Alben des Jahres 2024

DIE Alben DES MONATS (10/25)

Aktuelle Reviews

Q&A - Die Interviews

Tales from the hard side

Wir hörten früher gerne

So fing alles an

CD-Reviews W-Z

YARDFIELD COLONY – The Doomestication (2025)

(9.962) Olaf (8,7/10) Death Metal


Label: DIY
VÖ: 29.11.2025
Stil: Death Metal






Manchmal frage ich mich ernsthaft, welche geheime Parallelwelt ich eigentlich übersehe. Da ackert man sich seit Jahrzehnten durch den Untergrund, hört mehr Demos als gesund ist und stolpert dann plötzlich über eine Band wie YARDFIELD COLONY, von der ich – Überraschung! – noch nie auch nur ein einziges verdammtes Wort gehört habe. Und während ich vor dem ersten Durchlauf noch dachte: „Na gut, wieder irgendein DIY-Death-Metal-Projekt aus Deutschland“, merkte ich nach exakt 30 Sekunden: Diese Sachsen meinen es verdammt ernstUnd schlimmer noch: Warum zum Teufel haben die keinen Plattendeal?! Ich könnte spontan zehn Bands aufzählen, die deutlich weniger draufhaben und trotzdem Vinyl in drei Farben rausrotzen dürfen. Hier dagegen sitzt Qualität im Maschinenraum – und zwar richtig.

Seit 2012 treiben YARDFIELD COLONY schon ihr Unwesen und haben sich über die Jahre hinweg durch eine Menge Live-Feuerproben geschlagen. Das Presskit zeigt beeindruckend, wo sie überall ihre Spuren hinterlassen haben: von Cattle Decapitation über Suffocation bis hin zu Memoriam – so ein Routing kriegt man nicht durch Zufall. Die Band ihren Sound über die Jahre konsequent weiterentwickelt: moderner, rhythmisch durchdachter, technisch anspruchsvoll und trotzdem kompakt und nachvollziehbar. So zumindest wird es durch den Pressetext vermittelt.

Das Album knallt von der ersten Sekunde an – fett produziert, klar getrennte Instrumente, wuchtige Gitarren, präzise Drums, ein Bass, der nicht nur da ist, sondern Akzente setzt. Joschis Stimme (bzw. Joachim, für die Geburtsurkunde) ist variabel, druckvoll und überraschend breit aufgestellt. Er schreckt nicht davor zurück, auch mal metalcore-artige Screams einzubauen, und bringt damit genau die Dynamik, die diesen moderneren Death-Metal-Stil trägt. Es ist nicht dieses sterile, klinisch totproduzierte Modern-Wischiwaschi, das einigen Genrekollegen die Seele raubt – hier steckt Leben drin. Und Groove. Und Hirn.

Schon früh zeigen die Lyrics aus LD100 die Richtung an, in die das Album konzeptionell will: “Life will come, life will go / Like rats in the wheel, we try to bring salvation”. Dieses Gefühl von Kreislauf, Zwang, Zerfall – es zieht sich durch das ganze Album. Und zwar, ohne jemals in dumpfe Plattitüden abzurutschen. Dass die Band musikalisch richtig was auf dem Kasten hat, zeigt sich spätestens im Mittelteil: technisch anspruchsvolle, aber nie unnötig verkopfte Riffarbeit, flüssige Soli (das Solo in Bloodrush Hour ist ein echtes Highlight), durchdachte Übergänge, moderne Rhythmik, aber nie effekthaschend.

Aus dem Booklet springt vor allem eine Zeile aus besagten Bloodrush Hour ins Gesicht: „Everyone is on his own / The pressure is too much“. Diese Mischung aus sozialer Beobachtung, Zynismus und persönlichem Struggle verleiht dem Album eine glaubwürdige Härte – jenseits von Gore-Fantasien oder stumpfer Brutalität. Der Titeltrack liefert ebenfalls ein interessantes thematische Fundament: “The world has to be reset again and again / Devastate to create, create to domesticate.” Dabei schwingen gesellschaftliche, psychologische und existenzielle Fragen mit – subtiler als man es in diesem Genre oft findet.

Dieses Album funktioniert so verdammt gut, weil es all das vereint, woran andere Bands scheitern. YARDFIELD COLONY liefern eine moderne, druckvolle Produktion, die trotzdem organisch bleibt und nicht in sterile Plastiklandschaften abrutscht. Sie spielen technisch anspruchsvoll, aber stets musikalisch, niemals selbstzweckhaft oder verkopft. Der Groove sitzt tief, ohne in Core-Geklebe abzurutschen, Melodien tauchen auf, ohne dass die Härte verwässert wird, und die Aggression wirkt nie willkürlich, sondern immer zielgerichtet und sinnvoll eingesetzt. Viele Bands behaupten, all diese Elemente miteinander verbinden zu können – YARDFIELD COLONY tun es einfach. Und das die Band klar aufsteigende Ambitionen hat, erkennt man sofort im Promomaterial: professionelles Layout, starke Bilder, durchdachte Darstellung ihres Konzepts. Nichts davon sieht nach Hobbykeller aus. Alles schreit: „Wir wollen nach oben.“ Und ganz ehrlich: Das sollten sie auch.

Joschis Stimme trägt enorm viel zu dieser Identität bei. Dieses Wechselspiel aus tiefem Growl, modernem Scream und dramatischer Betonung sorgt dafür, dass der Sound nicht eintönig, sondern ständig in Bewegung bleibt. Holger und Patrick zaubern Riffs und Soli, die gleichzeitig modern und oldschool-kompatibel sind. Besonders ihre verzahnte Doppelarbeit bringt das Album zum Brennen. Till am Bass liefert überraschend melodische Finesse, während Kristian hinterm Kit das Ganze mit chirurgischer Präzision verankert. Ein Album ist nur so stark wie sein schwächstes Glied – und hier ist keins.

Man könnte einzelne Songs hervorheben – Flashbacks mit seinen psychischen Abgründen, Warmasturbator mit seiner Kriegs-Satire oder Odyssey mit seiner quasi-existenzialistischen Selbstbeschreibung – aber das wäre dem Album nicht gerecht. Es funktioniert als Gesamtwerk, das Stück für Stück tiefer in dieses Konzept aus „Domestikation“ und „Doom“ hinabzieht. Dabei ist das Album trotz seiner Vielschichtigkeit keine Sekunde langweilig. Es packt sofort und bleibt packend.

"The Doomestication" ist ein modernes Death-Metal-Statement, das zeigt, wie weit man in diesem Genre kommen kann, wenn man Können, Vision und Ernsthaftigkeit kombiniert. Wenn YARDFIELD COLONY dieses Niveau halten – und alles spricht dafür –, könnte hier etwas richtig Großes heranwachsen. Ich werde sie jedenfalls nicht mehr übersehen. Und DU solltest es auch nicht.

Anspieltipps
💀Bloodrush Hour
🔥The Doomestication
🎸Stygian Parasites


Bewertung: 8,7 von 10 Punkten


TRACKLIST

01. Hierarchy of Hyenas
02. LD100
03. Flashbacks
04. Stygian Parasite
05. Bloodrush Hour
06. Odyssey
07. Kneedeep in Feces
08. The Secret Code of Annihilation
09. Warmasturbator
10. Phantom Scapegoat
11. The Doomestication 



SOCIAL MEDIA

Album der Woche

Album des Monats

Album des Jahres

MERCH

70.000 Tons 2024

The new breed

GROTESQUE GLORY

mottenkiste

P P P

ZO SONGCHECK

V.I.P.

wo wir sind

alter Z.O.F.F.

Unsere Partner

Join the Army

Damit das klar ist