Label: Eigenproduktion, nur digital verfügbar
VÖ: bereits veröffentlicht
Stil: melodisch-progressiver Black Metal
ATAVUS auf Facebook
Selbst im größten KreaTief, gibt es als Liebhaber handgemachter Gitarrengewitter immer wieder Momente, in denen es einen dann doch in den Fingern juckt und man von der Muse geküsst wird. Mir persönlich geht das in letzter Zeit besonders in einer bestimmten Musikrichtung so. Als jemand, der mit kriegerischen Drachentötern und Metpartys nicht sonderlich viel anfangen kann, sind mir die düsteren Spielarten meiner so facettenreichen Szene deutlich lieber und gerade im finstersten Schwarzmetall finde ich die schönste Vielfalt wieder, die mich ständig aufs Neue fasziniert. Woran liegt das? Ganz klar an den unzähligen Bands, die diesen Stil mit interessanten anderen mischen können. Was bleibt, sind für jede Band völlig einzigartige Klänge, mal doomig langsam, mal thrashig schnell, mal tief gegrowlt, mal klargesungen, melodiös oder monoton.
So viel also zur Einleitung in dieses Review, denn die im Folgenden vorgestellte Band fällt genau in diese Kategorie der unbekannten Spartenbands, die aus dem Nichts auftauchen und sich dann dank Originalität tief in meine Ohren einbrennen. Wer die Facebookseite des pfälzischen Projektes aufsucht, findet gerade einmal 50 Fans, man hat es also (zu Unrecht!) hier wirklich mit einem absoluten Untergrundtipp zu tun. Wer steht aber hinter Atavus (=lat. Vorfahr)? Zum Zeit der Veröffentlichung des hier besprochenen ersten Albums waren das Bassist Thomas und Severin, zuständig für alle anderen Instrumente. Der Gesang wird zwischen beiden aufgeteilt. Nun aber endlich zum Eingemachten: wer abwechslungsreiche, aber nachdenkliche Musik sucht, die sich nicht um rosa Einhörner dreht, ist hier genau an der richtigen Stelle. „Atavus“ bringt es als Debütalbum mit gerade einmal 5 Songs auf eine satte Spielzeit von mehr als einer Stunde, wird dabei aber keinesfalls langweilig. Jedes Lied hat seinen ihm eigenen Charakter, sodass ich auch gern das ganze Album öfter durchhöre – die typische Schwäche vieler anderer Machwerke, von denen nur einzelne Songs wirklich hängenbleiben, trifft hier also nicht zu.
Zum Bandnamen passend steigt das Duo nach einem kurzen Drumsolo mit „Unsere Väter“ rasant und Blackmetal-typisch dissonant ein, dreckige Growls und keifender Gesang runden das Paket ab, bevor das Lied plötzlich einen unerwartet melodischen und mahlenden Einfluss bekommt und schließlich in einen ruhigeren Gitarrenpart übergeht. Langsam baut sich dann wieder Spannung auf, ein monströser Growl ertönt, Gitarrengewitter untermalt das Duett verzweifelter Stimmen… Und damit ist der Song noch lange nicht vorbei. Was für ein Feuerwerk der Abwechslung, das auch weiterhin konsequent so fortgeführt wird! „Was Treibt Mich An“ weiß mit kunstvollem Intro und Outro, sowie einem stampfenden Zwischenteil zu punkten, dessen Rhythmus spätestens ab dieser Stelle den Kopf kontinuierlich mitwippen lässt. „Verteidigung“ baut genau dieses Nackenstampfen noch weiter aus, gekrönt von präziser Gitarrenarbeit. Rasante Blastbeats bilden den Kontrast zu melodiösen Riffs und dem sehr überlegten Einsatz der Stimmen der beiden Künstler.
Womit ich nun zu meinen zwei Favoriten der Veröffentlichung komme: „Ein Neuer Tag“ und „Weit Weg“. Ersteres ist unglaublich melodisch und ein totaler Ohrwurm, lässt sich aber in seiner Gesamtheit genauso schwer beschreiben wie der Rest des Albums. Definitiv sticht es durch eine in meinen Augen nahezu perfekt gelungene Balance zwischen Brachialität und fesselndem Rhythmus heraus. „Weit Weg“ schließlich kommt mit einem kunstvollen Gitarrensolo daher, um dann ab etwas über der Hälfte der Viertelstundenlänge eine unglaublich geile groovende Basslinie zu entwickeln, die sich tief in die hintersten Gehirnwindungen eingräbt. Ganz großes Kino und klarer Anspieltipp!
Wermutstropfen gibt es nicht viele in „Atavus“, einzig am Gesang, im Speziellen am tiefen, kann vielleicht in Zukunft noch ein wenig glatter geschliffen werden. Severin, der das Projekt zurzeit alleine betreibt, sollte auf jeden Fall darauf achten, dass den Hörern mit dem bereits kurz vor Vollendung stehenden zweiten Album jedoch nicht zu viel zugemutet wird, denn Abwechslung findet sich bei Atavus fast schon im Übermaß – dies könnte den einen oder anderen abschrecken. Wer sich jedoch an dieses Sammelsurium überschäumender Kreativität wagt, der wird sicherlich nicht enttäuscht. Mich weiß das Album zu überzeugen.
Bewertung: 8,0 von 10 Punkten
Tracklist:
01. Unsere Väter
02. Was Treibt Mich An
03. Verteidigung
04. Ein Neuer Tag
05. Weit Weg
A-D
ATAVUS (2013)
"Atavus" (1.737)

