PRIMAL FEAR - Domination (2025)
(9.758) Olaf (9,2/10) Heavy Metal

Label: RPM
VÖ: 05.09.2025
Stil: Heavy Metal
Wer glaubt, dass deutsche Metalbands irgendwann an Altersmüdigkeit leiden, hat Primal Fear nicht auf dem Schirm. Seit 1997 liefern sie in schöner Regelmäßigkeit Alben ab, die so verlässlich sind wie ein verspäteter oder gar nicht kommender ICE. Ihr neues Werk Domination zeigt einmal mehr: Hier wird nicht diskutiert, hier wird dominiert. Und das mit einer Frische, die so mancher Nachwuchstruppe schmerzlich fehlt.
Schon der Opener The Hunter macht klar, wohin die Reise geht: keine Aufwärmphase, kein unnötiges Intro – hier wird sofort scharf geschossen. Knüppelhart produziert, mit großartigen Riffs und einem Schlagzeug, das wie eine Dampfwalze rollt, stellt das Album gleich zu Beginn die Weichen auf Sturm. Produziert wurde die Scheibe von Mat Sinner höchstpersönlich, gemeinsam mit Ralf Scheepers und Magnus Karlsson, und man hört, dass hier keine Kompromisse eingegangen wurden.
In meinem kürzlich veröffentlichen Gespräch mit Mat Sinner wurde schnell deutlich, dass dieses Album mehr als nur der nächste Eintrag im Backkatalog ist: „Wir wollten ein Album machen, das auf den Punkt kommt, das knallt, das keine Umwege geht.“ Genau das hört man. Jeder Song wirkt fokussiert, nichts klingt nach Füllmaterial. Mat betonte zudem: „Wenn ein Riff nicht sofort funktioniert hat, flog es raus. Wir haben uns keine halbgaren Nummern erlaubt.“ Dieses Credo spiegelt sich in der gesamten Platte wider – eine Schlagseite nach vorne, ohne Ballast.

Und dann diese Hymnen: Destroyer, Far Away und natürlich I Am The Primal Fear. Songs, die nicht nur auf Domination hervorstechen, sondern das Zeug haben, sich in die lange Reihe an Klassikern der Band einzureihen. Besonders I Am The Primal Fear ist mehr als nur ein Songtitel – es ist ein Manifest. Wenn Scheepers mit seiner unvergleichlichen Stimme „I am the primal fear, I’m gonna hunt you tonight, run for your life“ herausbrüllt, dann ist das keine Pose, sondern pures Selbstverständnis. Kaum ein Track der letzten Jahre fasst so perfekt zusammen, wofür diese Band steht.
Die Reihenfolge der Songs ist dabei ein kleines Meisterstück: Immer zur richtigen Zeit das richtige Stück, jedes killt auf seine Weise, und so bleibt die Spannung über die gesamte Laufzeit erhalten. Einziger kleiner Ausreißer ist Hallucinations, eine akustische Halbballade, die zwar hübsch klingt, im Kontext der Platte aber wie ein kurzes Innehalten wirkt. Selbst Mat gab zu: „Manchmal wollen wir den Fans zeigen, dass wir auch leiser können – aber am Ende sind die schnellen Nummern eben unser Herzblut.“
Besonders erfreulich ist, wie die jüngste Umbesetzung der Band Früchte trägt. Mit Thalìa Bellazecca hat sich eine junge Gitarristin ins Line-up gespielt, die nicht nur technisch überzeugt, sondern auch frische Energie mitbringt. „Thalìa hat die Band belebt. Sie hat frische Ideen eingebracht und genau das, was wir gebraucht haben“, sagte Mat. Und ja, man hört es: Die Riffs sind bissig, die Soli sitzen, und die gesamte Dynamik des Albums wirkt wie eine Frischzellenkur.

Auch textlich bleiben Primal Fear ihren Wurzeln treu. Zwischen Endzeitbildern, heroischen Aufständen und unerschütterlicher Stärke transportieren Songs wie The Dead Don’t Die genau das, was die Band ausmacht: Standhaftigkeit, Leidenschaft und eine klare Kampfansage. Aufhören? Keine Option. Oder wie Mat es trocken formulierte: „Solange wir atmen, gibt’s Metal.“ Sagt es und produziert einen Ohrvoll Arschwürmer…oder umgekehrt? Who knows…
Das Artwork von Death.Milk.Designs greift diese Stimmung visuell auf – düster, episch, martialisch, und somit das perfekte Spiegelbild der Musik. Die Fotos von Patric Ullaeus und Heiko Roith runden das Ganze ab und präsentieren die Band so, wie sie klingt: fokussiert, kampfbereit, larger than life.
Im Fazit bleibt: Domination ist Heavy Metal at its best – kompromisslos, stark arrangiert, mit Hymnen fürs Leben und einer Produktion, die drückt, aber nicht seelenlos ist. Eine Band, die auch nach fast drei Jahrzehnten nichts von ihrer Durchschlagskraft eingebüßt hat. Eher im Gegenteil – sie wirkt vitaler als je zuvor. Wer Primal Fear liebt, wird dieses Album feiern. Wer sie bisher ignoriert hat, sollte endlich die weiße Fahne hissen.
Anspieltipps
🔥Destroyer
💀Far Away
🎸I Am The Primal Fear
Bewertung: 9,2 von 10 Punkten
TRACKLIST
01. The Hunter
02. Destroyer
03. Far away
04. I am the Primal Fear
05. Tears of Fire
06. Heroes and Gods
07. Hallucinations
08. Eden
09. Scream
10. The Dead don’t die
11. Crossfire
12. March Boy march
13. A Tune I won’t forget