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Im Hause der Krefelder Metal-Institution war in den letzten Monaten einmal mehr strebsame Arbeitswut angesagt, schließlich galt es für die Herren Kürsch, Siepen, Ehmke und Olbrich trotz einem selbstauferlegten, intensiven Arbeitspensum erneut nicht viel länger als die inzwischen Usus gewordenen viereinhalb Jahre verstreichen zu lassen, ehe man den Fans mit einem neuen Album die Ehre erweisen kann.

Doch schon die ersten Hörproben lassen auf Anhieb erkennen, dass sich jeglicher Arbeitsaufwand, den man für “Beyond The Red Mirror“ auf sich genommen hat, absolut bezahlt gemacht hat und man keinen Fan enttäuschen wird. Mehr noch, in Anbetracht der Klasse mit der man die Fülle an Ideen die in den zehn Kompositionen mit einer Gesamtspielzeit von etwas mehr als einer Stunde untergebracht werden konnten, muss man der Band schlicht und ergreifend attestieren den Begriff „episch“ im musikalischen Sinne regelrecht neu definiert zu haben.

Kurzum: man kann sicher sein, dass Blind Guardian einmal mehr einen Oberhammer kredenzen und “Beyond The Red Mirror“ mit Sicherheit demnächst mit zu den allerbesten Werken der Band gezählt werden wird!

Gitarrist Andre Olbrich nahm sich die Zeit um unser Frage- und Antwortspielchen mit Geduld über sich ergehen zu lassen, fühlte sich zunächst aber selbstredend in seiner Arbeit bestätigt, als ich ihn zu Beginn mit meinen euphorischen Kommentaren zur neuen Scheibe konfrontierte:

Vielen Dank zunächst. Man darf es als Musiker nämlich keineswegs als selbstverständlich betrachten, dass ein solches Projekt ausschließlich positive Resonanz mit sich bringt. Doch bisher scheinen wir zumindest bei allen Kritikern und Presse-Fachleuten tatsächlich die Geschmacksnerven getroffen zu haben. So etwas ist, auch wenn uns bislang noch nicht wirklich viele Meinungen vorliegen, da wir ja noch gut ein Monat Zeit bis zur Veröffentlichung haben, auf jeden Fall überaus erfreulich!

Für mich ist eine solche Euphorie absolut nachvollziehbar und offenbar bin ich auch nicht der Einzige, der aus “Beyond The Red Mirror“ die Essenz eures bisherigen Schaffens heraushört, die obendrein in Tracks untergebracht werden konnte, die mit zum allerfeinsten zählen, dass man je von Euch zu hören bekommen hat.

Nochmals Danke, aber das sehen wir ganz ähnlich. Wobei ich hinzufügen möchte, dass wir uns zwar ganz bewusst an unserer Frühzeit orientiert haben, allerdings vorwiegend deshalb, weil auch das lyrische Konzept diesen Faden wieder aufnimmt. Da Hansi die Geschichte von “Imaginations From The Other Side“ quasi erneut aufgerollt hat und gewissermaßen verlängert, hat es sich im Laufe der Zeit herauskristallisiert, dass es einfach nötig ist auch musikalischen diesen Weg erneut zu beschreiten, wenn auch in anderer Gangart.

Die Geschichte ist einmal mehr eine Art Mischung aus Science Fiction und Fantasy geworden, wobei man den Rahmen grob damit beschreiben kann, dass sich die auf “Imaginations From The Other Side“ beschriebenen Welten in der Zwischenzeit verdunkelt haben und es im Gegensatz zu früher auch nur noch ein einziges „Tor“ als Ausweg gibt. Dieses wird der „rote Spiegel“ genannt und muss erst einmal gefunden und erkundet werden. Die Story handelt darüber hinaus auch von der nie endenden, verzweifelten Suche nach Wahrheit sowie dem nicht minder ergiebigen Hintergrund der Beziehung zwischen Gut und Böse. Hansi versteht es einfach famos aus seinen Ideen immer wieder Geschichten zu erfinden, die zwar alle samt fiktiv sind, dem Konsumenten aber bei intensiver Beschäftigung immer eine gewisse Identifikationsoption bieten. Auch diesbezüglich dürfte sich so mancher Hörer an unsere früheren Songs zurückversetzt fühlen. Das Konzept der Geschichte verlangte also regelrecht auch nach entsprechender Intonation.

Dass die Musik bisweilen auch an besagtes Frühwerk erinnert, kommt also nicht von ungefähr? Und etwaige „Wünsche“ diverser kritischer Fans, die sich schlicht die „gute, alte Zeit“ wieder herbeisehnen, blieben auch unberücksichtigt?

Weder, noch. Da sich im Laufe der Zeit allerdings herausgestellt hat, dass wir zumindest hinsichtlich der Story mehrmals an unsere „Jugendzeit“ anknüpfen würden, haben wir auch die Musik in eine passende Richtung gelenkt. Der Plan ein Album zu erschaffen, mit dem wir uns ausschließlich an vergangenen Tagen orientieren wollten, existierte jedoch auch nicht, denn derlei kalkulierte Scheiben würden uns als Künstler nicht befriedigen und liegen und auch absolut fremd.

Nachvollziehbar. Wie lange habt ihr denn im Endeffekt an dem Teil geschraubt? Man weiß ja von Blind Guardian, dass ein gewisser Ansatz an Perfektionismus immer zugegen ist bevor man als Fan neues Material zu hören bekommt.

Da sich bei uns inzwischen eine Art „Rhythmus“ von viereinhalb Jahren eingependelt hat, lässt sich bei uns mittlerweile alles relativ stressfrei planen. Zugegeben, an sich hätten wir mit “Beyond The Red Mirror“ durchaus auch schon einige Wochen früher an den Start gehen können, doch im Endeffekt haben wir uns gemeinsam mit unserem Label darauf geeinigt, dass es nicht viel Sinn macht das Album während der von „Best Of“-Compilations und anderen einschlägigen Produkten übersäten Weihnachtszeit zu veröffentlichen.

Generell lässt sich festhalten, dass wir in das erwähnte Zeitfenster immer die Hälfte für Tournee-Aktivitäten einrechnen und in dieser Zeit kompositorisch nicht viel und produktionstechnisch gar nichts geht. Der Startschuss, der in diesem Fall eher als Ideenfindungs-Phase zu betrachten ist, erfolgte vor knapp zwei Jahren, wobei es nach der Tournee zu “At The Edge Of Time“ zunächst einmal galt, die anlässlich des 25.
Band-Jubiläums aufgelegte Triple-Disk-Compilation “Memories of a Time to Come“ zu editieren , und danach das 2013er Box-Set “A Traveler's Guide To Space and Time“ abzusegnen. Erst danach konnte es ohne etwaige „Nebenbeschäftigungen” richtig zur Sache gehen. Da wir uns aber auch für das Komponieren inzwischen einen praktikablen Arbeitsplan zugelegt haben, konnte es im Endeffekt fokussiert losgehen. Unsere Arbeitsweise, zunächst immer drei Tracks fertig auszuarbeiten und diese auch gleich aufzunehmen, haben wir beibehalten, denn dadurch lässt sich zwischenzeitlich immer wieder mal der Kopf frei bekommen.

Als großer Vorteil für uns entpuppt sich dabei auch die Tatsache, dass wir nahezu ohne zeitliches und sonstiges Limit in den „Twilight Hall Studios“ in Grefrath zusammen mit unserem Produzent Charlie Bauerfeind arbeiten haben können.

Ein zwischenzeitliches Abschalten und Regenerieren dürfte bei Euch besonders wichtig sein um sich nicht in diversen Details zu verlieren. Besonders auf Grund der üppigen Fülle an orchestralen Passagen und Chören kann ich mir nur zu gut vorstellen, dass man ab und an eine Pause einlegen musste…

Da hast Du generell zwar Recht, allerdings muss ich sehr wohl hinzufügen, dass exakt dieser Teil ein essentieller des gesamten Werkes ist und auch von Anfang an bewusst eingeplant wurde. Zudem muss man wissen, dass beispielsweise die Arbeiten mit dem Prager Orchester wesentlich einfacher absolviert werden konnten, als es man sich vorstellt. Das Orchester verfügt im Keller nämlich über ein höchst professionell betriebenes und äußerst fein sortiertes Aufnahmestudio, das die Arbeiten ungemein erleichterte. Da wir ohnehin ausschließlich mit Vollprofis zu tun hatten, egal ob wir jetzt über die drei verschiedenen Chöre sprechen, mit denen wir kooperiert haben, oder die Orchester aus Prag, Budapest und Boston, das Ergebnis gibt uns in allen Belangen Recht! Aller Einsatz und alle Mühen haben sich definitiv gelohnt, schließlich klingt “Beyond The Red Mirror“ genauso wie wir es uns vorgestellt haben.

Ohne Zweifel. Nun steht für Euch allerdings bereits die nächste Übung an. Wird es denn möglich sein die Songs des neuen Albums auch in angemessener Form live umzusetzen und darzubieten?

Genau das ist in der Tat die wohl noch viel kompliziertere Geschichte, die sich uns für die kommenden Monate stellt. Für die Europa-Tournee im nächsten Jahr wird es jedenfalls definitiv kein Live-Orchester als Unterstützung geben. Zum einen, weil wir in den dafür gebuchten Hallen und Clubs, die auf derlei Beschallung einfach nicht ausgelegt sind, ein akustisches Problem hätten, selbst wenn wir neben uns auf den Brettern durchaus Platz für ein Orchester hätten. Deshalb haben wir uns schweren Herzens dazu entschieden, besagte Gastspielreise zwar mit einem Keyboarder im Hintergrund zu absolvieren, auf klassische Musiker auf der Bühne aber zu verzichten.

Darüber hinaus haben wir uns allerdings intern bereits soweit darauf geeinigt, dass es absolut Sinn machen würde zusammen mit einem Orchester in Opernhäuser aufzutreten. Daher haben wir auch schon einmal unsere Fühlerchen in jene Richtung ausgestreckt. Mehr gibt es dazu zwar noch nicht zu berichten, als Idee spukt uns die Sache jedoch ganz gehörig in den Köpfen herum.

Und wie man Euch kennt, dürfte es wohl nur noch eine Frage der Zeit, ehe sich diese Intention auch umsetzen lässt. Das war ja damals bei eurem Open-Air auch nicht unähnlich.

Ertappt [lacht]. Wobei wir auch für die Umsetzung der Orchester-Geschichte bereits angedacht haben, ein Open-Air zu organisieren. Zwar dürfte bis dahin noch gehörig Zeit vergehen, da wir ja auch unser eigentliches „Orchester-Album“ längst noch nicht so weit haben, dass es zur Veröffentlichung ansteht, dennoch könnte es gut sein, dass wir nach der Veröffentlichung jenes Teils, dass wohl nicht vor 2016 fertig gestellt sein wird, dieses in Form von Freiluft-Konzerten präsentieren.

Das klingt nach perfektem Zeit-Management. Dieses ist wohl auch nötig, wenn man sich an derlei umfangreiche Projekte heranwagt. Eventuelle „Goodies“ für die Fans in Form weiterer Compilations oder Raritäten anlässlich eures demnächst anstehenden dreißigjährigen Bestehens sind daher nicht geplant, oder?

Nein, denn mehr an Fülle als wir zu unserem 25. Bestehen geboten haben, könnten wir ohnehin nicht mehr auffahren. Zum anderen hat das Orchester-Projekt als Nächstes oberste Priorität und lässt diesbezüglich auch nicht wirklich viel Handlungsfreiraum. Zwar soll man nichts ausschließen, geplant ist von unserer Seite allerdings bis dato aber bislang nichts.

Apropos „sonst nix“: Mir ist schon seit längerer Zeit aufgefallen, dass Du der einzige im Bunde der Band bist, der sich offenbar einzig und alleine auf Blind Guardian konzentriert. Marcus und Frederik unterstützen ja bekanntermaßen Herbie Langhans und Sinbreed und auch Hansi war mit Jon Schaffer unter dem Demons & Wizards-Banner schon mehrfach auf Abwegen.

Das stimmt und wirkt etwas eigenartig, oder [lacht]? Der Grund ist ganz einfach der, dass ich mich einzig und allein auf Blind Guardian konzentriere und mir persönlich die Zeit fehlen würde auch noch in irgendeiner anderen Form tätig zu sein. Da jedoch keiner meiner Kollegen auch nur ansatzweise Blind Guardian vernachlässigen würde besteht aber kein Grund zur Bange. Mein persönliches Vorhaben für die nächste Zeit ist definitiv das Orchester-Projekt und ich werde mich mit aller zur Verfügung stehenden Energie darum kümmern!

Das glaubt man Andre aufs Wort. Doch zunächst wird sich der gute Mann gemeinsam mit seinen Kollegen in die Karibik begeben. Zwar nicht für einen Urlaub, doch in gewisser Form sehr wohl zum „Energie-Tanken“ und sei es bloß diejenige, die der Band vom Auditorium zurückgegeben wird, das BLIND GUARDIAN Ende Januar auf der „70.000 Tons of Metal“-Kreuzfahrt mit ihren Tracks in Euphorie versetzen wird.

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