THE PROPHECY²³ - Mosh O‘Clock (2025)
(9.772) Olaf (8,5/10) Fresh Metal

Label: Massacre Records
VÖ: 15.08.2025
Stil: Fresh Metal
Ich kenne THE PROPHECY²³ seit ihren frühen Heilbronner Tagen, als der Thrash noch roh roch und die grüne 23 eher Running Gag als Lebensprinzip war. Heute wirkt die Bande fokussierter, bissiger – und auf Mosh O’Clock zugleich freier als je zuvor. Release am 15. August 2025 via Massacre Records, knackige 39:31 Spielzeit, dickes Gatefold für die Vinyl-Fraktion – alles deutet auf „Statement-Platte“ hin. Produzent im Maschinenraum: Gitarrist/Sänger Hannes Klopprogge, Co-Production, Mix und Mastering in den Kohlekeller Studios von Kai Stahlenberg; das Ergebnis klingt massiv, druckvoll, aber bewusst unpoliert – genau die Balance, die moderner Thrash oft vermissen lässt. Cover von Marvin Clifford, grün grundiert und mit Augenzwinkern: die Optik verrät bereits, wie ernst die Band Humor nimmt.
Historisch haben THE PROPHECY²³ ihren „Fresh Metal“ längst zur Marke ausgebaut – Thrash, Death und Punk in einer Schubkarre, die sie seit 2001 bergauf schieben, um sie dann mit einem Grinsen den Pit hinunterkullern zu lassen. Dass Fresh Metal 2020 auf Platz 67 in die deutschen Charts bretterte, hat ihnen nicht die Kanten abgeschliffen; eher im Gegenteil: Mosh O’Clock tritt breiter aufs Gaspedal, ohne die Lenkung zu verlieren. Herkunft und Haltung bleiben baden-württembergisch-bodenständig; musikalisch wird die Dreifach-Mischung härter gerührt – und gewürzt mit Skate-Punk-Vibes, die zeitweise Richtung Gang Green nicken.
Was die Platte vom üblichen „Schneller! Härter! Mehr!“ unterscheidet, ist ihr Gemeinschafts-DNA-Moment: Über 20 Songs wurden geschrieben, 13 davon von Fans ausgesiebt – und dieselben Fans grölen die Chöre im Titelsong. Das ist kein Marketing-Gimmick, das hört man: Mosh O’Clock wirkt wie eine selbst entzündete Fackel – der Refrain „It’s Mosh O’Clock“ (ja, exakt so) ist kein Befehl, eher ein Startsignal, das von hinten durchs Zelt nach vorn rollt.

Inhaltlich schlägt das Album einen Bogen vom Eskapismus in Chill ’Em All und der Burnout-Schleife von Work Eat Sleep Repeat zur klaren Kante in Fresh Metal Fights Fascism – kurz, prägnant, unmissverständlich. Zwischendrin lockert Welcome To The Blast Beach die Stirnfalte mit warmem Wind und kaltem Getränk, bevor Forever 23 das 23-jährige Bandjubiläum als Familienfeier im Mosher-Kreis rahmt (inklusive Gaststimmen aus der erweiterten Crew). Und dann sitzt da plötzlich I Feel Black wie ein Gewicht auf dem Brustkorb: Druck, Angst, der kurze Atem – die dunkelste, ehrlichste Seite, die THE PROPHECY²³ bislang gezeigt haben. Diese Balance aus Party, Politik und persönlicher Schwerarbeit macht den Reiz: abwechslungsreicher Thrash, der schon fast mehr in Richtung Skate-Punk schrammt, mit herrlichen Gangshouts und der unverschämten Aufforderung, sich im Pit die Schienbeine blutig zu schlagen.
Klanglich liefert das Kohlekeller-Team das, was man „kompakt“ nennt: Gitarren mit Biss statt Plastik, Kickdrum klar, aber nicht klinisch, Bass griffig – und die Stimmen sitzen genau dort, wo Gangshouts zünden müssen. Der musikalische Vierer – Hannes Klopprogge (voc/g), Dennis Lidak (g), Phil Butcher (b), Florian Sanden (dr) – spielt hörbar auf Zug. Ehrliche Kritik? Ich hätte mir wie früher ein bis zwei nach vorn peitschende Riff-Gewitter gewünscht, die dem Adrenalin noch eine zusätzliche Spur Unsinn einschenken. Aber Spaß macht der Scheiß allemal. Abwechslungsreichtum en masse – und zwar ohne Füllmaterial. Achja, nicht zu vergessen Frontmann Luca Micelli, der neben den Thrash Vocals von Hannes dem Ganzen mit seinen Growls noch die nötige Aggression verpasst, hat sich auch enorm zum letzten Album gesteigert.
Ein persönlicher Stolperstein bleibt: In meiner Promo fehlt Supermassive Green Hole, der 13. Track. Absicht? Glitch? Grünes Wurmloch? Es passt ironischerweise zur Metapher – der Song lässt sich (noch) nicht greifen und verstärkt damit das Gefühl, dass THE PROPHECY²³ am Ende bewusst offen lassen, wohin die 23/7-Vollgas-Attitüde als Nächstes führt.
Frisch gezapft: Mosh O’Clock ist die Uhrzeit, zu der Vernunft Pause hat, Skate-Punk den Thrash anschubst, Politik den Takt klatscht und die 23 als Familiencode im Chor zurückschallt. Nicht alles ist neu – aber verdammt viel ist neu sortiert. Wenn Reinvent-Yourself so klingen soll, bin ich dabei: Ich war Fan, jetzt haben sie mich endgültig neu eingesackt. Achja…ich warte immer noch auf das “Ich geb Gas ich will Spaß” Cover, Warum? Insider werden es wissen…
Anspieltips
🔥Mosh O’Clock
💀Fresh Metal Fights Fascism
🎸Work Eat Sleep Repeat
Bewertung: 8,5 von 10 Punkten
TRACKLIST
01. Chill ´em all
02. Mosh O‘Clock
03. Work Eat Sleep Repeat
04. Welcome to the blast Beach
05. Fresh Metal fights Fascism
06. Forver 23
07. Ready to get wasted again
08. I feel black
09. Good enough for me
10. 23/7
11. No Money back
12. I won’t go
13. Supermassive green Hole