es mit Fear Factory auf Tour? Viele Gigs waren es ja noch nicht…

Stimmt, aber es steht ja noch eine ganze Menge an. Mittlerweile ist es allerdings etwas schwerer geworden, auf seine Gesundheit, seine Stimme und sein Allgemeinbefinden zu achten, was mir früher bei 6 oder 8wöchigen Rundreisen überhaupt nichts ausgemacht hat. Doch man wird ja nicht jünger und muss für diesen tollen und guten Job immer fit sein. Es läuft bislang jedenfalls in allen Belangen super, ich kann mich nicht beschweren.

Auf jeden Fall ist das Package mit Dir, Dunderbeist und Fear Factory ein richtiges Leckerli für die Fans…

Wir haben gestern das erste Mal mit Dunderbeist gespielt also kann ich noch nicht exakt sagen, wie es mit ihnen läuft, aber sie scheinen ganz ok zu sein (grins). Mit Fear Factory verhält es sich ganz anders. Wir sind beide schon so lange in dieser Industrie verankert, kennen, schätzen und mögen uns, da kann es nur gut laufen (lacht). Man kann sogar sagen, dass wir gut befreundet sind. Also war eine gemeinsame Tour eine logische Konsequenz.

Am 27.10. hast Du in London mit „The bizarre world of Devin Townsend presents The Retinal Circus” Dein wohl größtes und aufwendigstes Konzert überhaupt gegeben, welches bereits ein Jahr vor Beginn restlos ausverkauft war. Da muss doch ein Traum wahr geworden sein…

Es war ein unglaubliches Ereignis, eins von diesen Events, welches man im Vorfeld und auch kurz danach kaum begreifen kann. So langsam kommt aber bei mir die Erkenntnis, etwas Außergewöhnliches geleistet zu haben, etwas, auf das ich mein ganzes Leben voller Stolz zurückblicken kann und werde. Ich werde all diese Gefühle noch einmal durchleben, wenn ich die DVD bearbeiten und schneiden werde. Es war eine unglaublich intensive Erfahrung und für mich bis zum heutigen Tage noch völlig surreal. Es war nicht alles perfekt, aber ein weiterer Teil in meiner persönlichen Geschichte.

Du hast bei dem Konzert auch alte SYL Sachen gespielt. Gibt es da irgendeine Chance, die Songs irgendwann noch einmal live zu hören oder ist das Kapitel jetzt für immer geschlossen?

Das Kapitel ist definitiv abgeschlossen. Ich wurde dazu schon häufiger gefragt und auch aufgrund der Tatsache, dass ich Songs von Strapping young ladauf dem „Retinal“ Gig gespielt habe, ist die Hoffnung wieder genährt worden, doch das hatte andere Gründe. Diese Songs gehören einfach zu meiner Vergangenheit, doch in der Gegenwart habe ich einfach keine Lust mehr, diese zu spielen. Musik ist für mich eine Reflektion meiner selbst und resultiert aus meiner persönlichen Verfassung und so zornig wie früher bin ich einfach nicht mehr. Als ich die Songs auf dem Konzert spielte, fühlte ich nichts dabei, außer wie ich mich in all den Jahren verändert habe. Das war eine mehr als interessante Erfahrung.

1997 habe ich Dich letztmalig live gesehen, als Du im SO36 erst mit Strapping young lad und danach solo aufgetreten bist. Beim ersten Gig warst Du wie ein wildgewordener Bulle auf der Bühne, um danach als ein komplett anderer Mensch auf die Bühne zurückzukehren. Wie schwer war es damals, Deine beiden Gesichter zu zeigen?

Oh, ich erinnere mich sogar an den Gig (lacht). Es ist überhaupt nicht schwer, denn Musik und die daraus resultierenden Emotionen sind für mich ein völlig natürlicher Part in meinem Leben. Ich brauch mich da gar nicht zu verstellen, dass kommt einfach so aus mir heraus. Es gab damals eh gute Zeiten und schlechte Zeiten, die sich alle in meinem persönlichen Rahmen abspielten und da war dieser Wandel absolut kein Problem. Heutzutage wäre es weitaus schwieriger, das ich mein Leben komplett umgestellt habe und die eine Persönlichkeit etwas in den Hintergrund getreten ist (grinst).

War die Veröffentlichung von „Ki“ und „Addicted“ in 2009 ein Neustart, eine Therapie oder einfach nur zwei brillante Alben?

Ich danke Dir erst mal für das Kompliment. Ich glaube nicht, dass es ein kompletter Neustart war, vielmehr lernte ich einfach einen Weg, Songs zu schreiben. Ich hatte mit dem Trinken und den Drogen aufgehört und entdeckte für mich eine ganz neue Art des Komponierens, ohne irgendwelche anderen Substanzen. „Ki“ war da die Initialzündung für diesen Prozess, der bis heute anhält und nicht aufhört (grins).

Dann kamen die beiden „Ghost“ und „Reconstruction“ die sich ebenfalls elementar voneinander unterschieden. „Ghost“ war rasend, während sein Gegenüber eher ein „Chill out“ Album war.

Ich hatte ja diese bipolare Störung und irgendwie konnte ich mit diesen beiden Scheiben noch einmal diese zwei Gesichter von mir raus lassen, bevor sich auch dieses Element aus meinem Leben verabschiedete. Die ruhige und die chaotische Seite von mir. Das tat richtig gut. Wenn ich die Songs zusammen auf ein Album gepackt hätte, wäre das irgendwie nicht das gewesen, was ich damit hätte ausdrücken wollen. Es war einfach ein guter und persönlicher Abschluss.

Und „Epicloud“ ist jetzt eine Essenz aus all dem?

Eine Essenz würde ich nicht sagen, eher haben die vorangegangenen Alben die Entstehung tatkräftig unterstützt. Es ist eher eine Kombination aus all dem, was ich vorher gemacht habe, aber auf einer anderen Ebene. Geplant war das nicht. Es sind ganz andere Statements, viel mehr aus dem Bauch heraus, weniger gefühlsbetont.

Bitte kommentier doch mal meine Favoriten auf „Epicloud“, angefangen mit „True north“.

„True north“ ist die Einleitung des Albums und im Gegensatz zu den anderen Stücken recht progressiv. Ich wollte damit gleich zu Beginn ein Statement abgeben, wie simpel es sein kann, Songs zu schreiben. Ich mache mir beim schreiben absolut keine Gedanken, ich lasse es einfach zu und schaue, was dabei herauskommt.

Dann kommt „Grace

(überlegt lange) Ich wollte einen richtig fiesen und heavy Song machen, der allerdings in keinster Weise negativ, sondern positiv rüberkommt und gute Energien freisetzt. Mich hat diese Idee total fasziniert und so entstand dieser „brutale Glücklichsein“-Song (lacht). Es sollte auf keinen Fall ein religiöses Statement darstellen, was man vermuten könnte. Ich kann Dir nicht allzuviel darüber sagen, da ich mir, wie bereits gesagt, absolut keinen Kopf darum mache und einfach drauf los komponiere.

Was ja nicht schlimm ist, denn wenn solch überragenden Songs wie „Save our now“ dabei rauskommen kann es egal sein, wie sie zustande kommen.

Da gebe ich Dir Recht (lacht). Die Band Pendulum sind sehr gute Freunde von mir und als sie mal in Vancouver waren erzählte ich ihnen, wie geil ich ihren Song „The island“ finde, der mit einer ganz eigenen Formel geschrieben wurde. Ich wollte diese Formel auch für mich nutzen und einen Song darum komponieren…und das war’s. Es war ein Experiment, wie das ganze Album. Früher bei „Ziltoid“ oder anderen Scheiben war ich schon auf den kommerziellen Aspekt bedacht, der hier allerdings komplett in den Hintergrund rückte. Hier ging es mir bei all der negativen Musik die es momentan so gibt, um ein Statement gegen all dies. Diese Songs oder auch „Angel“ sind positive Songs, die auf einem harten musikalischen Schema basieren…und es hat funktioniert.

Weil du Ziltoid angesprochen hast. Ich habe gelesen, dass Du tatsächlich an einer Fortsetzung arbeitest?

Ja, das wird eine der nächsten Aufgaben, die mit sehr viel Arbeit verbunden sein wird (lacht). Aber es wird ein irres Erlebnis werden, auch logistisch, denn ich muss die Musiker, Gäste und Darsteller finden, die mit mir zusammen auf diese Reise gehen wollen. Aber es wird eine tolle Sache, die so ungefähr ein eineinhalb Jahren dann soweit sein wird…

Ups, so lange? Ich kann mir ein Jahr ohne Devin Townsend Platte schon gar nicht mehr vorstellen?

Hahaha, da ist was dran, aber dafür will ich mir diesmal wirklich etwas mehr Zeit nehmen.

Ich würde gerne noch mit Dir über Dein „Leiden“ als Synästhetiker sprechen…

Gut dass Du das ansprichst, denn da ist irgendwas mal verdreht worden…ich bin gar keiner…

Ach? Und ich bereite mich mit Fachliteratur auf diesen für mich so wichtigen Part des Gespräches vor…

Das ehrt Dich (grinst). Ich kann keine Farben hören oder anderen Menschen zuordnen. Ich mag Farben und habe mit „Synchestra“ auch ein Album darüber gemacht, aber das war’s dann auch schon. Ich bin definitiv kein Synästhetiker. Es ist schon komisch, dass das damals so stand und nie richtig gestellt wurde. Vielleicht kann man mich auch als etwas anderes bezeichnen wenn ich Jemanden nicht mag, der Banen isst. Vielleicht bin ich dann der „Non banana liked“-Guy…hahaha. Mir ist es sowieso vollkommen egal, wie oder als was man mich bezeichnet. Ich steh und lebe mit meiner Musik, das definiert mich und darauf bin ich stolz und das macht mich glücklich.

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