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AMBUSH – Evil in all Dimensions (2025)

(9.771) Olaf (9,0/10) Heavy Metal


Label: Napalm Records
VÖ: 05.09.2025
Stil: Heavy Metal






Ich habe AMBUSH zum ersten Mal auf einem dieser verschwitzt-glücklichen Clubabende erlebt, an denen der Boden klebt, aber die Grinsen nicht mehr aus den Gesichtern gehen. Seitdem weiß ich: Können AMBUSH eigentlich schlecht? Wer die Band jemals live gesehen hat, weiß, wie agil diese schwedische Truppe aus Småland über die Bühne pflügt und wie sehr sich dieser Bewegungsdrang in Riffs, Refrains und Nackenwirbel übersetzt. Zwölf Jahre nach Gründung, Festivals von Muskelrock bis quer durch Europa im Rücken und nun bei Napalm Records im Sattel, legen sie mit Evil in All Dimensions ein Album vor, das den klassischen Stahl nicht nur poliert, sondern mit Presslufthammer in die Gegenwart rammt.

Historisch hängen AMBUSH an der großen Kette aus Judas Priest, Accept und Iron Maiden, aber die Schrauben sind fest angezogen und der Motor läuft modern. Das neue Werk ist brillant und hammerhart produziert: Gitarren wie Doppel-Schneidbrenner, Drums mit straffer Fellspannung, Bass nicht nur Fundament, sondern treibender Puls, und Oskar Jakobssons Stimme als sirenenhafter Leuchtturm über dem Ganzen. Diese unbändige Livepower wurde hier gewinnbringend eingefangen; man hört förmlich, wie die Ansage „Jeans, Leather, Killers!“ aus Heavy Metal Brethren die Fäuste steigen lässt.

Der Opener Evil in All Dimensions kommt als pfeilschneller Wirbel aus Beckenfeuer und Twin-Guitars—handwerklich superb, aber speedige Starter sind schlicht nicht mein bevorzugter Einstieg. Inhaltlich packt mich der Text dafür umso mehr: „Cursed by the night / You’re evil in all dimensions“ – klassische Gothic-Horror-Bilder, doch mit diesem angenehm düsteren AMBUSH-Pathos, das nicht in Kitsch kippt. Ich mag die Truppe am meisten, wenn sie groovt und stampft, wenn die Hüfte statt des Metronoms das Kommando übernimmt. Genau da wird Maskirovka zur Delikatesse: Dieser Begriff stammt aus der russischen/osteuropäischen Militärdoktrin und meint Täuschung, Tarnung und Desinformation – von falschen Bewegungen über Propaganda bis zum Trojanischen Trick. Der Song bohrt das Thema textlich clever auf („Mother Surveillance and father Orwell watching your every move“) und kippt musikalisch in diesen hypnotischen Midtempo-Flow, bei dem die Gitarren leuchten und der Refrain wie eine Warnsirene durchs Hirn zieht: „We’re a shadow in the light / A master of disguise“. Das sitzt.

Ähnlich stark arbeitet The Night I Took Your Life mit Erzählkino: Rachefantasie, Nebel, kalter Stahl – „You fell into the grave that you prepared for me“ – das ist so klassisch, dass man den sämigen Krimi-Soundtrack im Kopf hat, während die Band den Groove mit klebriger Präzision nach vorn wuchtet. Und dann Iron Sign: Zwischen Fanfarenharmonien und „Blue and yellow flame“ schimmert eine klare politische Wetterlage durch. Wenn die Zeile „Oh Слава Україні!“ aufflackert, merkt man, wie AMBUSH den großen Pathos nicht scheuen: Hymnisch, ohne den Biss zu verlieren, und musikalisch als breite Brust gegen die Finsternis gebaut.

Überraschung des Albums? Die Ballade I Fear the Blood. Sie ist kraftvoll gesungen und sinnvoll platziert – Feuerzeugmoment garantiert –, aber mir ist das Ganze einen Hauch zu nah an Keeper-II-Pathos: schöne Melodie, ja, doch ein kleines bisschen zu zuckrig für meinen Geschmack. Dafür legt Come Angel of Night als Speeder eine Fährte direkt in mein Herz aus gehärtetem Federstahl: „On wings of steel“ – peitschende Drums, kreischende Gitarren, Vocals mit Biss; schnelle Nummer, die dennoch nicht in die Hektik kippt. Wenn die zweite Strophe die Emotionen „co-storming your head“ auftürmt und dann trocken „God is dead!“ in den Raum stellt, hat das diese herrlich theatralische Härte, die AMBUSH so gut können.

Eine der charmantesten Referenzen liefert The Reaper: eine lupenreine NWOBHM-Verbeugung, deren Groove mächtig rollt. Der Text – „I see no meaning of it all / The reaper will call“ – atmet die melancholische Dramatik alter Tage, während die Gitarren fein sägeblattig und melodisch zugleich bleiben. Noch besser: Kurz vor Schluss schieben AMBUSH mit Bending the Steel DAS Highlight ins Ziel. Der Track „metert komplett“, wie wir in der Redaktion so gern sagen: ein Stahlbieger mit Screaming for Vengeance-DNA im Riff-Gen, Refrain zum Mitbrüllen und Strophen, die wie Kolbenhämmer zünden: „And with an iron will – you’re bending the steel“. Genau hier spürt man, wie die Band das, was sie live zum Abrisskommando macht, ins Studio gezurrt hat: Disziplin, Kraft, und die Art von Hook, die selbst den größten Zyniker zum Nicken bringt.

Thematisch wechselt die Platte zwischen Mythos, Nachtgestalten und sehr realen Schatten unserer Zeit. Maskirovka zeichnet die Vermessung des Menschen im Überwachungsstaat („Mother Surveillance and father Orwell“), Iron Sign funkelt mit Widerstands-Imagery („Burn inside of me / Blue and yellow flame“), Heavy Metal Brethren ruft die Bruderschaft aus: „Now won’t you break free? / The sword is in your hands“. Das ist nicht subtil – soll es auch gar nicht sein. Heavy Metal war immer die Kunst des klaren Strichs, und AMBUSH ziehen ihn mit Lineal und Flammenwerfer.

Klanglich zeigt die Band, wie man „zurück zu den Wurzeln“ geht, ohne den Staub mitzuschleppen. Die Gitarren haben diesen hart gepressten, luftigen High-Gain, der Soli glänzen lässt, ohne die Mittellage zu entleeren. Die Drums sind straff, aber nicht klinisch; der Bass steht oft vorne genug, um die Hooks zu erden – besonders spürbar in The Night I Took Your Life. Oskar Jakobssons Gesang meidet den bloßen Imponier-Ton – er phrasiert, er beißt, er trägt. Wenn der Pressetext verspricht, hier werde der Kern des klassischen Heavy Metal eingefangen und mit zeitgemäßem Schub aufgeladen, dann darf man ausnahmsweise nicken: Das ist nicht bloß Marketing, das hört man.

Natürlich hat auch Evil in All Dimensions seine Ecken für Geschmacksfragen. Der speedige Einstieg kickt viele—mich holt das Groovige direkter ab. Und die große Ballade wird etliche Herzen schmelzen, während ich mir lieber die Hütte zu Maskirovka oder The Night I Took Your Life warmstampfe. Aber das ist Jammern auf hohem Niveau, denn unterm Strich steht ein Album, das die DNA von AMBUSH mustergültig konserviert und zugleich schärfer, fokussierter, erwachsener klingen lässt. Die Band weiß genau, was sie kann – und dass sie’s kann, hört man in jeder Sekunde.

Am Ende zählt: AMBUSH liefern keine Nostalgie-Disneyland-Show, sondern Herz-und-Handwerk-Metal mit Verve. Evil in All Dimensions ist ein schweres Geschoss mit funkelnden Kanten, einer Produktion, die den Punch im Bauch und das Lächeln im Gesicht hinterlässt, und Songs, die live die Zelte zum Wabern bringen. Oder, um es im Geiste des Albums zu sagen: „We’re a shadow in the light“ – und genau da brennt diese Platte am hellsten.

Wenn diese Schweden eins verinnerlicht haben, dann die Tugend des zielgenauen Schlages. Evil in All Dimensions ist kein Museum, sondern eine Schmiede: heiß, laut, präzise. Der Opener rennt mir zu früh zu schnell, die Ballade streut mir etwas zu viel Zucker – aber wenn AMBUSH grooven, marschieren sie auf Augenhöhe mit ihren Ahnen. Und mit Bending the Steel beugen sie nicht nur Metall, sondern auch jeden Restzweifel.

Anspieltips
🗡️Maskirovka
🎸The Night I Took Your Life
🔥Bending the Steel

 


Bewertung: 9,0 von 10 Punkten


TRACKLIST

01. Evil in all Dimensions
02. Maskirovka
03. Iron Sign
04. The Night I took your Life
05. I fear the Blood
06. Come Angel of Night
07. The Reaper
08. Bending the Steel
09. Heavy Metal Brethren 



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