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KANONENFIEBER– Menschenmühle (2021)

(7.066) Maik (9,3/10) Black Metal


Label: Noisebringer Records
VÖ: 20.02.2021
Stil: Black Metal

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Wer mich kennt, weiß, dass deutsche Texte im Metal, mit einigen Ausnahmen, nicht unbedingt mein Fall sind. Wenn es sich dann auch noch um ein Black- Metal- Einmannprojekt handelt, und das lyrische Thema der Krieg ist, heulen gleich zwei weitere Alarmsirenen in mir auf. Deshalb war ich zunächst skeptisch, als mir Cheffe das Debutalbum von KANONENFIEBER unterschob. Glücklicherweise zerfielen schon beim ersten Hördurchlauf meine Vorurteile wie Strohhütten im Artilleriefeuer.

Denn hier wird erstens genialer traditioneller Black Metal geboten, der zudem noch über immense Abwechslung verfügt. Zweitens sind die Texte wirklich gut geraten, und die deutsche Sprache passt zum Thema auch wie die Faust aufs Auge. Hauptsächlich aber genießt meine Begeisterung die Tatsache, daß das Thema Krieg hier nicht beschönigend, romantisierend oder heroisch dargestellt wird. Auf „Menschenmühle“ wird ausschließlich der Wahnsinn, die Sinnlosigkeit, die erschütternde Brutalität des Krieges - es handelt sich hier um den ersten Weltkrieg - dargestellt.

Das Album beginnt mit dezenten Gitarrenklängen, zu denen die Stimme des Kaisers ertönt, der mit verbalem Säbelrasseln kaltschnäuzig eine Generation in den Krieg, und viele davon in den Tod schickt. Das, meine lieben Reichsbürger, ist übrigens der Typ, dem Ihr so nachtrauert. Denkt mal darüber nach! Dann setzt aus dem Hintergrund hervortretendes typisches Black Metal Riffing ein, und mit derartigen Klängen kann man meinen Nerv immer treffen. Der Gesang klingt hassbratzig, aber recht gut verständlich, und stellt eine Mischung aus Schwarzmetallkreischen und Death-Growlerei dar.

Einige verorten die Band auch ein wenig im Death Metal, wobei da sicher BOLT THROWER im Kopf herumschwirrten, doch meiner Meinung nach ist das nur bedingt korrekt. Der einzige Song, der einen leichten Touch in Richtung Death Metal aufweist, ist „Dicke Bertha“.

Doch das Wuchtige ist dem Thema auch angemessen, denn es handelt sich dabei mitnichten um eine beleibte Dame, sondern um ein Monstergeschütz, welches damals von Krupp hergestellt wurde, und 800kg- Granaten mit einem Kaliber von 42 Zentimetern fast 10 Kilometer in die Landschaft gepflügt hat.

Doch im Ganzen handelt es sich um gut durchdachten, an traditionellen Sounds angelegten Black Metal, der durch ruhige und melodiöse Einsprengsel Abwechslung und Spannung erzeugt. Dazwischen immer wieder Samples von Reden des Kaisers und seiner Vasallen, die üblichen Durchhalteparolen und das pathetische, seelenlose Säbelrasselgeschwafel, welches immer einen harschen Kontrast zu den in den Liedern geschilderten Kriegsschrecken darstellt.

Man muss den Texten ebenfalls zugestehen, dass sie recht bildgewaltig das Dasein auf den Schlachtfeldern schildert. Die von Gräben durchfurchte und von Granaten zerwühlte Landschaft, die Toten und schwer Verwundeten, Hunger, Krankheiten und Verzweiflung. Man sieht förmlich die Kriegsgemälde des Otto Dix vor Augen.

„Wir werden uns wehren, bis zum letzten Haupt von Mann und Ross!“, wie Seine Majestät so blumig formuliert. Und natürlich alles für’s Vaterland, für „unseren“ Kaiser und König, für Ruhm und Ehre und ein großes blühendes Deutschland. Und letztlich doch nur für die Kriegsgewinnler, wie eben Krupp, der seine Geschäfte nicht nur mit der Reichswehr, sondern auch mit dem „verhassten“ Feind gemacht hat. Jeder Stoß ein Franzos‘, jeder Schuss ein Russ‘, jeder Tritt ein Brit‘. Jede Leiche ein Profit.

Okay, genug von meinem Geschichtsgeschwafel. Zusammengefasst ist „Menschenmühle“ ein sehr gelungenes Debüt, und es ist schon lange her, dass mich ein Black Metal- Album aus deutschen Landen derart abgeholt und überzeugt hat.  Traditionelles Schwarzmetall, mit interessanten Einschüben und einem Konzept, welches an Kälte und Verzweiflung jedes andere von Teufeln, Dämonen und bestialischen Ritualen handelnde Machwerk in den Schatten stellt. Musikalisch könnte man KANONENFIEBER vielleicht mit HELRUNAR vergleichen, da hier ein ähnliches Gemisch aus verhaltenen Sequenzen und wütender Raserei zelebriert wird. Sehr zu empfehlen.

Anspieltipp: „Die Feuertaufe“ und „Grabenlieder“


Bewertung: 9,3 von 10 Punkten


TRACKLIST

01. Die Feuertaufe
02. Dicke Bertha
03. Die Schlacht Um Tannenberg
04. Der Letzte Flug
05. Grabenlieder
06. Grabenkampf
07. Ins Niemandsland
08. Unterstandsangst
09. Verscharrt Und Ungerühmt




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